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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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die Sdoom in der Vergangenheit gebeutelt hatten – zuletzt die Bengguela, die im Jahre 2441 weite Teile des Landes entvölkerte«, fuhr Hippolit fort. »Seither herrscht in ganz Sdoom die gesetzliche Pflicht zur Feuerbestattung.«
    Jorge setzte sein Ross durch einen unmerklichen Ruck am Zügel in Bewegung. »All das wusste ich selbstverständlich«, behauptete er. »Aber wozu so eine monströse Sammelstelle, bei Batardos? Wozu der Torrlem-Express? Könnte man die Toten nicht jeweils an Ort und Stelle pulverisieren und ihre Überreste irgendwo verstreuen?« Er drehte sich im Sattel und suchte mit gehobenen Brauen den Blick seines Vorgesetzten, dessen Reittier sich noch immer nicht vom Fleck bewegte. »Wenn ich mich recht erinnere, gibt es in Nophelet ein altes Krematorium, auf dem Zeremonienplatz von Pottz. Wieso wird es nicht benutzt?«
    »Für eine Verbrennung, die eine im geologischen Sinne unbedenkliche Asche zurücklässt, ist eine enorme Hitze erforderlich. Hitze, die nur mit erheblichem thaumaturgischem Aufwand erzeugt werden kann.« Hippolit saß ab, packte die Zügel des Maultiers und riss mit aller Kraft daran. Er erntete ein desinteressiertes I-aaah, das war alles. »Nicht jede Stadt kann sich dauerhaft genug hochrangige Thaumaturgen leisten, die Tag für Tag die Brennkammern eines Krematoriums auf Betriebstemperatur halten.« Hippolit gab auf und starrte den Esel mit mörderischem Blick an. »Man braucht dafür exzellent ausgebildete, verlässliche Leute. Kommt das fragile Gleichgewicht der Kräfte im Innern durcheinander, stellt so ein thaumaturgischer Hochofen eine Gefahr für alle dar, die in seiner Umgebung leben. Aus diesem Grund beschloss König Verhindar II. gegen Ende des Ersten Zyklus den Bau der Grabstadt, hier in der Ebene von Torr, mehr als hundert Meilen entfernt von der nächsten Siedlung. Und er beschloss die Einrichtung der Ewigen Flamme, für die heute insgesamt achtzig Thaumaturgen, alle mindestens von der siebten Stufe, verantwortlich sind. Sie halten ein komplexes Gefüge von Bannsprüchen, thaumaturgischen Kraftfeldern und energetischen Schirmen aufrecht, das die ungeheuerliche Temperatur in der inneren Brennkammer ermöglicht. Es ist eine der härtesten, aber auch bestbezahlten Anstellungen in ganz Sdoom. Sie wurde mir vor ein paar Dutzend Jahren übrigens auch angeboten, nebenbei erwähnt.«
    Hippolit ließ von seinem Maultier ab und wandte sich mit hängenden Schultern an Jorge. »Würdest … Ob du mir wohl eben mal helfen könntest?«
    »Aber immer, M.H.« Jorge wendete elegant sein Pferd, lenkte es mit einem Druck der Schenkel neben Hippolits Reittier und griff nach dessen Zügel. »Es gibt da ein altes Trollsprichwort, und es geht so: Ist dein Tier unwillig – oder auch deine Frau –, wende dich an einen Troll!« Er zupfte behutsam an dem dünnen Riemen, während er gleichzeitig in der Kehle ein dumpfes, gurrendes Geräusch produzierte.
    Der Esel sah interessiert auf, legte den Kopf schief – und marschierte los, in die Richtung, die Jorge ihm vorgab. »Danke übrigens für die Nachhilfestunde in sdoomischer Geschichte, M.H.«
    »Keine Ursache«, grunzte Hippolit und kletterte mit verkniffenem Gesicht auf den Rücken des Maultiers zurück. »Keine Ursache.«
    Kaum eine Stunde später ritten sie nebeneinander durch eines der mächtigen Stadttore. Das helle Licht der Mittagssonne entlarvte Torrlem als Stadt ohne Farben: Häuser, Straßenbelag, ja sogar die Gesichter der wenigen Menschen, die ihnen begegneten, waren mit einer dünnen grauen Pulverschicht überzogen. Unter den Hufen ihrer Reittiere knirschte es leise, in der Luft lag ein unterschwelliger Duft nach kokelndem Holz und versengten Haaren.
    »Bei Batardos, ist das trostlos!«, ließ sich Jorge vernehmen. Drei ältere Frauen mit grauen Kopftüchern und grauen Kittelschürzen, die vor ihm die Straße überquerten, graue Körbe voll grau gepudertem Gemüse im Arm, drehten die Köpfe und sahen ihn böse an.
    »Und wie das hier riecht …« Er zog vernehmlich die Nase hoch und schnaubte anschließend in seine rechte Hand, um den Inhalt seiner Nüstern prüfend zu begutachten. »Schwarz wie ein Cangganesenarschloch bei Neumond«, konstatierte er, bevor er die Bescherung mit einem Schnippen auf den Boden beförderte. »Sag, M.H., kann es sein, dass man in Torrlem bei jedem Atemzug die Überreste irgendwelcher Verblichenen inhaliert?«
    Hippolit deutete zu der zyklopischen Rauchsäule hinauf, die unbeweglich am Himmel über

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