Der Nacht ergeben
Rücken mochte verheilt sein - oder war wohl wenigstens gerade dabei -, aber die Verbrennungen an seinen Handgelenken und Händen waren noch immer blassrot mit einem ungesunden silbrigen Stich. »Nicht die Art von Bordell, in der ich normalerweise verkehren würde, zumindest nicht freiwillig«, sagte er, »aber du bist da natürlich viel experimentierfreudiger, Oliver.« Sie fixierten sich gegenseitig mit Blicken und Claire widerstand dem Bedürfnis, einen Schritt zurückzutreten. Einen Augenblick lang dachte sie sogar, sie würden die Zähne fletschen... und dann lächelte Myrnin. »Ich denke, ich sollte mich bedanken.«
»Das wäre angebracht«, stimmte Oliver zu.
Myrnin wandte sich Claire zu. »Danke.«
Irgendwie war das nicht das, was Oliver erwartet hatte, dachte sie; sie selbst hatte jedenfalls nicht damit gerechnet. Durch genau diese Art von Brüskierung beleidigten sich die meisten Leute in Morganville gegenseitig, aber andererseits war Myrnin nicht wie die meisten Leute, nicht einmal Oliver gegenüber.
Oliver zeigte keine Reaktion. Vielleicht war da ein kleines rotes Glimmen tief in seinen Augen, aber vielleicht reflektierten auch nur die Lichter.
»Ähm... wofür?«. fragte Claire.
»Ich erinnere mich daran, was du getan hast.« Myrnin zuckte mit den Achseln. »Es war zu diesem Zeitpunkt die richtige Entscheidung. Ich hatte mich nicht unter Kontrolle. Der Schmerz... es war äußerst schwer, ihm standzuhalten.«
Sie warf einen nervösen Blick auf seine Handgelenke. »Wie ist es jetzt?«
»Erträglich.« Sein Tonfall ließ keine weitere Diskussion zu.
»Wir müssen zu einem Portal und Amelie finden. Das nächste ist in der Universität. Ich glaube, wir brauchen ein Auto und einen Fahrer. Ein paar schlagkräftige Begleiter wären auch nicht verkehrt.« Myrnin klang locker, aber er wirkte auch absolut sicher, dass seinem geringsten Wunsch entsprochen würde. Wieder spürte sie einen Anflug von Spannung zwischen ihm und Oliver.
»Vielleicht hast du die Bekanntmachungen verpasst«, sagte Oliver. »Du bist kein König oder Prinz mehr oder was immer du gewesen bist, bevor du in dein dreckiges Loch gekrochen bist. Du bist Amelies verschrobener Lieblingsalchemist und wirst mir keine Befehle erteilen. Nicht in meiner Stadt.«
»Deiner Stadt«, wiederholte Myrnin und starrte ihn aufmerksam an. Seine Gesichtszüge wirkten liebenswürdig und ein wenig steif, aber diese Augen... ganz und gar nicht liebenswürdig. Claire ging vernünftigerweise ein bisschen aus der Schusslinie. »Was für eine Überraschung! Ich dachte, dies sei die Stadt der Gründerin.«
Oliver schaute sich um. »Komisch, sie scheint nicht da zu sein und deshalb ist es meine Stadt, kleiner Mann, Darum geh und setz dich. Du gehst gar nirgends hin. Wenn sie in Schwierigkeiten steckt - was ich jedoch nicht glaube - und wenn eine Rettungsaktion notwendig wird, werden wir alle Risiken bedenken.«
»Und die Vorteile, die dadurch entstehen, dass nicht gehandelt wird?«, fragte Myrnin. Seine Stimme klang angespannt wie eine Uhrfeder. »Sag mir, Old Ironsides, wie du diese Schlacht gewinnen willst. Ich hoffe, du planst kein zweites Drogheda.«
Claire hatte keine Ahnung. wovon sie sprachen. Oliver aber schon. Für ihn war es etwas Bitteres und Tiefschürfendes, denn sein ganzes Gesicht verzerrte sich einen Moment lang.
»Wir ziehen hier nicht gegen die Iren ins Feld, und was immer ich für Fehler gemacht habe, ich begehe sie kein zweites Mal«, sagte Oliver. »Außerdem brauche ich keine Ratschläge von einer blaugesichtigen Heckenhexe.«
»Da ist er wieder. der alte puritanische Geist!«
Eve schlug heftig auf die Bar. »Hey! Was auch immer für schimmlige alte Vorurteile euch im Kopf herumspuken, stopp. Wir sind hier, einundzwanzigstes Jahrhundert, USA, und wir haben gerade Probleme, die nichts mit eurer vorsintflutlichen Geschichte zu tun haben!«
Myrnin blinzelte, schaute Eve an und lächelte. Es war dieses verführerische Lächeln, bei dem er immer seine dicken Wimpern niederschlug. »Werte Dame«, sagte er. »könnte ich vielleicht eines dieser köstlichen Getränke bekommen, wie Ihr es für meinen Freund hier zubereitet habt?« Anmutig deutete er auf Oliver, dem seine Tasse Blut wieder einfiel, die vor ihm stand. Verärgert trank er sie leer. »Vielleicht könntest du die Tüte vorher ein wenig in warmem Wasser anwärmen? Kalt ist es ein bisschen eklig.«
»Yeah, klaro«, seufzte Eve. »Vielleicht noch einen Schuss Espresso
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