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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Schlafzimmer gelassen hast, wo ich es irgendwann sehen würde. Und weshalb du noch keinen einzigen Schluck von dem Wein genommen hast, den ich dir eingeschenkt habe.«
    »Doch, das habe ich.«
    »Stimmt nicht, Chiara. Ich habe dich beobachtet.«
    »Du hast es nur nicht gesehen.«
    »Dann trink jetzt einen Schluck.«
    »Gabriel! Was ist in dich gefahren?« Sie hob ihr Glas an die Lippen und nahm einen kleinen Schluck. »Zufrieden?«
    Das war er nicht. »Bist du schwanger, Chiara?«
    »Nein, Gabriel, ich bin nicht schwanger. Aber ich möchte es irgendwann in naher Zukunft sein.« Sie ergriff seine Hand. »Ich weiß, dass du dich davor furchtest, weil du daran denkst, was Dani zugestoßen ist. Aber sein Andenken ehren wir am besten durch ein weiteres Kind. Wir sind Juden, Gabriel. Das ist unsere Art. Wir trauern um die Toten und bewahren sie in unseren Herzen. Aber wir leben unser Leben weiter.«
    »Unter Namen, die nicht unsere eigenen sind, und von Männern belauert, die uns ermorden wollen.«
    Chiara seufzte ärgerlich und schlug ein weiteres Ei an der Rührschüssel auf. Diesmal zerbrach die Schale in ihrer Hand.
    »Jetzt sieh dir an, was ich deinetwegen gemacht habe!« Sie wischte das Ei mit Küchenpapier auf. »Bis Uzi zurückkommt, bleiben dir drei Tage. Was hast du vor?«
    »Ich muss nach London, um rauszukriegen, was Grigorij Bulganow wirklich zugestoßen ist.«
    »Grigorij ist nicht dein Problem. Sollen die Engländer sich um ihn kümmern.«
    »Die Engländer haben größere Probleme als einen verschwundenen Überläufer. Sie haben Grigorij unter den Teppich gekehrt. Sie blicken nach vorn.«
    »Und das solltest du auch.« Chiara schlug noch ein Ei in die Schüssel und begann mit dem Schneebesen zu arbeiten. »Russen haben ein langes Gedächtnis, Gabriel – fast so lang wie Araber. Durch Elenas Flucht hat Iwan Charkow alles verloren: seine Villen in Frankreich und England, all die Bankkonten in London und Zürich, auf denen er sein schmutziges Geld gebunkert hatte. Er kann Russland nicht mehr verlassen, weil Interpol mit Haftbefehl nach ihm fahndet. Er hat nichts anderes zu tun, als deinen Tod zu planen. Und reist du nach London und fängst an dort herumzustochern, kann Charkow sehr leicht davon erfahren.«
    »Dann arbeite ich eben unauffällig und komme danach wieder heim. Und wir leben unser Leben weiter.«
    Chiara hörte auf zu rühren. »Du bist ein professioneller Lügner, Gabriel. Ich will hoffen, dass du mich jetzt nicht anlügst.«
    »Ich habe dich nie belogen, Chiara. Und ich werde es niemals tun.«
    »Was hast du mit den Leibwächtern vor?«
    »Die bleiben hier bei dir.«
    »Darüber wird Uzi nicht glücklich sein.«
    Gabriel hielt seinen Wein gegen das Licht. »Uzi ist nie glücklich.«

9 V ILLA DEI F IORI , U MBRIEN
    Das Motto des Diensts lautete: Durch Täuschung sollst du Krieg führen. Im Allgemeinen richtete es sich gegen Israels Feinde. Manchmal war es jedoch auch nötig, die eigenen Leute zu täuschen. Die beiden taten Gabriel fast leid: Sie waren gute Jungs, die Karriere machen würden. Sie hatten nur zur falschen Zeit den falschen Auftrag bekommen.
    Sie hießen Lior und Motti – wobei Lior der ältere und erfahrenere Partner war, während sich der jugendliche Motti, der erst vor knapp einem Jahr von der Akademie gekommen war, noch bewähren musste. Die beiden hatten die Großtaten der Legende studiert und begierig die Chance ergriffen, Gabriel sicher nach Israel eskortieren zu dürfen. Anders als Uzi Navot sahen sie drei zusätzliche Tage in einer Luxusvilla in Umbrien als unverhofften Glücksfall. Und als Chiara sie bat, leise zu sein, damit Gabriel die Restaurierung vor dem Heimflug beenden könne, waren sie widerspruchslos einverstanden. Sie fühlten sich schon durch seine Gegenwart geehrt und würden in dezenter Entfernung Wache halten.
    Diese Nacht verbrachten sie in dem zugigen kleinen Gästehaus, schliefen abwechselnd und behielten sein Atelierfenster, hinter dem grellweißes Halogenlicht brannte, scharf im Auge. Wenn sie aufmerksam horchten, konnten sie ganz leise Musik hören – erst Tosca, dann Madame Butterfly und bei Tagesanbruch schließlich La Bohème. Als die Villa gegen acht Uhr zum Leben erwachte, erschienen sie in der Küche, wo gerade drei Frauen – Chiara, Anna und Margherita – am Tresen frühstückten. Die Wohnzimmertür war geschlossen; vor ihr lagen zwei wachsame Jagdhunde auf dem Boden zusammengerollt. Als Lior eine Schale mit dampfendem Kaffee entgegennahm,

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