Der Montagsmann: Roman (German Edition)
vorn und die kaputten Rohre wären seine einzigen Probleme. In dem Fall würde er in die Kirche gehen und zum Dank eine Kerze anzünden.
Was hatte er eigentlich erwartet? Dass der Sanitärbereich so bleiben konnte?
»Tja«, sagte er. »Damit läuft es wohl darauf hinaus, dass es mit der Reparatur nicht klappt, oder sehe ich das falsch?«
»Das sehen Sie durchaus richtig«, sagte der Installateur. Er kniete sich neben die Pfütze. »Ich werde dann die Spirale mal wieder rausholen. Das Rohr ist nicht verstopft, sondern kaputt.«
»Mit anderen Worten, Sie würden für neue Sanitärinstallationen plädieren?«
»Plädieren?« Der Spengler runzelte die Stirn. »Nee, ich würd’s reinbauen. Meiner Meinung nach ist dieses Klo an die fünfzig Jahre alt, und wenn Sie mich fragen, haben da schon ein paar Millionen Menschen reingeschissen.«
»Der Landsitz war früher mal ein Ausflugslokal«, sagte Fabio.
Der Spengler betrachtete die eingerosteten Armaturen an den vorsintflutlichen Waschbecken und die blinden Spiegel. »Muss lange her sein.«
»Mehr als fünfzig Jahre«, bestätigte Fabio.
»Höchste Zeit, alles zu erneuern.«
»Ein Mann, ein Wort«, sagte Natascha. Sie drehte sich ein bisschen in Positur, damit der Handwerker sie besser betrachten konnte. Er machte ausgiebig Gebrauch davon und ließ dabei einen Schraubenzieher fallen.
Fabio überschlug im Geiste die anfallenden Kosten für eine komplett neue Gästetoilette mitsamt allen dazugehörigen neuen Rohren und zog rasch den Schluss, dass es darauf auch nicht mehr ankam. Er hatte sowieso kaum noch Bargeld, und wenn er davon noch die angeblichen Schulden bei Giulio abzog, steckte er so tief im Minus, dass er sogar für einen Konkurs noch zu arm wäre.
»Fangen Sie am besten gleich morgen an«, sagte er.
D as wird teuer«, sagte Harry. Er blieb mit Fabio zurück, während Natascha den Handwerker nach draußen begleitete.
»Ich weiß , dass es teuer wird. Aber ich habe keine Wahl, wenn ich den Eröffnungstermin einhalten will. Wie würde es aussehen, wenn wir alle Gäste, die sich schon angemeldet haben, wieder ausladen?«
»Schlecht«, sagte Harry düster. »Ich hätte auf der Website vielleicht weniger retuschieren und in der Broschüre nicht so viel angeben sollen.«
»Zu spät. Jetzt bleibt uns nur, alles schnellstmöglich so hinzukriegen, dass dieser Landsitz rechtzeitig den Bildern auf unserer Homepage halbwegs ähnlich sieht.« Fabio schaute nachdenklich in den Gang, der von den Gästetoiletten hinüber zu den Gasträumen im Haupttrakt führte. »Ich hatte vorhin den Eindruck, als würde uns der Installateur vielleicht einen Freundschaftspreis machen. Dieses Gefühl hatte ich noch nicht, als er uns oben die Bäder eingebaut hat.«
»Bedank dich bei Natascha dafür, sie hat ein Händchen für Handwerker-Rabatte. Wird nicht lange dauern, bis er sie ins Kino einlädt. Nur blöd, dass sie dort letzte Woche schon mit dem Dachdecker war und davor die Woche mit dem Malermeister. Irgendwann wird sie die Burschen durcheinander bringen, und dann werden sie alle miteinander auf sofortigen Abschlagszahlungen bestehen.« Harrys Nase war immer noch rot, aber die Erkältung war fast abgeklungen. In der Küche war er wieder voll einsatzfähig, und er würde auch seine wichtigste Aufgabe vor der Eröffnung endlich angehen können: die Bestückung des Weinkellers.
»Du siehst so geknickt aus«, sagte Harry.
»Ich habe Gründe, so auszusehen.«
»Hängt es zufällig mit dieser Sache zusammen?«
Diese Sache war das Synonym für Isabel van Helsing. Fabio sparte sich eine Antwort, es war ohnehin offensichtlich, dass es um diese Sache ging.
Vorgestern war die erste fette Krankenhausrechnung gekommen, und wenn man die ganze Behandlung hochrechnete – inzwischen war sie seit zwei Wochen in der neurologischen Abteilung der Klinik – dürfte gut und gern eine Summe zusammenkommen, die für die Totalsanierung des Außengeländes inklusive Bepflanzung gereicht hätte.
Heute Morgen hatte jemand aus der Krankenhausverwaltung angerufen. »Es wäre durchaus angebracht, wenn Sie die junge Dame zeitnah nach Hause holen. Die weitere Behandlung kann problemlos ambulant durchgeführt werden.«
Mit anderen Worten: Wer das Gedächtnis verloren hatte, musste deswegen noch lange kein Krankenhausbett blockieren.
Als wäre das nicht genug, meldete sich mindestens alle zwei Tage Giulio, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Die Stimme seines Cousins klang von Mal zu Mal
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