Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
Wieder blickte er rüber zu Antonio, und der grinste unverhohlen zurück. Völlig in seinen Gedanken verloren hörte er seinen Namen von der Bühne her. Willma weckte ihn mit einem Tritt ans Schienbein aus seinen Träumereien.
»Wo bist du denn? Die haben dich tatsächlich gewählt!«
Willma schenkte sich vor lauter Aufregung ein weiteres Glas ein. Marc stand langsam auf und ging auf die Bühne. Er ließ sich den Preis überreichen und stellte sich vors Mikrofon. Warum muss ich euch dieses Theater vorspielen? Warum muss ich meine beste Freundin dafür missbrauchen? Das wollte er sagen, aber er hielt sich zurück. Er bedankte sich sehr förmlich und steif für die Ehre, zum beliebtesten Sportler gewählt worden zu sein.
»Das habe ich nur euch, meinen Fans, zu verdanken, und ich werde mich bemühen, euch nicht zu enttäuschen. Ich danke meinem Vater, der immer hinter mir steht, und meinen Freunden. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Willma …«, er überlegte einen Moment »und Rachen, die mich auch in den schlimmsten Situationen ertragen.«
Nach den Standing Ovations ging er schüchtern zu seinem Tisch zurück. Willma empfing ihn mit einem Kuss.
»Ich bin so stolz auf dich, mein Prinz«, und ins Ohr flüsterte sie ihm, »Und ich wünsche dir, dass du einen Weg findest, glücklich zu werden.« Marc schaute sie dankbar an, sie wusste genau, was da in ihm vorgegangen war, und strich ihr zärtlich über das Gesicht.
Endlich kam das Essen. Willma stürzte sich sofort darauf. Sie hatte schon einiges getrunken, so scherte sie sich nicht um die Etikette. Plötzlich begann sie zu spüren, dass ihr hautenges Kleid nicht zum Essen genäht worden war. Denn nach jedem Bissen spannte dieses Ding heftiger und heftiger. Es schien ihr, der einzige Ort, wo sich das Essen hinverteilte, war ihr Dekolleté. Sie musste über sich selbst lachen und verlangte nach einem weitern Glas Wein.
Marc brachte kaum etwas hinunter. Er stocherte in seinem Teller. Irgendwie hatte diese Ehrung bei ihm genau die gegenteilige Wirkung ausgelöst. Im Grunde sollte er jetzt stolz sein und diesen Abend genießen, aber er fühlte sich unendlich einsam.
Nun begann eine Band zu spielen, und Willma wollte unbedingt tanzen. Sie hielt nichts mehr auf dem Stuhl. Marc stand der Sinn überhaupt nicht danach. Nun drohte sie ihm, Antonio aufzufordern, wenn er Nein sagte. Er lachte krampfig und meinte: »Das traust du dich nie.«
Da war Willma schon aufgestanden und auf dem Weg zu Antonio. Marc wollte sie zurückholen, ihm war das furchtbar peinlich. Doch ein Kamerateam hielt ihn zurück und bat um ein Interview. Profi, der er nun mal war, gab er nach. Er hatte schon das dritte Interview hinter sich, und Willma war immer noch nicht von der Tanzfläche zurück.
Langsam wurde er nervös. Was machen die beiden bloß so lange miteinander? Er bestellte sich einen Whisky, um ein wenig lockerer zu werden. Da tauchten hinter ihm Antonio und Willma auf. »Los«, sagte sie, »wir drei gehen jetzt an die Bar.«
»Willma, Antonio muss hier arbeiten. Du kannst ihn nicht so lange beanspruchen.«
Aber Antonio zuckte nur mit den Schultern und erklärte: »Mein Job ist es, dass es euch gut geht!«
Und schon zog sie Marc von seinem Stuhl und schleppte die beiden Männer an die Bar. Sie signalisierte Marc, dass sie die Situation fest im Griff hatte und alles gut war. Wie er Willma so beobachtete, war er sehr stolz, so eine Freundin zu haben. Sie stand hinter ihm, und das beruhigte ihn und gab ihm wieder ein wenig Sicherheit zurück. Er vermied es aber, Antonio auch nur anzusehen. Willma und Antonio unterhielten sich köstlich. Auf einmal gab sie Marc, der sich in dieser Konversation sehr zurückhielt, einen Klaps, damit er auch mal was sagte. Marc wäre am liebsten im Boden versunken. »Ja«, meinte der nur, »Ja …«, mehr fiel ihm in diesem Moment beim besten Willen nicht ein, aber das klang so komisch, dass Antonio und Willma in schallendes Gelächter ausbrachen.
»So, jetzt muss ich mal für kleine Mädchen, und ihr beide benehmt euch, ja?« Willma konzentrierte sich auf den Weg zur Toilette, denn ihre Standfestigkeit war nach der Menge Alkohol nicht gerade die beste. Sie verfluchte sich. Sie hätte zwischen den langweiligen Reden nicht so viel trinken sollen, aber sie hatte solchen Hunger gehabt, dass sie, statt zu essen, eben zu viel getrunken hatte.
An der Bar herrschte nun Schweigen. Antonio lächelte Marc weiter keck an. Ein paar Leute kamen vorbei und
Weitere Kostenlose Bücher