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Der Mörder mit der schönen Handschrift

Der Mörder mit der schönen Handschrift

Titel: Der Mörder mit der schönen Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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und so sah man es erst, wenn man fast schon mit der Nase darauf stieß, so wenig unterschied es sich von den Steinen ringsumher, aus denen es erbaut worden war. Es war nackt und schmucklos. Kein Baum, keine Hecke, die es aufgeheitert hätten. Schmuckloser Stein vor steinigem Hintergrund.
    Die Fassade des Schlosses wies einen Riss auf, der wie ein Säbelhieb im Gesicht eines wenig Vertrauen erweckenden Individuums aussah und vermutlich die Folge eines Blitzschlages war. Der Blitz hatte einen der Hohlziegelfriese gespalten, die tragende Mauer über die Höhe eines Stockwerks hinweg auseinandergerissen und dem Mühlsandstein eines der geteilten Fenster einen diagonal verlaufenden Riss zugefügt. Das musste vor langer Zeit geschehen sein. Seither war der Schlossfassade diese Grimasse geblieben wie eine Hasenscharte im Gesicht eines Kindes.
    Das Schloss machte auf die beiden Männer einen massigen und reizlosen Eindruck, als sie darauf zufuhren und die Scheinwerfer es wegen der Steile des Wegs von unten bis oben beleuchteten. Der Weg endete in einer Sackgasse direkt vor einer großen mit Unkraut überwucherten Steintreppe, die auf eine zerfallene Balustrade führte.
    Die beiden Männer stiegen aus dem Auto und schlugen gleichzeitig die Türen zu.
    Es war stockfinster. Aus den Tiefen der Finsternis kam ein undeutliches Dröhnen.
    »Hören Sie das?«, fragte Chabrand, »Sie hatten Recht, gleich gibt es ein Gewitter.«
    »Still!«, unterbrach Laviolette den Richter.
    Er spitzte die Ohren.
    »Nicht doch«, sagte er, »das ist kein Gewitter. Noch nicht.«
    »Was ist es dann?«
    »Es sind Trommelschläge«, antwortete Laviolette verträumt.
    »Trommelschläge?« Chabrand schaute verdutzt.
    »Ja«, bestätigte Laviolette, »genauer gesagt, es ist eine Schamade, die da geschlagen wird.«
    Er bemühte sich mehrere Male vergeblich, seine Taschenlampe anzuschalten. Mit flatterndem Schal stieg er hurtig die Treppen hinauf. Die mit gewölbten Platten gepflasterte Terrasse, auf der Laviolette dicht gefolgt von Chabrand anlangte, wurde durch farbige Lichterketten beleuchtet. Sie zierten einen Weihnachtsbaum genau unter dem Riss, der das Schloss entstellte.
    Um den grünen Kasten herum, in dem der Baum stand, gruppierten sich zahllose Mofas. Mit ihren Federbüschen, Eichhörnchenschwänzen und anderen Glücksbringern glühten sie in der Dunkelheit auf wie ein brennender Dornbusch, der den Holocaust ankündigt. Ein übler Gestank von Motoröl ging von dieser Ansammlung mechanischer Kadaver aus.
    Die Fassade des Hauses lag in totaler Dunkelheit. Kein einziges Licht brannte im Haus, und lediglich der Widerschein der Blitze, die, offenbar in weiter Entfernung, über den Bergen zwischen Barrême und Saint-André-des-Alpes niedergingen, erleuchteten für kurze Augenblicke das Schloss.
    »Kommen Sie«, rief Laviolette, »das kommt von dorther.«
    Er zeigte auf ein kleines, mit einer Apsis versehenes Bauwerk unterhalb des Hauptgebäudes, das vermutlich einst als Schlosskapelle gedient hatte. Hinter den zwei gotischen Fenstern herrschte ein undurchsichtiges Halbdunkel. Eine flache Rundbogentür, die sich auf gleicher Ebene mit der Terrasse befand, bildete den Eingang. Ein wenig Licht drang auch durch die Ritzen zwischen den Eichenbrettern.
    Der Rhythmus der Schamade drang durch die Tür. Laviolette öffnete sie weit, mit entschlossener Geste, Chabrand folgte ihm. Ein schreckliches Gemisch von Tönen in höchster Lautstärke hätte sie beinahe sofort in die Flucht geschlagen. Es war der Krach von Kolben, die sich ohne Öl in ihren Zylindern bewegen. Das Geräusch von Stahl, der in einem geschlossenen Kreislauf durch Reibung zur Weißglut gebracht wird, schwoll an und ab und gemahnte so an ein klopfendes Herz; all das wurde von vier Lautsprechern ausgestrahlt, deren Membranen sichtbar vibrierten.
    Dieses Leitmotiv wurde ergänzt durch zwei Saxophone, ein Horn, eine Trompete und eine Gruppe von Schlagzeugern, die mit einem seltenen Mangel an rhythmischen Einfällen versuchten, das Ganze ein bisschen aufzufüllen und abzurunden. Der Lärm der Instrumente schien vor allem darauf abzuzielen, den Ton der Trommel zu übertönen, auf der jemand die Schamade schlug.
    Das also bekamen Laviolette und Chabrand zu hören, und was bekamen sie zu sehen? Gleich am Eingang stießen sie auf einen Schirmständer, in dem eine große Anzahl von Holzstäben steckte. Die meisten von ihnen waren bereits leer, doch auf einigen wenigen steckten noch hübsche Kalbsköpfe

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