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Der Mörder mit der schönen Handschrift

Der Mörder mit der schönen Handschrift

Titel: Der Mörder mit der schönen Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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ich Ihnen zwei von meinen Morchelstellen zeigen.«
    »Das würden Sie machen?«
    »Ich schwöre es, hoch und heilig!«
    »Warten Sie!«, rief Combaluzier aus.
    Er ging schnell zur Tür, öffnete sie und verschwand im Haus. Als er wieder auftauchte, hatte Monsieur Fondère sich nicht von der Stelle bewegt.
    »Hier, nehmen Sie!«, sagte er und hielt ihm das Fernglas entgegen. »Aber lassen Sie sich eines gesagt sein: Dabei bleibt es! Zählen Sie nicht auf mich! Reißen Sie sich meinetwegen diesen angeblichen Schatz unter den Nagel, aber erzählen Sie mir nichts mehr davon! Ich habe eine Gegend ohne Meer gefunden und, falls Sie erlauben, lasse ich es dabei bewenden!«
    »Haben Sie Angst?«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Aber … Monsieur Régu lus hat heute Abend etwas gesagt, das Sie zur Vorsicht anhalten sollte.«
    »Was denn? Was hat er denn so Großartiges gesagt?«
    Combaluzier starrte aus den blutunterlaufenen Augen in seinem Bücklingsgesicht unverwandt auf die pickelige Nase von Monsieur Fondère.
    »Sie haben es also nicht bemerkt?«, fragte er.
    »Na ja, wie gewöhnlich hat er nur wenig geredet.«
    »Natürlich! Sie brauchen ja immer viele Worte!«
    »Nicht gar so viele!«, erwiderte Fondère. »Zum Beweis gehe ich jetzt schnurstracks nach Hause! Soll doch der Teufel Sie und Ihre Ratespielchen holen. Trotzdem: vielen Dank für das Fernglas. Vielleicht werde ich schon in ein paar Stunden wissen, woran ich bin! Wie dem auch sei, ich wünsche Ihnen eine gute Nacht!«
    »Eine gute Nacht!«, lachte der Kapitän hämisch. »Wie soll die denn gut sein? Hören Sie nicht den Wind an den Klippen?«
    In Wahrheit hörte man nur, wie sich der Wind an den rauen Borken der Birken rieb, die in Richtung Verdaches standen. Ein trauriger Ton.
    »Warum glauben Sie eigentlich«, stieß der Kapitän aus, »dass ich mir irgendjemanden, sei es auch nur eine Bucklige, in mein Bett holen will?«
    »Sehen Sie!«, rief Monsieur Fondère mit gedämpfter Stimme.
    Er presste den Arm seines Gefährten und deutete mit dem Finger durch die windbewegten Zweige hindurch, auf die Fassade der Schule, wo in einem Zimmer das Licht ausging und in einem anderen angemacht wurde.
    »Sehen Sie!«, wiederholte Fondère in höchster Erregung.
    »Ganz sicher zählt er gerade seinen Schatz!«
    »Oder seine Ozeane …«, murmelte der Kapitän.
    Und er schloss vor dem sprachlosen Gefährten die Tür seines Hauses.

3
    IN einem etwas zu schnellen Tempo – darin bestand ihre persönliche Art, vor Verlegenheit zu erröten – misshandelte Mademoiselle Véronique Champourcieux eine Brahms-Sonate auf ihrem schlecht gestimmten Klavier.
    Sie geriet immer bei demselben Thema ins Stocken, und unter dem Vorwand, es perfekt einzuüben, wiederholte sie es wieder und wieder, um es voll und ganz auszukosten.
    Diese Musik, die von so viel uneingestandener Liebe erzählt, drang unmittelbar in Véroniques noch unberührtes Herz. Ihr kantiger Körper war verblüht, ohne dabei gealtert zu sein. Die tiefen Ringe unter ihren Augen deuteten darauf hin, dass ihre Tränendrüsen das ganze Leben hindurch trocken geblieben sein mussten. Ein solcher Befund schließt leider weder ein empfindsames Herz noch unerfülltes Sehnen aus.
    Nun, eine Brahms- Sonate als einzige Wegzehrung, wenn der Wind der verlorenen Zeit durch die großen Bäume weht, das ist wirklich ein bisschen wenig, um eine tiefe Einsamkeit auszufüllen, und doch kam Véronique Champourcieux immer wieder auf dieses Stück zurück. Sie stieß sich daran wie eine Fliege an einer Scheibe, als ahnte sie, es könne vielleicht unter diesem geheimnisvollen Schleier doch noch einen Ausweg geben, der zur Liebe führte.
    In dem schlichten grauen Haus in der Rue des Carmes, hinter Fenstern mit immer offen stehenden Läden, hinter schmutzigen Scheiben vor dunklen Zimmern, klangen Brahms’ herbstliche Meditationen schrill durch die Leere der verlassenen Räume, wo die Erinnerung an die lauten, kinderreichen und ungemein materiell gesinnten Familien von einst langsam Schimmel ansetzte.
    Jeder einzelne Ton drang hinaus in die immerwährende Stille der langen Korridore und des Treppenhauses mit den von zahllosen Schritten ausgehöhlten Stufen. Die Köpfe der Stuckengelchen, die an der Decke die Wölbsteine der Spitzbögen trugen, spielten sich voller Erstaunen, so schien es, diese deutschen Klänge zu, als hätten sie in ihrem Engelleben noch nie etwas Ähnliches gehört.
    Sogar das zierliche Eisengeflecht des Geländers, eine aus

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