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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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raschen Blick aus seiner Jacke wagte, fiepte beeindruckt.
    »Diese Ketten müssen Teil eines riesigen Flaschenzugsystems sein«, bemerkte Hippolit, der fasziniert den Sinkflug des Glutglobulus verfolgte. »Ich nehme an, sie dienten zur Steuerung von thaumaturgisch levitierten Verladeplattformen, mit denen sich die Leichname in die verschiedenen Stockwerke transportieren ließen.« Er deutete auf die gegenüberhegende Seite des Schachtes. »Siehst du die breite Rampe vor dem Absatz mit dem Torbogen? Dort wurden die Plattformen angedockt und ihre Fracht in das dahinterliegende Magazin befördert. Faszinierend!«
    »Äh, M.H.? Ich unterbreche dich ungern, aber …« Jorge hob einen Finger. »Könntest du vielleicht noch so ein leuchtendes Kugelding heraufbeschwören? Weil, also … mir macht Dunkelheit ja bekanntlich nichts aus, aber Pompom hier …«
    Irritiert sah Hippolit auf. Um sie herum war es in Ermangelung einer Lichtquelle stockfinster geworden. Rasch schuf er eine weitere Leuchtkugel, etwas kleiner als die erste.
    »Ich glaube, der erste Clobulus hat die tiefste Ebene erreicht«, verkündete er mit einem abschließenden Blick in die Tiefe, wo das thaumaturgische Gebilde als winziger glühender Punkt zu erahnen war. »Ich werde ihn als Orientierungshilfe dort belassen. Komm jetzt!«
    Sie folgten der gewundenen Treppenflucht nach unten. Aufgrund des immensen Umfangs der Schachtröhre dauerte es eine ganze Weile, bis die erste Umrundung vollendet war und sie am Tor zur nächsttieferen Silokammer ankamen. Hippolit steuerte den Glutglobulus durch die Öffnung und in den dahinterliegenden Raum. Dort ließ er ihn rund ein Dutzend Schritte in die Höhe steigen und verstärkte das Licht.
    Wände und Decke eines weitläufigen Saales wurden sichtbar, der vollständig mit hohen Eisenregalen gefüllt war. Dazwischen erstreckte sich ein labyrinthisches Netz von Pfaden, jeder breit genug, dass ein dampfgetriebener Hebegabler darin manövrieren konnte.
    »Die Lagerhallen«, bemerkte Hippolit. »Ein erhebender Anblick! Wie mögen sie wohl ausgesehen haben, als sie noch in Betrieb waren?«
    Obwohl er nicht laut gesprochen hatte, hallten seine Worte in der Tiefe des gigantischen Saales geisterhaft nach. Jorge, unter dessen Jacke es ängstlich zappelte, zog sich in Richtung des steinernen Treppengeländers zurück.
    »Pompom gefallt es hier nicht«, sagte er. »Und ein gewisser Troll fände es auch nicht übel, wenn du die verdammte Feuerkugel allmählich …«
    »Schon gut.« Hippolit holte den Globulus zurück auf den Treppenabsatz, der sogleich wieder in orangefarbenem Licht erstrahlte. »Ich wollte mir nur einen Eindruck von der Anlage der Räume verschaffen. Hast du die Torbögen am entgegengesetzten Ende gesehen?«
    »Nein.«
    »Dort müssen sich weitere Lagerräume anschließen.«
    »Aha.«
    »Und nun lass uns weiter hinuntersteigen. Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass dort unten etwas Interessantes auf uns wartet.«
    »Hab ich dir schon mal gesagt, dass wir in letzter Zeit auffallend oft verschiedener Meinung sind, M.H.?«
    Im Verlauf der nächsten halben Stunde arbeiteten sie sich drei Etagen nach unten. Dass sie nicht schneller vorankamen, lag neben ihrem vorsichtigen Tempo vor allem an den gewaltigen Abmessungen der Wendeltreppe, die über Tausende Stufen zu verfügen schien. Der größere der beiden Glutglobuli war am Grund des Schachtes mittlerweile deutlicher zu erkennen, jedoch noch immer weit entfernt.
    »Sind wir bald da?« Jorge lauschte mit übertriebener Sorgfalt in die Falten seiner Ledermontur. »Pompom sagt, von dem dauernden Laufen im Kreis wird sie seekrank. Wir könnten mal eine Pause …«
    Ein helles, metallisches Geräusch ließ ihn verstummen.
    Bange Augenbücke verstrichen. Dann wanderte erst Hippolits, danach auch Jorges Blick ganz langsam zu den langen Ketten hinüber, die in der Mitte des Schachtes herabhingen.
    Eine davon bewegte sich kaum merklich.
    »Bei Batardos, was …?«
    »Am Grund des Schachtes ist jemand!« Hippolit hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und eilte mit fliegenden Schritten weiter die Treppe hinunter. »Er muss am Grund auf der Verladeplattform gestanden und uns zugehört haben – wer weiß wie lange? Und eben ist er unbeabsichtigt gegen eine der Ketten gestoßen!«
    »Du meinst …« Keuchend eilte Jorge hinter ihm her. Trotz seiner längeren Beine fiel es ihm schwer, Schritt zu halten. »Du meinst, das Vieh stand die ganze Zeit da unten, direkt neben deinem

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