Der Nautilus-Plan
eine Entschädigung zukommen lassen.«
Sir Anthony war immer noch außer sich. »Wer war das?«
»Wir vermuten, eine Frau, die das Hotel observiert hat.«
»Hat sie Sansborough observiert? Sie hätte aus dem Weg geräumt werden sollen!«
»Da haben Sie Recht. Ich habe das zuständige Team bereits gerüffelt. Allerdings möchte ich speziell in dieser Situation nur äußerst ungern jemanden feuern. Wir sind auf alle verfügbaren Kräfte dringend angewiesen.«
Sir Anthony kochte innerlich, aber er sagte nichts. Wie konnte etwas, das glatt über die Bühne hätte gehen müssen, so schief gehen? Er hatte Mac, obwohl er jahrelang ein verlässlicher Mitarbeiter gewesen war, nie persönlich kennen gelernt. Andererseits waren auch Dekan Quentin und Professor Tedesco in Santa Barbara zuverlässige Mitarbeiter gewesen. Inzwischen waren auch sie tot, nachdem Sansborough herausgefunden hatte, dass sie für Helios gearbeitet hatten. Über sie könnte Helios’ Identität aufgedeckt werden, wenn jemand sich eingehender mit dieser Frage befasste. Und das wäre eine Gefahr für die Schlange.
Auch wenn sie unerlässlich gewesen waren, gingen die Liquidierungen Sir Anthony dennoch sehr nahe. Er war nicht davon ausgegangen, in seiner Rolle als Kronos die Ermordung anderer Menschen anordnen zu müssen. Doch hier waren außergewöhnliche Umstände gegeben. Seit Menschengedenken waren Könige und Präsidenten in die gleiche Lage versetzt worden und hatten lernen müssen, ihren Pflichten nachzukommen. Wie hätte er da zurückstehen können?
»Ich habe noch mehr schlechte Nachrichten«, fuhr Duchesne fort. »Sansborough hat sich ihres Handys entledigt. Wir haben es auf einem Markt aus einem Kübel Fische geholt. Zwar hat sich jemand an GPS und Mikro zu schaffen gemacht, aber beide waren noch an ihrem Platz. Wir vermuten, Sansborough hat die Wanzen entdeckt und wollte uns eine Nachricht übermitteln – uns zu verstehen geben, dass sie weiß, was wir tun. Zumindest was den Teil angeht, der die Aufzeichnungen des Carnivore betrifft.«
»Ich hoffe nur, Sie haben sie nicht aus den Augen verloren!« Motive interessierten Sir Anthony nicht.
»Natürlich nicht. Sie ist in Belleville.« Bevor sein Boss einen weiteren Anfall bekommen konnte, fügte Duchesne rasch hinzu: »Die Frau, der Sansborough gefolgt ist, hat in dem Lagerhaus unsere Leute angegriffen und Sarah Walker und Asher Flores entführt. Dabei wurde Sansborough leicht verletzt. Ich konnte mehrere Zeugen auftreiben, die mir bestätigt haben, dass es genau so passiert ist. Für uns muss das nicht unbedingt von Nachteil sein. Immerhin hat Sansborough überlebt und konnte mit heiler Haut entkommen.« Ohne erkennbare Emotionen schilderte Duchesne den Hergang. Zum Glück hatte sein Plan funktioniert: Sansborough war durch den offenen Hinterausgang entkommen und hatte die Jacke in der Durchfahrt gefunden. Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war das Auftauchen der vier jungen Herumtreiber gewesen. Am Ende war ihm nichts anderes übrig geblieben, als sie zu erledigen. Er unterdrückte ein Seufzen. Nur zu oft fürchteten die Armen das Leben mehr als den Tod.
Sir Anthony nahm seine Brille ab und massierte sich die Nase. Sein Gesicht glühte, und er spürte, wie ihm die Sache auf den Magen zu schlagen begann.
»Sind Sie im Augenblick noch dort?«, knurrte er.
»In Belleville? Ja. Inzwischen ist die Polizei eingetroffen und riegelt das Lagerhaus ab. Ich fahre gerade durch die Straßen der näheren Umgebung und suche nach Sansborough. Meine Leute versuchen sie ebenfalls zu finden.« Duchesne bedauerte, in dem Handy keinen Ortungssender versteckt zu haben. Übrigens hatte es sich dabei um sein Jackett und sein Handy gehandelt. Er hatte sich schnell etwas einfallen lassen müssen. »Wir werden sie finden.«
»Das würde ich Ihnen auch raten! Wenn wir sie aus den Augen verlieren und sie die Aufzeichnungen ohne unser Wissen findet, könnte sie sie verstecken, ohne dass wir etwas davon mitbekämen. Wie möchten Sie das verhindern, Duchesne?«
In Duchesnes Stimme schwang ein wissendes Lächeln mit. »Die Lösung heißt Simon Childs. Wie Sie sich vielleicht erinnern, haben die beiden in London zusammengearbeitet und ihre Handynummern ausgetauscht, um sich auch in Paris in Verbindung setzen zu können. Sie befindet sich gerade in einem der übelsten Viertel von Paris, sie ist verletzt und benötigt Hilfe. Und er ist nicht nur ausgebildeter Agent, sondern auch ihr Cousin. Ihr bleibt gar
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