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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Fünfuhrnachrichten! Da muss ich mich aber beeilen!‹ Und der kleine Robby war sicher noch so durcheinander nach dem Schnellfick im Ford, dass er gar nicht reagieren konnte. Schlau. Aber Sie haben einen Fehler gemacht.«
    Irene verstummte. Wieder hingen Charlottes Augen an ihren Lippen, sie konnte einfach den Blick nicht abwenden. Ein kaum hörbares Flüstern: »Was für einen Fehler?«
    »Es gibt keine Fünfuhrnachrichten im Radio. Es heißt ›Echo des Tages um Viertel vor fünf‹. Und was meinen sie, warum?«
    Charlottes Stimme trug nicht mehr, als sie antwortete: »Es kommt um Viertel vor fünf.«
    Sie saß kerzengerade auf ihrem Stuhl, die Arme hingen an den Seiten herunter, ihr Blick war fest auf Irenes Gesicht gerichtet. Ihr war klar, dass das Spiel aus war.
    Irene versuchte unbeteiligt dreinzuschauen, obwohl es in ihrem Inneren wie bei einem Vulkanausbruch brodelte.
    »Warum, Charlotte? Warum? Sagen Sie es mir.«
    »Richard … zwei Wochen bevor er … starb … Ich habe ihm erzählt, dass ich schwanger bin und dass er der Vater ist. Zuerst hat er versucht, sich rauszureden. Dass er doch nicht wissen könne, mit wem ich es alles treibe und so. Aber ich war seit Juli mit niemandem sonst zusammen. Deshalb war ich mir sicher, und dann hatte ich etwas über die Bestimmung der Vaterschaft gelesen mit … DNA. Als ich sagte, dass ich auf so einem Test bestehen würde, gab er nach. Er versprach mir jeden Monat Geld zu geben. Das fand ich nur gerecht. Aber dann kam das mit diesen Fotos … die da auf dem Tisch liegen. Er fragte mich, ob ich was davon wüsste, und ich sagte Nein. Wissen Sie, er hatte ja keine Ahnung, dass Bobo die geschossen hatte. Bobo hat anonym den Kontakt zu ihm aufgenommen, übers Telefon. Aber ich glaube, Richard war misstrauisch. Er wollte mich nicht wieder sehen.«
    Die Hände umklammerten immer fester die Knie, ohne dass Charlotte es selbst bemerkte. Irene saß still da und wartete auf die Fortsetzung. Sie wusste, dass sie kommen würde.
    »Und dann passierte es, dass Henrik die Bilder kriegte. Er hat sie mir gezeigt und … getobt! Er hat Richard und mich wieder erkannt. Ich habe ihm erzählt, wie es gelaufen war. Alles. Er hat nichts gesagt. Ist schweigend herumgelaufen, bis er am Freitagnachmittag dann nach Marstrand gefahren ist. Ich war nur froh, dass er weg war. Aber kurz danach habe ich entdeckt, dass Richards Schlüssel aus meiner Handtasche verschwunden waren. Am Samstag, so gegen drei, kam er zurück. Er hat wieder kein Wort gesagt, sich nur für die Feier vorbereitet. Und dann sind wir da hingegangen. Es war schrecklich! Aber Henrik hat die Fassung bewahrt. Und all die anderen Totenköpfe dort auch!«
    Sie hustete und sah wütend aus. Ein dünner Schweißfilm zeigte sich auf ihrer Haut. Ihr Blick hing weiterhin an Irene, aber es war zweifelhaft, ob sie diese überhaupt sah. Charlottes Stimme klang hektischer, als sie weitersprach: »Am Sonntag wollte Henrik nach London fliegen. Kurz bevor er losfahren musste, rief Richard wegen irgend so eines Auktionskatalogs an. Henrik hatte wohl vergessen, ihn ihm zu geben. Und da sagte Henrik zu mir: ›Na, du kannst ihn ja morgen Richard bringen, schließlich hast du den Schlüssel!‹ Und dann war er weg. Und das habe ich dann auch getan. Ich hatte das Gefühl, ich müsste noch mal mit Richard reden. Aber als ich am Montag dort ankam, waren die Putzfrau und ihre Tochter da. Richard war ein bisschen erkältet, er war zu Hause geblieben und begrüßte mich ganz ruhig. Aber als ich ihm den Katalog gab, flüsterte er mir zu, ich solle doch später noch mal wiederkommen, so gegen sieben. Und das habe ich dann auch gemacht. Und bin über Nacht geblieben.«
    »Waren Sie vorher in der Wohnung in der Molinsgatan schon häufiger zusammen?«
    »Nein. Noch nie. Und am Dienstagmorgen, als wir zusammen gefrühstückt haben, da sagt doch dieser Scheißkerl: ›Jetzt haben wir so viel Schönes miteinander erlebt, da denke ich, es ist das Beste, wenn wir uns damit zufrieden geben. Wir werden uns nicht wieder in dieser Form treffen, sondern nur noch als Schwiegertochter und Schwiegervater. Und du wirst das Kind als mein Enkelkind aufziehen. Haha!‹ Er hat mich ausgelacht! Dieser Sadist hat mir direkt ins Gesicht gelacht! Mich einfach wie so eine hergelaufene Nutte rausgeschmissen. Aber ich habe mir nichts anmerken lassen, und ihn nur gefragt, wie er sich das denn mit dem Geld gedacht hat. Fünftausend im Monat sollte ich kriegen! Fünftausend! Das reicht

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