Der Nacht ergeben
Loch in dem verrosteten, verbogenen Zaun.
Claire beobachtete, wie sie um die Ecke des Gebäudes bogen, bis sie merkte, dass ihre Finger taub wurden, weil sie ihr Handy so fest umklammerte. Sie holte tief Luft und klappte es auf, um es noch einmal bei Richard zu probieren.
Nichts. Wieder kein Empfang. Das Netzwerk fuhr hoch und wieder herunter wie ein Jo-Jo.
Das Walkie-Talkie-Signal war schwach, aber sie versuchte es trotzdem. Sie hörte auch jemanden sprechen, aber es ging im Rauschen unter. Auf gut Glück gab sie ihre Position durch, vielleicht würde man sie im Funknetz trotz der Störgeräusche hören können.
Sie schrie auf und ließ das Gerät fallen, als sich das Autofenster plötzlich verdunkelte und jemand wie verrückt an die Scheibe hämmerte.
Claire erkannte die Seidenbluse - ihre Seidenbluse -, noch bevor sie Monica Morrell erkannte, denn Monica sah definitiv nicht mehr wie sie selbst aus. Sie war außer Puste und schwitzte; ihr Haar war zerzaust, und was sie noch an Make-up an sich hatte, war verschmiert und lief ihr über das Gesicht.
Sie hatte geweint. Auf ihrer rechten Wange prangte eine Schnittwunde und ein blauer Fleck zeichnete sich ab; auf der Seidenbluse waren Schmutz und Blutflecken zu sehen. Sie hielt ihren linken Arm, als hätte sie sich dort verletzt.
»Mach die Tür auf«, kreischte sie und trommelte wieder gegen die Scheibe. »Lass mich rein!«
Claire schaute durch die Heckscheibe nach draußen.
Ein Mob kam die Straße entlang: dreißig, vierzig Leute. Einige von ihnen rannten, andere folgten etwas langsamer. Manche hatten Baseballschläger, Bretter oder Rohre bei sich.
Sie entdeckten Monica und stießen ein Gebrüll aus. Claire schnappte nach Luft, denn es klang ganz und gar nicht menschlich - eher wie das Brüllen einer Bestie, etwas Blindwütiges, Hungriges.
Monica wirkte zum ersten Mal absolut offen und verletzlich. Sie legte ihre Handflächen an die Scheibe. »Bitte hilf mir«, sagte sie.
Doch noch während Claire nach der Verriegelung tastete, um sie zu lösen, wich Monica zurück, drehte sich um und rannte hinkend weiter.
Claire rutschte auf den Fahrersitz. Shane hatte den Zündschlüssel stecken lassen. Sie ließ das große Auto an, legte den Gang ein, gab zu viel Gas und hätte den Wagen fast am Bordstein demoliert, bevor sie das Lenkrad gerade drehte. Rasch holte sie Monica ein. Sie fuhr an ihr vorbei, hielt mit quietschenden Reifen an und beugte sich hinüber, um die Beifahrertür zu öffnen.
»Steig ein!«, schrie sie. Monica schlüpfte herein und schlug die Tür zu; Claire stieg aufs Gas, als etwas hart von hinten aufs Auto knallte - vielleicht ein Backstein. Einen Moment später folgte ein Hagel kleinerer Steine. Claire rutschte das Lenkrad aus der Hand und der Wagen brach aus, dann drehte sie das Lenkrad wieder gerade und bewegte den Wagen geschmeidiger. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Hände fühlten sich schweißig an auf dem Lenkrad. »Alles okay bei dir?«
Monica keuchte und warf Claire einen finsteren Blick zu. »Nein, überhaupt nichts ist okay!«, blaffte sie und versuchte mit zitternden Händen, ihre Frisur in Ordnung zu bringen. »Unglaublich. Was für eine bescheuerte Frage. Ich nehme an, von jemandem wie dir ist nicht mehr zu erwarten, obwohl...«
Claire stoppte den Wagen und starrte sie an.
Monica klappte den Mund zu.
»Ich werde dir jetzt mal erklären, wie das läuft«, sagte Claire.
»Du benimmst dich zur Abwechslung mal wie ein normaler Mensch oder du kannst das allein regeln. Klar?«
Monica warf einen Blick nach hinten. »Sie kommen!«
»Ja, sie kommen. Also, haben wir uns verstanden?«
»Okay, okay, ja! Gut, was auch immer!« Monica warf einen offensichtlich panischen Blick auf den näher kommenden Mob.
Weitere Steine prasselten auf die Lackierung und einer davon traf die Heckscheibe mit so großer Wucht, dass Claire zusammenzuckte. »Hol mich hier raus! Bitte!«
»Halt dich fest, ich bin keine besonders gute Fahrerin.«
Das war eine glatte Untertreibung. Eves Wagen war riesig und schwer und er machte, was er wollte; außerdem hatte sich Claire nicht die Zeit genommen, den Sitz anzupassen, um die Pedale leichter erreichen zu können. Das einzig Gute, was sich über ihre Fahrweise sagen ließ, während sie sich von dem Mob und den fliegenden Backsteinen entfernten, war, dass sie einigermaßen geradlinig und ziemlich schnell fuhr.
Sie erwischte nur zweimal die Bordsteinkante.
Als auch die fittesten ihrer Verfolger
Weitere Kostenlose Bücher