Der Nautilus-Plan
vor?«
»Ich werde beim MI6 anrufen. Sobald Barry mir den Kopf runtergerissen und wieder aufgesetzt hat, müsste er uns eigentlich eine konspirative Wohnung zur Verfügung stellen.«
Liz überlegte. Die Macht und die Mittel des MI6 waren genau das, was sie jetzt brauchten, vor allem, nachdem sie am eigenen Leib zu spüren bekommen hatten, wie mächtig, brutal und gnadenlos die Organisationen waren, mit denen sie es hier zu tun hatten.
»Gute Idee«, sagte sie. »Ich finde es sogar beruhigend.«
»Ich weiß, was du meinst.« Simon riss das Steuer herum und schoss quer über die Straße in eine Gasse. Dann hielt er an und holte sein Handy heraus, um in London anzurufen.
EINUNDDREISSIG
Selbst für MI6-Verhältnisse war es schon ziemlich spät. Simon wusste, dass Barry, wenn er nicht gerade über einem großen Projekt saß, wahrscheinlich schon zu Hause war. In diesem Fall würde sein Anruf in den Vorort durchgestellt, in dem er wohnte. Wenige Menschen hatten ein normaleres Privatleben als die MI6-Mitarbeiter in der Zentrale.
Wie sich herausstellte, war Barry tatsächlich nicht mehr in seinem Büro. Der Anruf wurde weitergeleitet, und wenig später meldete sich eine leicht angetrunken Stimme. Als Barry merkte, dass es Simon war, knurrte er: »Ich kenne dich nicht. Ruf nicht wieder an!«
Simon runzelte die Stirn. »Was soll der Quatsch? Was soll das heißen?«
»Herrgott noch mal, Simon! Du bist isoliert, ohne Anspruch auf Unterstützung. Ich weiß nicht, was du vorhast. Und ich will es auch gar nicht wissen! Sag es mir nicht! Halt dich von mir und von Ada Jackson fern und halt dich um Himmels willen vor allem vom MI6 fern. Ich kann nur hoffen, du bist Simon Childs, denn das ist die einzige Warnung, die du kriegst!« Die Verbindung wurde unterbrochen.
Einen Moment war Simon wie erstarrt, vollkommen baff. Dann ließ er das Telefon sinken, sah Liz an und wiederholte, was Barry ihm gesagt hatte. »Ich habe jahrelang mit ihm zusammengearbeitet«, endete er mit gepresster Stimme. »Das war kein Witz.«
»Du sagst doch selbst, er hätte sich betrunken angehört. Vielleicht ist er nur ein bisschen durcheinander.«
Simon sah sie nachdenklich an. »Es gibt eine Möglichkeit, das zu überprüfen.«
Er wählte noch einmal die Nummer der MI6-Zentrale. Diesmal meldete sich ein Anrufbeantworter. »Anrufe von dem Anschluss, von dem Sie gerade anrufen, werden von dieser Stelle nicht mehr entgegengenommen. Versuchen Sie nicht, noch einmal anzurufen.«
Simon schnürte es die Brust zusammen. Sein Atem ging flacher. Als er schließlich die Trenntaste drückte, rekapitulierte er noch einmal die zwei Anrufe und versuchte zu verarbeiten, dass der MI6 hintergangen, bestochen oder benutzt worden war. Wie jede große Behörde war auch der MI6 gelegentlich von den üblichen internen Querelen, Eifersüchteleien und Inkompetenzen betroffen. Das hieß, er konnte einem manchmal ganz schön auf die Nerven gehen. Aber zugleich war er von entscheidender Bedeutung für Englands Sicherheit, und er war der einzige feste Bezugspunkt in seinem Leben. Er fand die Vorstellung, dass sogar der MI6 infiltriert worden sein könnte, ziemlich beunruhigend. Und an die Konsequenzen, die das für seine oder Lizs Sicherheit hatte, wollte er lieber erst gar nicht denken.
»Was ist denn?«, fragte Liz besorgt.
»Der Erpresser hat den MI6 infiltriert. Eine andere Erklärung gibt es nicht. Den MI6. Unfassbar!« Er umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. »Sie haben mich nur einmal kurz mit Barry sprechen lassen, damit er mich warnen konnte. Noch einmal lassen sie mich nicht mehr anrufen, jedenfalls nicht, wenn ich dieses Handy oder meinen richtigen Namen benutze. Wenn ich versuche, sie auszutricksen oder die Regeln zu umgehen, werden sie mich völlig aufgeben.«
»Das kommt einem Todesurteil gleich! Aber warum? Du hast nichts getan, was eine solche Maßnahme rechtfertigen würde! Sie können dir doch nicht einfach jede Unterstützung verweigern!«
»Wer ist dieser Erpresser? Wer hat so viel Macht?«
Fröstelnd schlang Liz die Arme um ihren Körper. Jetzt war der Moment gekommen, um ihm zu erzählen, wie sie manipuliert worden war. »Die Leute, die mich fünf Jahre lang ferngesteuert und Sarah und Asher entführt haben, verfügen über so viel Macht.«
»Ferngesteuert?« Simon runzelte die Stirn.
»Ja, manipuliert. Kontrolliert. Für ihre Zwecke eingespannt. Ich war das Opfer einer gründlich geplanten und lückenlos
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