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Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Titel: Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Altmann
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es ist dir sicher schwergefallen, nicht mit ihm in die Kiste zu steigen. Tu ihm bitte nicht weh!«
    Tom lächelte nur, nahm ihn an der Hand und schloss die Eingangstür.
    Kurz vor der Pause, als sich die gegnerische Mannschaft ein immer größeres Übergewicht erspielt hatte, stach Marc erneut zu. Wieder war er nach einem Konter erfolgreich. René, der an der Strafraumgrenze vom Gegner nur begleitet wurde, setzte Marc mit einem Traumpass in die Schnittstelle der gegnerischen Defensive ein. Marc tunnelte den Gegner, und seine Mannschaft konnte mit einem komfortablen Vorsprung in die Pause gehen.
    Nur wenige Minuten verbreitete der pfeilschnelle Stürmer René Mat zum ersten Mal Verwirrung in der gegnerischen Abwehr, als er seinen eigenen Heber über die Verteidiger im Strafraum selbst wieder erlief. Doch trotz der Verwirrung gelang es Mat nicht, den Ball im Netz unterzubringen.
Zehn Minuten später überwand Marc Kliff die Abseitsfalle der Gegner und ließ einen strammen Schuss los, der für den Torhüter unerreichbar war, aber knapp am rechten Pfosten vorbei ins Toraus zischte. Es war die 50. Minute, als den Zuschauern das Blut in den Adern stockte. Jon Stronad grätschte Marc Kliff von hinten kommend in die Beine und brachte ihn zu Fall. Kliff krümmte sich vor Schmerzen am Boden. An seinem blutverschmierten Stutzen war sofort zu erkennen, dass sich der 27-Jährige schwer verletzt hatte. Marc Kliff wurde vom Platz getragen. Für ihn war der Abend gelaufen.
    Marc war verletzt. Die gegnerische Mannschaft hatte heute hart gespielt. Für sie ging es um den Abstieg.
    Vor Schmerzen kam er kaum noch in die Kabine. Schon waren ein Arzt und ein Masseur zur Stelle. Während der Arzt das verletzte Bein untersuchte, fluchte René hinter ihnen: »Diese verdammten Schwuchteln! Diesen Arschlöchern werd ich’s zeigen!«
    Als Mannschaftskapitän versuchte Marc, ihn sogar im jetzigen Zustand noch zu beruhigen. Doch am liebsten hätte er ihm ins Gesicht geschlagen. Dieses permanente Schwuchtelgelaber machte ihn in letzter Zeit unheimlich aggressiv. Und wenn seine alte Verletzung jetzt wieder akut werden sollte … Er schloss die Augen und atmete tief durch. Nun beratschlagten sich Teamarzt und Trainer. Er wollte hören, was sie zu sagen hatten. Immerhin ging es um sein Bein. Und er wollte weiterspielen. Doch der Trainer lehnte vehement ab. »Wenn dir jetzt was passiert, dann kannst du die Saison vergessen.«
    Sie lieferten sich ein Schreiduell, bis Marc endlich nachgab. Wieder und wieder hörte er das Wort Schwuchteln. Da drehte Marc sich um und sagte ganz scharf: »Lasst doch endlich die Schwulen in Ruhe. Die können am wenigsten für diese Idioten da draußen.«
    Dieser Ausbruch sorgte für Erstaunen, denn alle im Raum verstummten und drehten sich zu ihm um. Er wollte aufstehen. Er hatte das Gefühl, die Kabine verlassen zu müssen. Doch er knickte ein, und wenn René ihn nicht aufgefangen hätte, wäre er voll auf die Spinde geflogen. Kurz hielt ihn René fest, und Marc strafte ihn mit einem verachtenden Blick. René kannte sich überhaupt nicht mehr aus.
    »Was ist denn los, Marc, hab ich dir was getan?«
    Marc beruhigte sich und schüttelte nur den Kopf. »Nein, ist schon gut. Konzentriere dich lieber auf die zweite Halbzeit. Mach denen ordentlich Feuer unterm Arsch!« Er brachte sogar noch die Kraft auf, René auf die Schultern zu klopfen. Für ihn selbst war das Spiel gelaufen.
    Das stumpfe Pochen in seinen Muskeln ließ langsam nach. Marc lag ruhig auf seinem Bett und rührte sich nicht. René hatte ihm noch eine Kleinigkeit zu Essen vorbeigebracht. Es stand unangerührt neben ihm. René musste noch immer ein schlechtes Gewissen haben. Und der Arme wusste nicht, warum. Wieder mal lag Marc in irgendeinem Hotelzimmer, in irgendeiner Stadt. Warum war er nur in letzter Zeit so verweichlicht? Wenn er die Szene in der Kabine Revue passieren ließ, war sie doch wie jede andere. Vielleicht war es ja wirklich Zeit. Vielleicht sollte er das Fußballspielen einfach an den Nagel hängen und sein wahres Leben leben? Außer seinem Vater zwang ihn niemand dazu weiterzumachen. Tränen rannen über sein Gesicht. Was würde er jetzt geben, um bei Rachen zu sein. Was war es nur, das ihn so zu diesem Menschen hinzog? Seine Leichtigkeit? Das Relativieren der Dinge? Oder einfach nur Rachen als Ganzes? Welchen Inhalt hatte er seinem Leben bis jetzt gegeben? Die Zeit, seinem Vater aus Dankbarkeit etwas zu beweisen, war vorbei. Er selbst mochte zwar

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