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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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heute erreichen?«
    »Zu Hause. Warum?«
    »Ich muss sie fragen, wo sie am Dienstagabend war, besonders zwischen siebzehn und achtzehn Uhr.«
    Henrik nickte und lachte kurz und bitter auf, als er sagte: »Wenn es jemanden gibt, der ein Alibi hat, dann sie.«
    »Und Sie beide hier.«
    »Und wir beide. Sie hat ihren neuen Wagen abgeholt. Beim Volkswagen Center am Mölndalsvägen.«
    Sylvia zuckte zusammen.
    »Wie bitte? Hat sie sich schon wieder ein neues Auto gekauft?«
    »Nun beruhige dich, Mama. Ihr alter Golf stand die meiste Zeit in der Werkstatt. Der hatte regelmäßig einen Kurzschluss im Stromkreis.«
    »Aber der war doch noch nicht mal zwei Jahre alt!«
    »Wir haben ihn in Zahlung gegeben und einen guten Preis bekommen. Jetzt hat sie einen funkelnagelneuen Golf. Sie verkaufen das Jahresmodell jetzt mit fünf Prozent Rabatt.«
    Sylvia sah eingeschnappt aus.
    »Sie hätte meinen BMW kaufen können. Mir reicht Richards Porsche«, sagte sie.
    »Dein BMW ist erst drei Jahre alt und ist dreißigtausend Kilometer gefahren. Für den kriegst du einen guten Preis, wenn du ihn verkaufst.«
    »Aber das ist so anstrengend. Man muss eine Anzeige aufgeben. Die Leute kommen und wollen ihn ansehen. Es ist alles so mühsam, wenn man allein ist.«
    Henrik seufzte.
    »Übergib ihn einem Autohändler«, sagte er geduldig.
    »Nein, die bezahlen so schlecht, wenn man kein neues Auto kaufen will. Übrigens, vielleicht sollte ich lieber den Porsche verkaufen und den BMW behalten. Für einen neuen Porsche kriegt man mehr.«
    Sylvia hatte sich anscheinend in ihrer Rolle als Alleinstehende schnell eingelebt. Die Probleme, die sie dabei hatte, waren offenbar eher finanzieller oder praktischer Natur. Irene räusperte sich leicht, um daran zu erinnern, dass sie auch noch da war.
    »Ich lasse von mir hören, wenn wir mehr Informationen über den Brand in der Berzeliigatan haben. Aber ich kann Ihnen schon jetzt mitteilen, dass es den starken Verdacht gibt, dass das Feuer von einer Bombe ausgelöst wurde. Da die Zeitungen das heute Nachmittag sowieso berichten werden, wollte ich Ihnen das schon mal vorab sagen.«
    Sylvia sah zunächst wie versteinert aus. Aber Irene war diesmal auf die folgende Reaktion bereits vorbereitet.
    »Eine Bombe! Und das sagen Sie erst jetzt! Da muss ja ein vollkommen verrückter Mörder sein Unwesen treiben. Vielleicht ist er ja hinter uns allen her!«
    Henrik wurde so blass, dass seine Gesichtsfarbe ins Wachsgelbe überging. Er sah aus, als würde er im nächsten Moment umfallen. Vielleicht war er ja krank, ganz abgesehen von den Folgen seiner alten Hirnhautentzündung?
    »Wir brauchen Polizeischutz! Das fordern wir!«
    Sylvia hastete unruhig und ziellos im Raum herum. Irene versuchte so Vertrauen erweckend zu klingen wie nur möglich.
    »Natürlich werden wir untersuchen, ob es irgendwelche Drohungen gibt. Aber nichts, was wir bisher erfahren haben, deutet darauf hin, dass Ihr Ehemann von jemandem bedroht wurde. Gibt es sonst jemanden in der Familie, der sich bedroht fühlt?«
    Henrik schüttelte leicht den Kopf, während Sylvia heftig gestikulierte.
    »Nein! Niemanden! Aber kriegen wir deshalb keinen Polizeischutz, bis unsere ganze Familie ermordet und in die Luft gesprengt wurde?«
    Das nennt man Tautologie, erinnerte Irene sich von den Philosophiestunden am Gymnasium. War das die Nähe zum Hvitfeldtschen Gymnasium, die derartige Erinnerungen aus dem Staub des Gedächtnisses hervorsteigen ließ? Offenbar hatte Sylvia ihre Klagen über die Plumpheit und Aufdringlichkeit der Polizei vollkommen vergessen. Jetzt wollte sie unbedingt deren Schutz. Irene fühlte, dass es an der Zeit war, das Gespräch zu beenden, und sagte in freundlichem Ton: »Wir bleiben in Kontakt. Rufen Sie mich an, sobald etwas ist.«
    Irene gab ihnen noch einmal ihre Nummer mit der Durchwahl. Aus Erfahrung wusste sie, dass die Leute derartige Karten immer verloren. Sie brauchte nur sich selbst anzusehen.
    Henrik brachte sie unter beiderseitigem Schweigen die Treppe hinunter. Erst als sie an der Wohnungstür standen, fragte Henrik: »Ist es in Ordnung, wenn wir das Wochenende über nach Marstrand fahren?«
    Irene wurde von dieser Frage überrumpelt. Sie versuchte nachzudenken, während sie antwortete: »So weit wir wissen, gibt es keine Drohungen Ihrer Familie gegenüber. Es war Ihr Vater, der ermordet wurde, und die Bombe befand sich in seinem Büro. Besuchte ihn sonst jemand aus der Familie normalerweise in seinem Büro?«
    Henrik zuckte

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