Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
übernehmen. Er hatte keine Ahnung. Das Einzige, was er sicher wusste, war, dass er Li auf keinen Fall im Stich lassen würde. Er holte sie aus dem Wagen und gab ihr einen Kuss. Die Kleine quietschte vor Vergnügen. Und sie stank. Er hatte keine Windel bei sich. Also suchte er wieder einen Supermarkt. Er kaufte eine Großpackung und ein paar Feuchttücher.
Vor dem Tempel setzte er sich in eine Ecke und wickelte sie. Wie sie so dalag, empfand er für sie ein Gefühl, das er nicht beschreiben konnte. Er nahm sie wieder auf den Arm und küsste sie. Wir zwei müssen jetzt sehr stark sein, sagte er zu sich selbst. Sie betraten den Tempel und platzierten die Räucherstäbchen an dem dafür vorgesehenen Ort. Marc hockte sich hin, so wie es alle in einem Tempel taten. Er schaute lange auf den Buddha. Was er uns mit dieser ganzen Geschichte wohl sagen will, fragte er sich. Jeder Mensch hat doch nur ein gewisses Quantum an Schmerz, das er ertragen kann. Warum das bei ihm wohl so viel war? Er wollte nicht in Selbstmitleid verfallen, aber da war er auch schon mittendrin …
»Buddha, ich bitte dich, was auch immer du mit uns Dreien vorhast, bitte beschütze Tia, und gib mir die Kraft für dieses kleine Mädchen, das Richtige zu tun.« Nach einer Stunde verließ er diesen ruhigen und sicheren Ort. Er ließ sich lange Zeit, er hatte Angst. Furchtbare Angst vor dem, was da noch auf ihn zukam.
Aisun wartete schon vor dem Krankenhaus auf ihn. »Marc, komm, gehen wir ein bisschen spazieren.«
Aisun war in diesen paar Stunden, in denen er ihn kennengelernt hatte, zu seinem Vertrauten geworden. Alleine hätte Marc die letzten Tage nicht geschafft. Sie gingen eine Weile stumm nebeneinander her.
»Marc, was ich dir jetzt zu sagen habe, ist nicht einfach.«
Marc konnte nicht aufhören zu gehen. Er glaubte, in Bewegung mehr zu ertragen, als im Stillstand.
»Tia wird sterben.«
»Ich weiß«, flüsterte Marc.
Aisun blickte ihn von der Seite her kurz an und sprach dann weiter: »Wir haben wirklich alles versucht, aber diese Drogen. Sie ist so geschwächt …«
»Wie lange wird es dauern?«, unterbrach ihn Marc.
»Das kann man nicht sagen«, meint Aisun. Und nach einer Pause: »Aber ich denke, nicht mehr lange.«
»Gut«, meinte Marc, seltsam ruhig und entschlossen, »ich möchte mit Li in ihr Zimmer, geht das?«
»Wenn du das möchtest«, flüsterte jetzt Aisun verständnisvoll. »Natürlich!«
Plötzlich schrie Marc ihn an: »Nichts ist natürlich oder selbstverständlich auf dieser beschissenen Welt.« Er packte Aisun an den Schultern und schüttelte ihn. »Und deine Unterstützung und Großzügigkeit sind überhaupt keine Selbstverständlichkeit, die sind wie ein Wunder für mich!« Marc schrie immer noch: »Aisun, wo soll ich denn die Kraft hernehmen? Schau dir doch die Kleine an. Wer soll sich denn um sie kümmern? Ich traue es mir nicht zu.« Marcs Stimme überschlug sich fast: »Ich bin ja nur ein Arschloch, das von einer beschissenen Situation in die nächste gerät.«.
Jetzt begann auch noch Li zu weinen. Er nahm sie heraus und drückte sie an sich. Sie weinten beide und schluchzten laut vor sich hin.
Aisun beobachtete sie ernst, dann nahm er die beiden in die Arme. Er wollte sie beschützen. Er musste sie beschützen.
Langsam beruhigte sich Marc. Aisun zog ein Stofftaschentuch hervor und reichte es ihm. Er wischte zuerst Li die Tränen ab, dann sich selbst. Zum Schluss schnäuzte er sich laut. Li erschrak fürchterlich bei diesem Geräusch, doch plötzlich sah sie ihn an und strahlte. Für Marc ging in diesem Augenblick ein wenig die Sonne auf. Li, dieses kleine Wesen, beruhigte diesmal ihn. Zu dritt machten sie sich wieder auf den Weg ins Krankenhaus.
Die Verwaltungsassistentin begann, ihn langsam zu nerven.
»Ich kenne nur ihren Vornamen. Ich habe keine Ahnung, ob sie noch Familie hat. Aber ich komme für alles auf. Sie brauchen also keine Angst zu haben, dass sie auf den Rechnungen sitzen bleiben«, versuchte er ihr eindringlich zu erklären.
»Mister Kliff, hier geht es nicht ums Geld, das sie ja anscheinend zur Genüge haben. Wir haben hier in Thailand auch ein Rechtssystem. Also brauche ich Informationen über unsere Patientin.«
Verzweifelt blickte er zu Aisun, aber der konnte ihm auch nicht helfen.
»Gut«, hatte Marc nun eine Idee, »ich werde in das kleine Zimmer fahren und die Papiere von Tia suchen.«
Aisun bot ihm an, in der Zwischenzeit auf Li aufzupassen. Doch Marc zog es vor, die Kleine
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