Der Neid eines Fremden
dieser Tag voller Überraschungen, deren geringste nicht wahr, daß es einen noch schlechteren Kaffee gab als den in der Polizeikantine. Vorsichtig setzte er den halbleeren Becher auf der Kante von Rosas Schreibtisch ab und wiederholte: »Das hat er tatsächlich. Eine Drohung stellt eine Form von Angriff dar. Aber wir haben wenig Anhaltspunkte. Natürlich werden wir das Empfangspersonal befragen.«
»Ich bezweifle, daß er an der Rezeption Name und Adresse hinterlassen hat.« Duffy wußte, wie unvernünftig er war, konnte aber nicht davon ablassen. So groß war der Unterschied zu diesem verdammten Bullen gar nicht. »Könnten Sie nicht nachsehen, ob er Fingerabdrücke hinterlassen hat?«
»Ja«, bestätigte der Polizist mit der Miene eines Geduldsengels. »Aber ich bin nicht sehr zuversichtlich. Seitdem die Kassette bespielt wurde, haben sich mindestens drei Leute an dem Recorder zu schaffen gemacht, und wenn der Kerl nur halb so clever ist, wie er meint, dann wird er Handschuhe getragen haben.« Er wandte sich an Rosa. »Wann könnte das Band Ihrer Ansicht nach aufgenommen worden sein? Schreiben Sie das bitte mit, Constable Palmer.«
Die Polizistin schreckte auf, errötete und hörte auf zu schreiben.
»Ich bin gegen drei gegangen. Meine Sekretärin ist wegen eines Zahnarzttermins etwas früher als gewöhnlich gegangen, gegen fünf nach fünf. Gewöhnlich hat sie um halb sechs Feierabend.
»Trifft das für das gesamte Büropersonal zu?«
»Ja. In diesem Stockwerk dürfte gegen Viertel vor sechs niemand mehr sein. Natürlich ist im Erdgeschoß und in den Studios noch Betrieb. Wir senden bis Mitternacht.«
»Und morgens?«
»Sonia - meine Sekretärin - kommt um neun Uhr. Aber der Sender ist bereits um sieben Uhr offen.«
»Bevor ich gehe, werde ich ein Wort mit ihr reden. Haben Sie keine Ahnung, wer dieser Mann sein könnte?« Rosa schüttelte den Kopf. »Haben Sie den Recorder in einem Schrank aufbewahrt?«
»Nein. Jeder, der die Tür öffnet, würde ihn sehen.«
»Aber man müßte wissen, welche Tür zu öffnen wäre. Draußen ist kein Schild angebracht. Was auf eine gewisse Kenntnis der Architektur dieses Gebäudes schließen läßt.«
»Ja.« Rosa machte eine Pause. Constable Palmers Stift, der wieder mit Lichtgeschwindigkeit über den Notizblock geflogen war, lag einen Moment reglos in ihrer Hand. »Er hat sich schon vorher mit mir in Verbindung gesetzt. Ich habe eine Karte bekommen. Und er hat mich zuhause angerufen.«
»Das könnte-sehr nützlich sein. Dürfte ich die Karte bitte sehen?«
»Ich fürchte, ich habe sie weggeworfen. Damals habe ich sie nicht für wichtig gehalten. Eine Beerdigungskarte. Schwarz umrandet mit einem Kreuz in der Mitte.«
»Sehr geschmackvoll. Was hat er gesagt, als er Sie zuhause angerufen hat?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß, das klingt unwahrscheinlich, aber als ich seine Stimme hörte, habe ich irgendwie abgeschaltet. Ich bin nicht im Telefonbuch verzeichnet. Ich kann mir nicht vorstellen, wie er an meine Nummer gekommen ist. Jetzt habe ich sie ändern lassen.«
»Haben Sie das der Polizei mitgeteilt?«
»Ja, der für unser Gebiet zuständigen Polizeidienststelle. Sie meinten, sie könnten da nichts weiter unternehmen.«
»Ich werde veranlassen, daß sie uns die Angaben zuschicken.«
»Das klingt verdächtig. Als würden Sie erwarten, eine Akte anlegen zu müssen.«
»Nicht im geringsten.« Der Sergeant lächelte, als er sich erhob. Ein leicht überlegenes Lächeln, das dazu bestimmt war, Galahad und seine Lady zu beruhigen. »Wahrscheinlich haben wir heute zum letzten Mal von ihm gehört. Trotzdem ist es sinnvoll, sämtliche Informationen an einem Ort aufzubewahren.«
»Natürlich.« Rosa lächelte zurück. Sie fühlte sich ermutigt. Er wirkte so zuversichtlich und gelassen. Und es gab Tausende wie ihn. Ein ganzes Arsenal von Männern, Wagen und Ausrüstungen. Gerichtsme-dizinische Institute. Computer. Fernmeldetechnik. Waffen.
»Es hört sich an, als sei Ihre Sekretärin aus der Mittagspause zurückgekommen.«
»Ja, tatsächlich.« Rosa hatte gehört, wie die Außentür ins Schloß gefallen war. »Würden Sie gern mit ihr reden?«
Sie ließ Sonia zurück, die, bebend vor Aufregung und freudiger Erwartung, Fragen beantwortete, und ging in die Kantine. Die Nachrichten wurden scheppernd über einen Lautsprecher an der Wand übertragen.
»Rosa Gilmour,
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