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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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ihn nie gefragt. Ich nehme an, er hatte das Gefühl, es sei das Richtige.«
    »Wegen der Stellung deines Vaters?«
    Ich nickte. »Mein Vater hat ihn geliebt.« Ich räuspertemich. »Er ist ein großer Mann, Malachi. Es ist …« Und jetzt kamen mir die oft gesprochenen Worte meines Vaters über die Lippen. »Es ist eine Ehre, ihm zu dienen.«
    Ich versuchte, mich zu verabschieden; mein Bekenntnis hatte mich daran erinnert, dass mein Platz an der Seite des Doktors war. Malachi reagierte darauf, als hätte ich gedroht, ihn zu erwürgen. Er ergriff mein Handgelenk und flehte mich an, nicht zu gehen, und am Ende konnte ich es ihm nicht abschlagen. Mein Versagen war nicht gänzlich auf einen angeborenen Fluch zurückzuführen (es schien mein Los im Leben zu sein, an der Seite des Bettes sorgenvoller Menschen zu sitzen); es resultierte auch aus der schmerzlichen Erinnerung an einen anderen Beraubten, der Nacht für Nacht trostlos in einem fremden Bett lag, in einen kleinen Alkoven verfrachtet, stundenlang außer Acht gelassen und vergessen, wie ein ungewolltes Erbstück, das von einem entfernten Verwandten hinterlassen worden war, zu vulgär, um es herzuzeigen, aber zu wertvoll, um es zu entsorgen. Es gab Zeiten, zu Beginn meiner Arbeit beim Monstrumologen, wo ich mir sicher war, dass er mein Wehklagen bis spät in die Nacht gehört haben musste – es hörte und nichts tat. Nur selten brachte er meine Eltern oder die Nacht, in der sie gestorben waren, zur Sprache. Wenn es geschah, dann für gewöhnlich, um mich zu tadeln, so wie in der Nacht, als wir vom Friedhof zurückkamen: Dein Vater hätte es verstanden.
    Also blieb ich noch ein paar Minuten länger bei ihm, saß auf der Bettkante von Alistair Warthrops Totenbett und hielt Malachis Hand. Es war nicht zu übersehen, dass sein Martyrium ihn erschöpft hatte, und ich drängte ihn, sich auszuruhen, aber er wollte alles wissen. Wie hatten wir die Geschöpfe entdeckt, die seine Familie überwältigt hatten? Was hatte der Doktor unterdessen gemacht, zwischen dem Zeitpunkt unserer Entdeckung und dem Zeitpunkt des Angriffs? Ich erzählte ihm vom mitternächtlichen Besuch Erasmus Grays mit seiner albtraumhaften Fracht, von unserer Expedition zum Friedhof und derwahnwitzigen Flucht, von unserem Aufenthalt in Dedham und der Erzählung Hezekiah Varners. Die Verwicklung des älteren Warthrop in das Auftauchen der Anthropophagen in New Jerusalem ließ ich aus, betonte jedoch Warthrops Unschuld diesbezüglich ebenso wie seine Bemühungen, die entscheidenden Fragen zu beantworten, die ihre Anwesenheit aufwarf. Malachi schien meine Verteidigung des Doktors wenig zu überzeugen.
    »Wenn ein tollwütiger Hund Amok läuft, welcher Narr sucht dann stattdessen nach dem Wesen, das ihn krank gemacht hat? Zuerst erschießt man den Hund, und dann findet man den Ursprung seines Wahnsinns, wenn man muss.«
    »Er dachte, wir hätten Zeit –«
    »Nun, er hat sich geirrt, nicht wahr? Und jetzt ist meine Familie tot. Und ich auch, Will Henry«, fügte er sachlich hinzu, ohne eine Spur von Selbstmitleid oder Melodrama. »Ich bin auch tot. Ich spüre deine Hand; ich sehe dich hier sitzen; ich atme. Aber in meinem Inneren ist nichts.«
    Ich nickte. Wie gut ich ihn verstand! Ich drückte seine Hand.
    »Es wird besser werden«, versicherte ich ihm. »Bei mir wurde es das. Es wird nie wieder genauso sein, aber es wird besser werden. Und ich verspreche dir, dass der Doktor diese Wesen töten wird, bis auf das letzte.«
    Langsam schüttelte Malachi den Kopf, und seine Augen funkelten. »Er ist dein Herr und hat dich vor dem trostlosen Leben des Waisenhauses errettet«, flüsterte er. »Das verstehe ich, Will. Du fühlst dich verpflichtet, ihn zu entschuldigen und ihm zu vergeben, aber ich kann diesem … diesem … Was sagtest du, was er ist?«
    »Ein Monstrumologe.«
    »Ja, richtig. Ich kann diesen Monstrumologen nicht entschuldigen und werde ihm nicht vergeben. Ein Monsterjäger … Tja, er ist, was er jagt.«
    Nach diesen vernichtenden Worten verstummte er; seine Lider flatterten, sanken herab und schlossen sich dann schließlich ganz. Er klammerte sich jedoch nach wie vor an meine Hand, selbst als die Müdigkeit ihn übermannte; ich musste seine Finger von meinen regelrecht wegstemmen, ehe ich mich aus dem Staub machen konnte.
    Auf dem Weg die Treppe hinunter fuhr ich zusammen, denn die abendliche Stille wurde durch das plötzliche Hämmern an die Haustür und das Brüllen des Doktors, ich solle

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