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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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besuchen, aber wohnen müsste er bei seinem eigenen Volk. Deshalb habe ich mich gegen das Adat entschieden – und damit auch auf mein Erbe verzichtet.« Sie sah Rose nun direkt in die Augen. »Du musst wissen, dein Vater ist mein Ein und Alles. Manche Leute heiraten, weil ihre Eltern es so arrangiert haben. Ich habe ihn geheiratet, weil es für mich vom ersten Augenblick an keinen anderen gab. Ich könnte es nicht ertragen, auch nur einen Moment länger als nötig von ihm getrennt zu sein. Nun könntest du sagen, dass ich auch von ihm getrennt bin, wenn er auf seine Arbeitsstelle geht, aber das ist nicht dasselbe, denn ich habe immerhin die Gewissheit, dass er zu mir zurückkehren wird. Wenn ich nun dem Gesuch der Alten nachgeben würde, müsste ich alles zurücklassen und in das Stammhaus ziehen. Es hatte damals schon seinen Grund, dass ich das Dorf verlassen habe. Ich wollte nicht ohne Roger sein.«
    Ihre Hand legte sich eiskalt auf Roses Finger. »Du bist noch zu jung, um zu begreifen, was wahre Liebe ist. Aber ich sage dir, wenn du dich jemals richtig verlieben solltest, wird dich jeder Moment, in dem du von diesem Menschen getrennt bist, ganz furchtbar schmerzen. Für mich ist das ein Schmerz, den ich nicht aushalten kann, verstehst du?«
    Rose verstand. Und ihre Mutter irrte, wenn sie ihr unterstellte, keine Ahnung von der Liebe zu haben. Gut, einen Mann hatte sie bisher noch nicht so geliebt wie ihre Mutter ihren Vater. Aber die Liebe zur Musik war für sie durchaus damit vergleichbar. Und Rose hatte nicht vor, sie für das Adat aufzugeben.
    Den Rest des Nachmittags verbrachte Rose damit, an der Seite ihrer Mutter Hausarbeiten zu erledigen, die ihr mittlerweile recht fremd waren, die sie allerdings auch wieder in die Zeit ihrer Kindheit führten, was ein sehr schönes Gefühl war.
    Als am Abend ihr Vater heimkehrte, erstarrte er in der Tür und ließ vor lauter Erstaunen seine Tasche fallen.
    »Rose?«
    Noch immer war Roger Gallway ein sehr stattlicher Mann, wenngleich die Zeit sein Haar vollkommen ausgeblichen hatte, so dass es jetzt weiß statt dunkelblond war.
    Früher hatte Rose ihren Vater immer für sehr bedeutend gehalten, weil er auf die Waren der holländischen Händler aufpasste. Mittlerweile wusste sie, dass auch er nur ein Angestellter war, bedeutend war er für sie aber trotzdem, denn seiner Arbeit und seinem guten Willen hatte sie es zu verdanken, dass sie eine gute Ausbildung erhalten hatte und nach England hatte reisen dürfen, um ihr Talent zu fördern.
    Seine blauen Augen und die Grübchen an seinen Wangen zu sehen, erfüllte Rose mit einer ähnlichen Wärme, wie sie sie beim Anblick ihrer Mutter gespürt hatte. Sie ging einfach zu ihm und umarmte ihn in der Hoffnung, dass die Erstarrung dann von ihm abfallen würde. Und das tat sie, denn er legte seine Arme um sie, drückte sie fest an seine Brust, und wenig später spürte Rose, wie eine seiner Tränen auf ihre Wange tropfte.
    Den ganzen Abend über, während ihre Mutter das tradi­tionelle Makanan zubereitete, ein aus verschiedenen Zutaten bestehendes Gericht, für das Padang weithin berühmt war, musste Rose erzählen, wie es ihr in der letzten Zeit ergangen war. Ihr Vater hatte natürlich all ihre Briefe mehrfach gelesen, dennoch schaffte er es, immer noch ein paar Details aus ihr hervorzuholen, von denen sie nicht erzählt oder die sie vielleicht für unwichtig erachtet hatte.
    Während sie sprach, gelang es Rose, für eine Weile nicht mehr daran zu denken, welches Auftrittspensum vor ihr lag, welche Anforderungen Carmichael an sie stellte – und vor allem, dass sie in den kommenden zehn Tagen unter der Schirmherrschaft des Gouverneurs auftreten sollte.
    »Und wohin wird dich deine Tournee jetzt führen?«, fragte ihr Vater dann, während der köstliche Duft der Speisen in ihre Nase stieg.
    »Ich werde für ein paar Wochen auf Sumatra bleiben, der Gouverneur möchte, dass ich zu verschiedenen Anlässen spiele.«
    »Eine große Ehre!«, stellte ihr Vater anerkennend fest. »Wenn du willst, kannst du in der Zeit wieder bei uns wohnen. Deine Mutter würde sich sicher sehr freuen.«
    Rose errötete. »Ich fürchte, das geht nicht. Ich habe meine Garderobiere und meinen Agenten bei mir, außerdem werden die Auftritte abends stattfinden, so dass ich nicht vor Morgengrauen zurück bin.« Als sie sah, dass die Miene ihres Vaters traurig wurde, setzte sie hinzu: »Aber ich werde euch, wenn ich nicht gerade üben muss, jeden Tag besuchen, das

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