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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Trockenblumen ab, mit denen sie gearbeitet hatte, wischte sich die Hände an der Schürze ab und trat hinter dem Tresen hervor, um uns zu begrüßen, und zwar mit Handschlag, was ich nun doch etwas übertrieben fand. Immerhin war sie früher mit Martin verheiratet gewesen. Sie hätte ihn zumindest kurz umarmen können.
    Dann fiel mein Blick auf den Hünen, der sich von einem Tisch hinter dem Tresen erhob. Er schien immer größer zu werden, bis er gut einen Meter fünfundneunzig erreicht hatte. Er hatte einen dichten Schnurrbart und sehr kurzes, dunkles Haar mit grauen Strähnen, dazu beachtenswerte Schultern und Hände, die bestimmt größer waren als mein Gesicht. Ich erwischte mich dabei, wie ich mir wünschte, er möge sich umdrehen und mich seine Rückansicht bewundern lassen.
    „Aurora, darf ich dir Dennis Stinson vorstellen?“ Cindy schmunzelte. Bisher hatte ich sie noch nie schmunzeln sehen, es ließ sie wunderschön aussehen. Ich legte mir das Kind über die Schulter, um eine Hand für den Riesen freizuhaben, dessen lange Finger sie prompt verschluckten, bis nichts mehr zu sehen war. „Martin? Du kennst Dennis noch von der Highschool, oder?“
    „Klar. Wir haben uns lange nicht gesehen.“ Martins Stimme klang kalt; ich konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen.
    „Das ist dann wohl das Kind, von dem du erzählt hast?“ Cindy streckte die Arme aus, ich legte Hayden hinein. Prüfend, die diskret geschminkten Augen ein wenig zusammengekniffen, sah sie hinunter in sein gerötetes Gesicht.
    „Süßes Kind“, stellte sie fest, als sie mir den Kleinen zurückgab, woraufhin ich leise ausatmete. „Ihr seid sicher, es ist Reginas? Ich hätte gewettet, sie sagt es mir, wenn sie schwanger ist, Martin. Es kommt mir so seltsam vor, dass jemand, der so ... unselbständig ist wie Regina, etwas so Bedeutungsvolles macht und ein Kind bekommt, ohne den Leuten, denen an ihr liegt, etwas davon zu sagen. Das erscheint mir ungeheuerlich.“
    Ungeheuerlich – aber unmöglich schien Cindy ein solches Täuschungsmanöver nicht zu finden.
    „Wir haben sie doch in den letzten Monaten gar nicht gesehen, Schatz.“ Dennis Stinson hatte eine tiefe, dröhnende Stimme, die zu seiner Größe passte. „Wenn ich ehrlich sein soll, Martin, habe ich Regina nicht gerade dazu ermutigt, hierherzukommen. Sie hat Cindy ständig um Geld angehauen oder uns angefleht, Craig zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen ... ihr wisst, worauf ich hinauswill. Da Cindy ja eigentlich nicht mehr zur Familie gehört ...“
    „Sie ist nur die Mutter von Reginas Vetter“, warf Martin leise ein.
    „Das schon. Aber nicht mehr wirklich Reginas Tante.“
    „Wie lange ist es her, seit ihr Craig oder Regina das letzte Mal gesehen habt?“, warf ich eilig ein. Das brachte mir einen erstaunten Blick Cindys ein, so, als sei sie davon ausgegangen, dass ich ohne Erlaubnis den Mund nicht öffnen würde.
    „Lasst mich überlegen. Vor zirka drei Monaten?“ Cindy blickte fragend zu Dennis hoch. „Regina hat mich daheim besucht.“
    „Es war um den vierten Juli herum“, widersprach Dennis. „Vor mindestens vier Monaten. Wir bereiteten gerade unsere Poolparty vor.“
    „Stimmt!“ Cindy lächelte, als erinnere sie sich sehr gern an diese Poolparty. Auch mein Lächeln wurde breiter; Cindy hatte sich also nicht nur rein beruflich mit diesem Riesen zusammengetan, sondern auch auf einer sehr persönlichen Ebene. Wie es klang, lebten die beiden zusammen.
    „Sie hat dich besucht?“, hakte Martin nach. „In der Archibald Street?“
    „Nein, ich bin umgezogen. Dennis und ich wohnen in der Grant.“
    Ich verdrehte die Augen. Gettysburg Street, Grant Street. „Hör sich einer die Leute hier an!“, brummte ich in Haydens weiches Haar.
    „Hast du etwas gesagt, Aurora?“ Dennis beugte sich zu mir herab.
    „Nein!“ Ich strahlte ihn an. „Wir haben eine tolle Zeit und kümmern uns um dieses Baby.“
    „Mein Gott, Aurora, das muss für dich ja ganz furchtbar sein.“ Bei Cindys mitleidigem Ton spannten sich alle Muskeln meines Körpers an. Ich ahnte, was sie als Nächstes sagen würde. „Stimmt es, du kannst keine eigenen bekommen? Martin, ich glaube, Barby erzählte mir mal, du hättest so etwas gesagt?“ Woraufhin ich beschloss, Martin demnächst auf langsame und höchst schmerzhafte Weise umzubringen, nach Möglichkeit in aller Öffentlichkeit.
    „Natürlich hätte Martin gern noch mehr Kinder, wo wir doch Barrett so selten zu Gesicht bekommen“, sagte ich langsam

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