Der Nautilus-Plan
sind vertraglich an Compass gebunden. Klar, du könntest versuchen, aus deinem Vertrag auszusteigen, aber dann hättest du auch die Kosten zu tragen. Und das kann ich mir nicht leisten. Allein die ganzen Anwaltskosten. Wenn ich nur daran denke, stehe ich kurz vor einem Herzinfarkt.«
»Mit wem hast du alles gesprochen?«
Er ratterte eine ganze Reihe von Namen herunter, die sie sich alle notierte. »Ich sage dir, Liz.« Er klang ausgelaugt, erschöpft. »Nach denen gibt es niemanden mehr, an den man sich noch wenden könnte.«
»Es gibt immer noch jemanden. Den Präsidenten der Gesellschaft zum Beispiel.«
»Hab ich auch schon versucht.« Er wiederholte den Namen. »Ich sag’s dir doch, Mädchen. Lass es.«
»Das kann ich nicht.«
»Wie du meinst. Falls es dir gelingt, sie umzustimmen, gib mir Bescheid. Aber bis dahin muss ich mich um meine anderen Projekte kümmern. Ich möchte nicht, dass sie unter dieser Geschichte leiden. Verstehst du?«
Sie verzog das Gesicht. Sie wollte nicht verständnisvoll sein. Trotzdem hörte sie die Angst aus seiner Stimme heraus. Er machte sich wirklich Sorgen, seine anderen Vorhaben könnten darunter zu leiden haben, wenn er sich zu sehr für ihre Serie einsetzte. In der gnadenlosen Welt des amerikanischen Fernsehens war kein Platz für Unruhestifter.
Sie legte Zuversicht in ihre Stimme: »Halt dir noch ein paar Kapazitäten frei, Shay. Ich werde dich brauchen, wenn ich das umdrehe.«
»Richtig. Nie den Mut verlieren. Viel Glück. Ciao, Mädchen.« Und die Verbindung wurde unterbrochen.
Liz hängte sich ans Telefon und suchte nach jemandem, der die idiotische Entscheidung rückgängig machen könnte. Ihr Adressbuch war voll von Namen und Telefonnummern aus der Zeit, als die Serie beim Sender noch hoch im Kurs stand, und sie rief jede an.
»Liz! Schön, wieder mal von Ihnen zu hören«, meldete sich der Chef der Entwicklungsabteilung. »Nein, davon habe ich nichts gehört. Sie haben sie tatsächlich abgesetzt? Warum?«
Der Leiter der PR-Abteilung stöhnte: »Wir erfahren so was immer als Letzte.«
Niemand konnte ihr helfen. Niemand wusste etwas. Sie hatte damit gerechnet, auf eine Wand aus Schweigen zu stoßen, aber sie hatte auch damit gerechnet, sie irgendwie umgehen zu können. Verärgert startete sie eine Internet-Suche zum Thema Compass Broadcasting und erfuhr, dass es zu InterDirections gehörte, dem Medienkonzern von Nicholas Inglethorpe.
Das war interessant. Sie fragte sich, ob der bekannte Wirtschaftsboss wusste, dass Idioten für ihn arbeiteten. Jedenfalls würde sie ihn darauf aufmerksam machen.
Sie bekam die Telefonnummer der InterDirections-Zentrale in Los Angeles heraus und rief dort an. Nachdem sie genügend Leuten auf die Nerven gegangen war, kam sie schließlich zu Inglethorpes Sekretärin durch. Wieder stieß sie auf die gewohnte unüberwindliche Mauer, auch wenn sie diesmal höflich formuliert wurde: »Bedaure, Dr. Sansborough, aber Mr. Inglethorpe hält sich zur Zeit in Europa auf und wird nicht vor nächster Woche zurückerwartet. Aber ich werde ihm natürlich gern etwas bestellen.«
Liz hinterließ eine Nachricht und lehnte sich wieder in ihren Sessel zurück, wobei sie sich diesmal streckte und mit dem Kopf rollte, um den Ärger abzubauen, der sich in ihr aufgestaut hatte und sie ablenkte. Um ihre Kampagne zur Umerziehung Inglethorpes zu planen, brauchte sie ihre uneingeschränkte geistige Kapazität. Noch während sie das dachte, fiel ihr Blick auf den Aktenschrank. Die Schlösser zweier Schubfächer wiesen Kratzspuren auf, die vorher nicht da gewesen waren.
Sie sprang auf. Mit zwei raschen Schritten hatte sie den Aktenschrank erreicht und kniete davor nieder, um die Kratzer zu untersuchen. Jemand hatte die Schubfächer aufgebrochen. Sie versuchte das unterste. Es war nicht abgeschlossen, obwohl es das hätte sein sollen. Sie zog es heraus. Es enthielt ihren Aktenkoffer. Sie durchsuchte ihn. Nichts fehlte. Sie öffnete das zweite Schubfach, das ebenfalls nicht abgeschlossen war, und ließ den Blick über die Aktenreiter gleiten. Niedergeschlagen überflog sie die Aufschriften noch einmal. Die Unterlagen für die Sendung über Auftragskiller des Kalten Krieges fehlten.
Sie war sich ganz sicher, dass sie die Ordner weggeräumt und das Schubfach abgeschlossen hatte, bevor sie joggen gegangen war. Sie stürzte an die Tür des Büros und riss sie auf. Auch das Türschloss war verkratzt. Zumindest erklärte das, weshalb sie beim Betreten des Büros
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