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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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Pässe für den Agenten und seine Familie dabei und eine Kamera, um Passfotos von ihnen zu machen und nachträglich einzukleben. Als ich bewusstlos wurde, fand sie das alles im Geheimfach meines Koffers. Allerdings konnte sie daraus nicht ersehen, wer der Agent war und wo er mit seiner Familie auf mich wartete. Doch ich hatte eine ausgebombte Salzfabrik in Tusla erwähnt, als ich ihr Informationen zu entlocken versuchte. Als der Zug abrupt anhielt, weil Freischärler die Gleise zerstört hatten, kam ich schließlich wieder zu mir. Ich flog mit voller Wucht gegen den Sitz gegenüber und brach mir dabei die Nase.« Wütend auf sich selbst, schüttelte Simon den Kopf. »Die Frau war weg. Bis ich zu der Fabrik kam, war unser Agent tot. Zusammen mit seiner ganzen Familie. Erschossen, mit einer Kugel in den Kopf. Sie lagen einfach da. Sogar das Baby.«
    Liz atmete hörbar ein. »Du hattest den Eindruck, dass es deine Schuld war.«
    »Den hatte ich allerdings, verdammt noch mal. Es war Überheblichkeit. Pure Überheblichkeit. Ich hätte sie bei der Ankunft in Tusla nur abzuschütteln brauchen. Das wäre überhaupt kein Problem gewesen. Aber nein, ich musste vorher unbedingt noch etwas aus ihr rauskitzeln. Ich wollte den Helden spielen. Und was kam dabei heraus? Sie verdrückte sich mit sechs britischen Pässen und einem Tipp von mir, der zur Auslöschung einer ganzen Familie führte.« Tiefe Falten zerfurchten sein Gesicht. Er sah zehn Jahre älter aus, und die Hand, mit der er das Glas hielt, zitterte. Er sah auf das Whiskyglas hinab, trank es leer und stand auf. »Willst du auch noch einen?«
    »Nein, danke.«
    Sie beobachtete, wie er zur Hausbar ging und sich nachschenkte. Dann trat er ans Fenster, zog den Vorhang zurück und spähte in die schwarze Nacht hinaus.
    Schließlich sagte sie zu seinem Rücken: »Du hast dir nicht verziehen.«
    »Was ich getan habe, war unverzeihlich.«
    »Und deshalb hast du beschlossen, emotional nichts mehr an dich ranzulassen.«
    »Natürlich lasse ich noch was an mich ran. Aber möglichst nicht zu viel.«
    »Aber im Moment lässt du dich doch gerade voll auf etwas ein. Und du solltest dir auch verzeihen. Du kannst es nicht ungeschehen machen. Du kannst sie nicht zurückholen. Wenn du aufhörst, Fehler zu machen, bist du …«
    »Ich weiß. Dann bin ich auch tot. Das Problem war, dass ich es besser wusste.«
    »Dieses Erlebnis hat dein Leben verändert. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Du hast etwas daraus gelernt. Bestimmt hast du seitdem nicht noch einmal einen solchen Fehler gemacht.« Sie bemerkte seine verspannte Haltung und fuhr fort: »Deine Vorgesetzte ist stinksauer auf dich. Sie versucht schon die ganze Zeit, dich nach Florenz zu schicken. Auch in Bratislava ist irgendetwas passiert, stimmt’s?« Sie erinnerte sich an die Schlagzeilen, die sie gesehen hatte – an die Demonstration mit dem tödlichen Ausgang. »Diese junge Frau, die sich selbst verbrannt hat … Du warst dabei, unter einer Tarnung. Wie hieß sie?«
    »Viera. Viera Jozef.« Mit einem schweren Seufzer drehte er sich zu ihr herum. Auf seinem Gesicht lag ein gequälter Ausdruck.
    »Du kanntest sie.«
    »Ziemlich gut sogar.« Darauf erzählte er Liz die ganze Geschichte. »Ich verstehe nicht, warum sie das getan hat.«
    »Oder weshalb du es nicht geahnt hast, um sie davon abzubringen. In diesem Fall hast du dir allerdings wirklich nichts vorzuwerfen, Simon. In Tusla ist dir ein verhängnisvoller Fehler unterlaufen, mit dem du dein ganzes Leben lang wirst leben müssen. Du schleppst ihn zusammen mit all den anderen Fehlern mit dir herum, die dir tagtäglich unterlaufen, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil du lebst. Jeder von uns macht Fehler. Und dann beging Viera Selbstmord. Das machte ihren Verlust noch schwerer für dich.«
    »Ich brauche keinen Psychologen.«
    »Nein. Aber du könntest einen Freund brauchen.«
    Über seine Züge huschte ein Lächeln. »Vielleicht hast du Recht. Zum Teil habe ich deshalb ein schlechtes Gewissen, weil ich sie nicht geliebt habe. Sonst hätte ich möglicherweise gemerkt, was sie vorhatte.«
    »Jetzt kommst du mit der guten, alten Kristallkugel an. So etwas kann man nie vorhersehen. Ist die Ermordung dieser Familie in Tusla der Grund, warum du dir deine Nase nie hast richten lassen?«
    »Sie soll mich immer daran erinnern.« Er fuhr mit dem Finger darüber. »Jedes Mal, wenn ich in den Spiegel schaue.« Er wandte den Kopf ab.
    »Ziemlich extrem, aber verständlich.

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