Der Nautilus-Plan
unerwiderter Liebe ist.«
»Gefällt mir gut. Es werden Leute da sein, um uns zu decken.« Er legte die Beretta in seinen Schoß, hob die Arme über den Kopf und gähnte. »Du hast eine Weile an meiner Schulter geschlafen.«
»War es dir lästig, als Kissen herhalten zu müssen?«
Er grinste. »Ganz im Gegenteil. Es war sehr schön.«
Er konnte immer noch nicht fassen, wie ähnlich sie Liz sah. Es war eigenartig, einsehen zu müssen, dass nichts von dem, was seine Erinnerungen und seine Gefühle sagten, stimmte. Trotz aller Müdigkeit hatte eine seltsame innere Unruhe von ihm Besitz ergriffen, die er aus seiner Jugend noch gut in Erinnerung hatte, eine Folge der Hormone, die damals sein Leben bestimmt hatten und auch jetzt noch eine wichtige Rolle darin spielten. Aber es war mehr als das. Liz war eine Ikone gewesen, unantastbar, älter, durchdrungen von der Weisheit aktiver Sexualität. Unendlich begehrenswert und absolut unerreichbar.
Er erinnerte sich an den Blödmann, den sie geheiratet hatte. Garrett Soundso, CIA. In Familienkreisen waren Gerüchte in Umlauf, sie sei nur deshalb zur Firma gegangen, um mehr Zeit mit ihm verbringen zu können. Aber dann wurde Garrett nach Nahost geschickt, wo er Terroristen in die Hände fiel und getötet wurde. Zuletzt hatte Simon gehört, dass Liz in Kalifornien lebte und an einer Universität unterrichtete.
Er räusperte sich. »Ich muss dir was beichten.«
Ausweichend erwiderte Liz: »Ich weiß nicht, ob das der richtige Augenblick für Beichten ist.« Sie hatte das ungute Gefühl, bereits zu wissen, was gleich kommen würde.
Simon ärgerte sich über sich selbst. Was hatte er sich dabei eigentlich gedacht? Ihn überkamen heftige Schuldgefühle. Sie war nicht Liz. Sie war Sarah Walker, und er wusste kaum mehr über sie als das, was er in ihrem Dossier gelesen hatte.
Aber nun hatte er schon mal damit angefangen. »Schon möglich, aber ich wollte dir trotzdem sagen, wenn ich mich ein bisschen eigenartig verhalten habe, liegt das daran, dass du mich so stark an Liz erinnerst. Entschuldigung.«
»Das ist doch gar nicht nötig.«
»Doch, wirklich. Es tut mir Leid. Weißt du … Tatsache ist … na ja, vielleicht sollte ich nicht lange herumdrucksen, sondern einfach damit herausrücken. Als ich jung war, war ich unsterblich in Liz verliebt. Jetzt lächelst du wenigstens. Sicher denkst du, das war vollkommen idiotisch, wegen des Altersunterschieds und allem, aber ich habe sie richtig angehimmelt. Doch, ohne Übertreibung. Ich suchte ganz bewusst ihre Nähe, folgte ihr auf Schritt und Tritt, wenn sie von Cambridge auf Urlaub nach Hause kam. Und dann heiratet sie diesen Armleuchter. Garrett Soundso, nicht?«
» Garrick. Garrick Richmond. Fandest du, er war ein Armleuchter?«
»Du denn nicht?«
»Ich habe ihn nie kennen gelernt. Aber man kann wohl so viel sagen, dass Liz irgendwann merkte, dass er nicht der ideale Ehemann war.«
»Da bist du aber sehr taktvoll. Genau wie sie.«
»Fandest du Liz taktvoll? Warst du da nicht ein bisschen blauäugig?« Ein komisches Gefühl, in der dritten Person über sich zu sprechen. »Hast du nicht erst wenige Stunden zuvor gesagt, Liz hätte dir in so einer Situation eine Pistole an den Hals gedrückt? Seit wann ist das ›taktvoll‹? Na schön, du hast jedenfalls deine Beichte abgelegt. Bloß hättest du es bei Liz tun sollen, nicht bei mir.« Mit einem unbehaglichen Gefühl blickte sie sich in der Tiefgarage um und sah dann auf die Uhr. »Wir müssen los.« Sie öffnete ihre Umhängetasche und nahm Sarahs Sonnenbrille, Ashers Baskenmütze und das braune Jackett heraus.
Simon sah ihr aufmerksam zu, als sie die Sachen anzog. » Das ist deine Tarnung?«
»Sie wird ihren Zweck erfüllen.«
Er war eher skeptisch, aber genauso gut hätte er versuchen können, eine Naturgewalt aufzuhalten. »Das wird sich ja in Kürze zeigen.«
»Ich gehe als Erste los«, sagte sie. »Wir sollten unsere Fahrkarten getrennt kaufen.«
»Einverstanden. Und wir sollten im Zug auch lieber nicht zusammensitzen.«
»Gute Idee.«
Liz stieg aus. Hoch oben an den Wänden angebrachte Lichter warfen ihren Schein durch das Betondunkel. Sie zupfte die hässliche Jacke zurecht und ging, ihre Haltung mit jedem Schritt stärker verändernd, auf den Lift zu. Die Ermordung ihrer Mutter belastete sie immer noch sehr. Auch wenn ihre Mutter ihre geheime Doppelexistenz überlebt hatte, war sie später ihretwegen ermordet worden. Vielleicht kam tatsächlich niemand
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