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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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anschließend mit Riesenschritten zurück nach Hause, den armen Ontan unterm Arm!« Er setzte einen Beifall heischenden Bück auf. »Analyse gut?«
    »Erneut wurden keine konkreten thaumaturgischen Energien freigesetzt«, murmelte Hippolit vor sich hin. »Andernfalls würden ihre Überbleibsel in der Luft angezeigt. Stattdessen hat Fraderuks Ritual allein die Punkte markiert, an denen das Wesen mit dem Boden in Berührung gekommen ist.« Er grübelte, schüttelte unwillig den Kopf. »Die Vorstellung, Meister Lemuel könnte am Ende recht behalten mit einer seiner haltlosen Vermutungen, widert mich zwar an, aber möglicherweise handelt es sich tatsächlich nicht um einen aktiven Thaumaturgen. Vielmehr um jemanden, der selbst einmal starker thaumaturgischer Energieentwicklung ausgesetzt war …«
    »Analyse gut?«, wiederholte Jorge etwas lauter.
    »Wie? Was?« Hippolit strich sich fahrig eine weiße Haarsträhne aus der Stirn. »Ja, ja. Deine Rekonstruktion der Ereignisse war hervorragend. Genau so muss es sich abgespielt haben.«
    Jorge verbeugte sich dankbar, wobei der viel zu kleine Orkhelm von seinem Kopf fiel und bis dicht vor Hippolits Füße rollte. »Und wie geht’s jetzt weiter?«, wollte er wissen.
    Hippolit hob den Helm auf und betrachtete nachdenklich die Beule im Metall. Dann folgte er mit den Augen der Verlängerung der letzten leuchtenden Fußabdruckreihe über den Rand des Indikatorkreises hinaus nach Norden.
    Als sein Blick den Horizont erreichte, hinter dem es wie stets gleichmäßig glühte, verengte er die Augen zu Schützen. »Wie es weitergeht? Ich sage dir, wie es weitergeht: Morgen folgen wir unserem Mörder zu seinem Unterschlupf. Nach Torrlem!«

10
     
     
    Der Körper gehört der Erde. Und die Erde weiß das.
    Es gibt keine Gedanken, nur Eindrücke. Nicht verarbeitete Gefühle, Dekaden, Jahrhunderte alt.
    Er schleudert den Körper zu Boden. Luft entweicht aus den Lungen des Sterbenden. Der Ork seufzt ein letztes Mal, mechanisch, ohne Seele. Die ist längst fort.
    Aber er braucht nicht die Seele.
    Er braucht den Antrieb.
    Die Natur ist zyklisch angelegt. Er kennt das Wort »zyklisch« nicht. Aber er denkt nicht in Worten.
    Die Natur ist zyklisch angelegt. Und sie stirbt in Zyklen.
    Nichts überlebt. Und doch kämpft alles darum.
    Das Blut hat genau die richtige Temperatur. Die Rippen unter der grünen Haut brechen. Der Leichnam stöhnt erneut.
    Alles kämpft.
    Er kennt die Leibeshöhle, kennt die Lage des Organs. Er pellt, zieht, reißt, bis er das triefende Stück Muskel befreit hat. Ein letztes Mal zuckt der Tote mit einer Hand.
    Nur ein Reflex.
    Er läuft davon. Fort vom Mondlicht. Fort vom niemals dunkel werdenden Firmament. An einen Ort, wohin kein Lichtstrahl gelangt. Wo seit tausend Jahreszeitenwechseln alles unverändert ist. Dort wird er erwartet, begrüßt mit einem vorfreudigen Lächeln.
    Der nutzlose Körper bleibt zurück.
    Der Körper gehört der Erde. Und die Erde weiß das.

11
     
     
    Der Aufbruch vom Heerlager am Morgen des folgenden Tages fiel weniger würdevoll aus, als Hippolit es sich erhofft hatte – die Folge eines Umstandes, der ihm bereits seit seiner Ankunft am Verladebahnhof von Torrlem bekannt war und nun zum zweiten Mal auf unschöne Weise Bedeutung erlangte.
    Nach ein paar Stunden unruhigen Schlafs in einem von General Ortlov bereitgestellten Gästezelt (unruhig zumindest für Hippolit, was seinen Grund in Jorges ausdauerndem Schnarchen hatte) waren sie in aller Frühe aufgestanden und hatten den Heerführer um Reittiere für ihren Ermittlungsausflug zur Grabstadt gebeten. Für Jorge war rasch ein Pferd gefunden, ein mächtiges schwarzes Ross mit wallender Mähne, feurigen Augen und ausgeprägtem Temperament. Jorges anfängliche trollspezifische Skepsis dem Reiten gegenüber verflog rasch, und das war kein Wunder: Kaum spürte das Tier das immense Gewicht seines Reiters auf dem Rücken, wurde es mit einem Mal lammfromm, befolgte jeden Lenkbefehl des Trolls mit willigem Kopfnicken.
    Bei der Suche nach einem geeigneten Transportmittel für Hippolit stieß man dagegen rasch auf ein altes Problem: Er war zu leicht, seine Beine zu schwach, um den eigensinnigen lyktischen Rössern seinen Willen aufzuzwingen. Ein erneutes diesbezügliches Experiment endete unrühmlich beim Pferdekorral am entgegengesetzten Rand des Lagers, wo der Gaul, gänzlich ungerührt von Hippolits Absichten, die Gesellschaft seiner Artgenossen suchte.
    Ein Pferd als Transportmittel schied

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