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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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seiner Seitentür. Malko hatte Verstärkung angefordert, stellte Liz besorgt fest. Jeweils zwei Männer postierten sich ein Stück die Straße hinauf und hinunter, zwei liefen in das Parkhaus, und die letzten beiden gingen auf die andere Straßenseite. Während Liz das Terrain sondierte, war sie sich sehr deutlich bewusst, dass ein Trupp schwer bewaffneter Männer auf sie Jagd machte, die allem Anschein nach hervorragend ausgebildet, sehr diszipliniert und zu allem entschlossen waren.
    Währenddessen ging das Treiben auf der Straße munter weiter, und die Killer mischten sich unter die Menschenmassen. An der nächsten Straßenecke mimte ein Harlekin mit weiß geschminktem Gesicht einen mechanischen Zinnsoldaten, während auf der anderen Seite ein Clown mit einer roten Knollennase mit vier überdimensionalen Dildos jonglierte. Jeder Dildo hatte eine andere Farbe. Um den Jongleur hatte sich ein kleiner Auflauf lachender Menschen gebildet.
    Was jedoch Lizs Aufmerksamkeit auf sich zog, waren die weißen Gesichter der beiden Spaßmacher. Sie erinnerten sie an die Zeit in Avignon. Sie hatte damals als Marktfrau verkleidet die Verhandlungen geführt, als der Carnivore überzulaufen beabsichtigte. Als ein Wanderzirkus durch die Straßen zog, hatte sie sich in die Menge am Straßenrand eingereiht. Und dann waren die Clowns vorbeigekommen, die ständig über ihre eigenen Füße stolperten und immer wieder stehen blieben, um Schaulustigen übertrieben die Hand zu schütteln. Fasziniert war sie mit ihrem Fahrrad ganz nach vorn gekommen und hatte begeistert in die Hände geklatscht, worauf das Fahrrad gegen einen weiß geschminkten Clown gefallen war, der wie ein kugelrunder Matrose gekleidet war. Die Erinnerung entlockte ihr ein Lächeln, das jedoch fast im selben Moment in Wehmut umschlug.
    Dafür war jetzt keine Zeit.
    In einem Schrank fand sie eine leichte Hose, die etwas zu lang war, außerdem ein Polohemd und ein Jackett, beides ebenfalls eine Spur zu groß für sie. Alle Kleidungsstücke waren schwarz – was nachts nur von Vorteil war. Während sie sich rasch umzog, fragte sie sich, wer wohl ihre unfreiwillige Gastgeberin war. Sie sah sich in der Kommode um, bis sie auf die Antwort stieß. Mit einem amüsierten Kopfschütteln setzte sie sich wieder auf den Boden und nahm sich erneut die drei Fotos vor. Mit einem gelben Marker aus ihrer Umhängetasche kreiste sie die drei Aufnahmen des Barons mit Grey Mellencamp ein. Eines war in den vergangenen zehn Jahren aufgenommen worden, das zweite sah aus, als wäre es mindestens zwanzig Jahre alt, und das dritte schien sogar noch früher aufgenommen worden zu sein. Sie nahm das letzte und studierte es aufmerksam.
    Als Simon mit sauberem Gesicht und sauberen Händen, das Sakko über den Arm geworfen, aus dem Bad kam, sagte sie: »Ich hätte da eine Frage an dich.«
    »Schieß los.« Er warf das Sakko aufs Bett, krempelte seine Ärmel hoch und ging in die Küche. »Sprich ruhig weiter. Ich kann dich auch hier hören.«
    »Kannst du dich noch an die Zeiten in Childs Hall erinnern?«
    Jedes Mal, wenn ihre Eltern »geschäftlich« unterwegs gewesen waren, war Liz in der Childs Hall in Belgravia untergekommen, wo Simon in einer richtigen Großfamilie gelebt hatte – mit seinen Eltern und Großeltern sowie seinem Stiefbruder Michael, Mick. Simon war noch ein Baby gewesen, als seine Mutter und Sir Robert geheiratet hatten. Seit ihre Großeltern und Simons Eltern tot waren, lebten Mick und seine Familie allein dort.
    »Wie könnte ich das jemals vergessen? Dieses Monstrum von Esstisch existiert übrigens immer noch. Genauso gut könnte es am Boden festgeschraubt sein. Wahrscheinlich bekäme man es gar nicht zur Tür hinaus.«
    »Heizen sie dort immer noch mit den Eukalyptusscheiten, die Grandpa aus Nordafrika kommen ließ?«
    »Davon treffen nach wie vor jeden September mit steter Regelmäßigkeit ein paar Klafter ein. Mick hält solche Traditionen ganz bewusst hoch. Erinnerst du dich noch an das Spielzimmer im ersten Stock?«
    »Aber sicher.«
    »Deine Puppen residieren dort immer noch. Barbie und die ganze blöde Bagage. Sie sind in deinem Schrank, so, als könntest du jeden Moment auftauchen, um Mick und mich zu drangsalieren. Und prompt werden natürlich auch wieder die ganzen Kerle aus der Gegend Schlange stehen, um durch dein Zimmerfenster zu spähen.«
    »Das haben sie doch nicht wirklich getan!«
    »Aber klar doch, Ehrenwort.« Er kam mit einem Käsebaguette und einem Glas Rotwein

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