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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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Unterhalter und putzt wie ein Wirbelwind.« Es hatte sie angenehm überrascht, das Haus so sauber und ordentlich vorzufinden. Sie hatte befürchtet, daß Gregs lockerer Gesprächsstil einer leichtfertigen Einstellung gegenüber seinen Putz-pflichten entsprechen könnte. »Die Sache hat nur einen Haken.«
      »Und welchen?«
      Mit einem Kopfnicken wies sie auf die Anrichte. »Er ist wie der Prototyp eines Butlers. Ein heimlicher Schluckspecht.«
      »Tatsächlich?«
      »Hm. Es fehlt eine ganze Menge Whisky. Ich hätte es nicht bemerkt, wäre da nicht dieser Geruch im Wohnzimmer gewesen. Außerdem hat er das Glas stehenlassen.«
      »Wirst du jetzt die vornehme Dame spielen und anfangen, alle Flaschen zu markieren?«
      »Natürlich nicht. Eigentlich macht es mir nichts aus. Was sollte schon gegen ein Gläschen unter Freunden einzuwenden sein? Außerdem ist es ja nicht so, als würde er für immer bei uns bleiben.«
      »Hast du dich schon um jemand anderen bemüht?«
      »Noch nicht.«
      »Damit solltest du dich beeilen, solange noch ein Tropfen im Haus ist.«
      Rosa versuchte, sich gegen ein aufkommendes Gefühl der Ablehnung zu wehren. Sie dachte, warum gerade ich ? Dann: Jetzt werd' aber nicht albern, immerhin arbeitet Leo den ganzen Tag. Aber ich muß auch arbeiten. Du bist aber die meiste Zeit zu Hause. Hinter Leos Worten lag die unausgesprochene Annahme, daß es in ihrer Verantwortung lag, sich um solche Dinge zu kümmern, da sie diejenige wäre, die putzen müßte, wenn sie keine Putzfrau fänden. Eine gewisse Gereiztheit schlich sich ein. Sie versuchte das Thema zu wechseln, bevor sie bissig wurde.
      »Als gäbe es in meinem Leben bisher nicht genug Aufregung, ist Sonia heute in Ohnmacht gefallen.«
      »Gütiger Himmel. Ist sie schwanger?«
      An diese Möglichkeit hatte Rosa noch nicht gedacht. Sonias Zusammenbruch war so unvermittelt und dramatisch gewesen, daß alle drei einen Augenblick reglos dagestanden und sie erstaunt angestarrt hatten. Louise war als erste bei ihr angelangt und hatte versucht, sie aufzurichten, dann hatte Duffy sie abgelöst, während Rosa etwas Wasser holte.
      Sonia war weniger als eine Minute ohnmächtig gewesen. Als sie wieder zu sich kam, sagte sie kein Wort, sondern blickte sie der Reihe nach an und brach in ein gräßliches, rauhes Schluchzen aus. Auf ein Zeichen von Rosa ließen die beiden anderen sie allein. Die Laute, die Sonia ausstieß, waren schrecklich anzuhören und drückten weit mehr als reine Verzweiflung aus. Sie weinte, als wäre die Welt zusammengebrochen. Rosa war froh, daß sie das zweite Band nicht abgespielt hatte, wenn Sonia auf das erste schon so heftig reagierte. Sie versuchte, das Mädchen in die Arme zu nehmen. Es war, als würde sie ein Brett umarmen.
      »Trinken Sie hiervon etwas.« Rosa hielt ihr das Glas hin, doch Sonia stieß es so heftig zurück, daß das Wasser auf den Boden schwappte. »Es tut mir leid, wenn das Band Sie so aufgeregt -«
      »Daran liegt es nicht. Es hat nichts damit zu tun ...« Sonia packte Rosa am Arm. Ihre Augen hatten einen flehenden Ausdruck, einen fiebrigen Glanz. »Ich ... es sind meine Nerven. Ich fühle mich schon seit einiger Zeit unwohl... ich wollte es Ihnen sagen... Sie um einen kurzen Urlaub bitten ...«
      »Beruhigen Sie sich, Sonia, es ist alles in Ordnung.« Sie nahm Sonjas Hand. Das schreckliche, zerreißende Schluchzen hatte aufgehört. Jetzt weinte Sonia leise vor sich hin, ohne auf die Tränen zu achten, die ihr über die Wangen liefen. »Natürlich müssen Sie sich ein paar Tage freinehmen. Hören Sie, bleiben Sie einfach den Rest der Woche zu Hause.« Zusammen mit dem Wochenende wären das vier Tage. »Am Montag morgen rufen Sie mich dann an und sagen mir, wie es Ihnen geht. Ich bring' sie jetzt nach Hause.«
      »O nein - ich ...«
      »Keine Widerrede, Sonia.« Sie lächelte und ließ Sonias Hand los.
      »Wollen Sie zur Ersten Hilfe, bevor wir losgehen? Vielleicht haben sie etwas, das Sie beruhigen könnte.« Sonia schüttelte den Kopf. »Dann kommen Sie. Baron's Court, oder?«
      »Edith Road.«
      »Bis zur Cromwell Road kenn' ich mich aus, dann müssen Sie mir weiterhelfen.«
      Abgesehen von den Anweisungen sagte Sonia auf der ganzen Fahrt kaum ein Wort. Rosa parkte vor einem heruntergekommenen dreistöckigen Reihenhaus. Sie stellte sich vor, wie Sonia einsam, vielleicht krank in ihrem Zimmer sitzen und leise in ihr Kopfkissen weinen würde,

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