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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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können warten, bis ich aufgegessen habe.« Ich nahm noch einen Löffel Eintopf.
    Simmon setzte sich wieder und stocherte in seinem Essen herum. Ehrlich gesagt, war mir der Appetit vergangen, aber es ärgerte mich, dass man mich hier von einer Mahlzeit fortzerren wollte, nachdem ich in Tarbean so oft Hunger gelitten hatte.
    Als Simmon und ich schließlich aufstanden, ebbte der übliche Lärm in der Mensa ab, und die anderen sahen uns nach. Sie wussten offenbar, wohin ich ging.
    Draußen angelangt, schob sich Simmon die Hände in die Taschen und ging in Richtung Hollows los. »Scherz beiseite: Du steckst jetzt echt in Schwierigkeiten. Ist dir das klar?«
    »Ich hatte gehofft, Hemme wäre die ganze Sache peinlich, und er würde das nicht mehr zur Sprache bringen«, gestand ich. »Werden hier viele Studenten rausgeschmissen?«, fragte ich und ließ es wie einen Scherz klingen.
    »Dieses Trimester bisher noch keiner«, sagte Sim mit seinem scheuen Lächeln. »Aber heute ist ja auch erst der zweite Tag. Du könntest einen neuen Rekord aufstellen.«
    »Das ist nicht witzig«, erwiderte ich, ertappte mich aber dennoch bei einem Grinsen.
    Sim ging voran, und wir trafen für meinen Geschmack viel zu schnell im Hollows ein. Dort verabschiedete sich Sim von mir, und ich ging hinein.
    Jamison empfing mich. Ihm unterstand alles, was nicht unter der direkten Leitung der Meister war: die Küchen, Wäschereien, Stallungen und Lager. Er war nervös und hatte etwas Vogelartiges an sich. Ein Mann mit einem Spatzenleib und Adleraugen.
    Jamison geleitete mich in einen fensterlosen Saal, in dem ein mir schon bekannter halbmondförmiger Tisch stand. Wie schon bei der Zulassungsprüfung saß der Rektor in der Mitte. Der einzige Unterschied bestand darin, dass der Tisch hier nicht erhöht war und sich die sitzenden Meister fast auf meiner Augenhöhe befanden.
    Die Blicke, die mich empfingen, waren nicht besonders freundlich. Jamison führte mich vor den Tisch. Als ich ihn aus dieser Perspektive sah, verstand ich, was Manet mit »auf die Hörner nehmen« gemeint hatte. Jamison zog sich an einen eigenen, kleineren Tisch zurück und machte eine Feder bereit zum Schreiben.
    Der Rektor faltete die Hände und begann ohne Umschweife. »Am zweiten Caitelyn hat Hemme die Meister zusammengerufen.« Jamisons Feder schabte über ein Blatt Papier. Hin und wieder tunkte er sie in das Tintenfass auf dem Tisch. Der Rektor fuhr förmlich fort: »Sind die Meister vollzählig anwesend?«
    »Meister der Physik«, sagte Arwyl.
    »Meister der Bibliothek«, sagte Lorren, wie stets mit ausdrucksloser Miene.
    »Meister der Arithmetik«, sagte Brandeur und ließ die Fingerknöchel knacken.
    »Meister des Handwerks«, grummelte Kilvin, ohne von der Tischplatte aufzusehen.
    »Meister der Alchemie«, sagte Mandrag.
    »Meister der Rhetorik.« Hemmes Gesicht war rot und grimmig.
    »Meister der Sympathie«, sagte Elxa Dal.
    »Meister der Namenskunde.« Elodin lächelte mich tatsächlich an. Und es war kein beiläufiges Heben der Mundwinkel, sondern ein herzliches Lächeln.
    Ich atmete erleichtert auf, froh, dass zumindest einer der Anwesenden mich nicht auf der Stelle aufhängen wollte.
    »Und Meister der Sprachkunde«, sagte der Rektor. »Alle acht …« Er runzelte die Stirn. »Nein, Verzeihung. Streicht das bitte. Alle neun Meister sind anwesend. Tragt Eure Beschwerde vor, Meister Hemme.«
    Hemme ließ sich nicht lange bitten. »Der Studienanfänger Kvothe, der kein Mitglied des Arkanums ist, hat heute in böswilliger Absicht sympathetische Bindungen an mir vollzogen.«
    »Zwei Beschwerden wurden von Meister Hemme gegen Kvothe eingereicht«, sagte der Rektor in strengem Ton und ließ mich dabei nicht aus dem Blick. »Die erste Beschwerde: Unbefugter Einsatz von Sympathie. Was ist die ordnungsgemäße Strafe dafür, Meister Lorren?«
    »Bei unbefugtem Einsatz von Sympathie mit Personenschadenfolge wird der straffällige Student gefesselt und ausgepeitscht, und zwar mit zwei bis zehn Schlägen auf den Rücken«, sagte Lorren, als würde er aus einem Kochrezept vorlesen.
    »Anzahl der beantragten Hiebe?« Der Rektor sah zu Hemme hinüber.
    Hemme überlegte. »Fünf.«
    Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich, und zwang mich, langsam und tief durch die Nase einzuatmen, um mich zu beruhigen.
    »Hat einer der Meister etwas dagegen einzuwenden?« Der Rektor sah sich am Tisch um, aber alle Münder schwiegen, und alle Augen blickten streng. »Die zweite Beschwerde:

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