Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
alles voller herumliegender Papiere und voller Blut. Mein Vater lag hinter seinem Schreibtisch verborgen und hat aus vielen Wunden geblutet. Er konnte nichtmehr reden aber ich habe gesehen, dass er mich in den Arm nehmen wollte, bevor er ganz tot war. Ich wusste, einen Arzt zu holen, hatte da keinen Zweck mehr. Die Wunden waren zu schrecklich und ich konnte ihn nicht allein sterben lassen.
Ich habe ihn noch eine Weile gehalten, nicht sehr lange, dann hat er sich gar nicht mehr bewegt. Aber ich konnte ihn einfach nicht loslassen.
Irgendwann habe ich draußen ein Geräusch gehört, wahrscheinlich nur von irgendeinem Tier. Da bin ich hochgeschreckt und habe es mit der Angst zu tun bekommen, der Mörder könnte zurückkommen. Ich konnte aber einfach mit niemandem sprechen. Ich weiß nicht warum. Also bin ich nur gerannt und gerannt. Die Leute haben geschaut, und manchmal hat mich wohl jemand angesprochen. Ich weiß es nicht sicher. Dann hat mich eine Polizeistreife mitgenommen.“
Bald trafen Boten aus der Zitadelle ein, die bestätigten, dass Celljin ermordet worden war. An Urlaub war für Konstantin natürlich gar nicht mehr zu denken. Stattdessen setzte er alles daran, aus seiner Position als Anwalt Vilanas wieder herauszukommen, um sich aktiv an den Ermittlungen beteiligen zu können. Zunächst versuchte er, Vaíl die aufgelöste Vilana an die Hand zu geben, doch seine Gefährtin war weder zu Hause noch in der Bibliothek aufzufinden. Er schickte stattdessen nach einer Tante Vilanas und bat auch seine Freunde Venigara und Cenimnir sich mit um das aufgelöste Mädchen zu kümmern.
„Papa war in letzter Zeit wegen irgendwas ganz aufgeregt und besorgt. Er ist länger im Büro geblieben und hat sogar mir gegenüber geheimnistuerisch gewirkt“, vertraute Vilana Konstantin noch an, nachdem die Verhörenden wieder gegangen waren.
Das Mädchen zitterte immer noch sporadisch unkontrolliert oder begann zu schluchzen.
„Du bist eine starke junge Frau, du wirst deinen Weg machen. Ich werde dafür sorgen, dass nichts unversucht bleibt, diejenigen, die deinen Vater ermordet haben zu fassen und zu bestrafen“, gab er ihr noch mit auf den Weg, als er sie Venigaras Obhut anvertraute, die sie in eine Arrestzelle begleitete. Immerhin galt Vilana offiziell noch als Hauptverdächtige. Dass ich sehr wohl eine Ahnung habe, worüber Celljin sich so viele Gedanken gemacht hat, muss sie nicht wissen. Sonst glaubt sie noch, ihr Vater hätte ihr weniger vertraut als mir. Dabei hat er sie nicht hinzugezogen, weil er zu viel Angst um ihre Sicherheit hatte.
Vor drei Tagen war Celljin unverhofft bei Konstantin zu Besuch erschienen und hatte ihn zumindest grundlegend eingeweiht, worum es ging. Konstantin erinnerte sich noch an seine genauen Worte: „Bitte fragt nicht weiter nach. Ich denke irgendwer muss davon wissen. Ich weiß nicht, wem ich noch vertrauen kann. Selbst meine eigene Familie könnte da mit drinhängen. Natürlich vertraue ich Vilana und noch einigen Anderen vollkommen, aber ich will sie da nicht reinziehen“, hatte er Konstantin und Vaíl erklärt. „Ich bin auf eine große Sache gestoßen. Es scheint, als gäbe es unter den reichsten Familien der Stadt Verschwörer, eine regelrechte Geheimgesellschaft mit dem Ziel eine Herrschaft des Geldadels einzuführen. Einer der Verschwörer hat mich angesprochen, ob ich nicht dabei sein will, und ich bin zum Schein darauf eingegangen. Ich kenne bereits die Namen der meisten Beteiligten und vermutlich gelte ich ihnen bald als vertrauenswürdig genug, um in ihre konkreten Pläne eingeweiht zu werden. Wenn die Sache auffliegt, weiß jetzt zumindest einer darüber bescheid, dass ich nicht zu dem Pack gehöre. Ich habe in meinem Büro in der Zitadelle Unterlagen versteckt, die das beweisen. So, jetzt ist es raus!“
Konstantin hatte tatsächlich nicht viel weitergefragt, sondern seinem Freund nur zur Vorsicht geraten. Er wollte auch wissen, warum Celljin die Ermittlungen lieber selbst durchführen wollte. An die Antwort auf diese Frage konnte er sich noch im Wortlaut entsinnen: „Diese Leute, die da beteiligt sind, sind extrem einflussreich und haben, wie ich, viele Kontakte, bestimmt auch in die Suchergilde hinein. Wir können nicht darauf vertrauen, dass Ermittlungen von dieser Seite so geheim bleiben, wie sie es sollten. Außerdem sitze ich, was weitere Informationen anbetrifft, an der Quelle.“
Das hatte Konstantin eingeleuchtet. Nun wünschte er sich, er hätte sich nicht
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