Der Orksammler
Lemkin zu Hilfe: Ende 2297 brach unter der Erde eine unbekannte Seuche aus, die binnen weniger Zenite sämtliche Angehörige der Ghoulpopulation dahinraffte.«
»Eine Seuche?«, wiederholte Hippolit. »Und sie tötete alle Ghoule? Ist das verbrieft?«
»Zunächst verschwanden immer weniger Tote aus den Silos, bis eines Nachts gar keine mehr fehlten. Da schickte Meister Lemkin erneut ein Untersuchungskommando unter Tage. Sie fanden die verwesenden Leichen Tausender Ghoule, verstreut über meilenlange Stollen und Tunnel. Der Gestank muss unvorstellbar gewesen sein, schlimmer als im siebten Pfuhl von Blaaks infernalischer Unterwelt! Etliche Männer verloren das Bewusstsein, mussten von ihren Kollegen an die Oberfläche zurückgeschleppt werden. Noch viele Zenite später drang aus den Zugängen des Silos ein betäubender Gestank, den Meister Lemkin den Bürgern geistesgegenwärtig als Folge einer Verstopfung des Abwassersystems verkaufte. Als die Gebeine der Ghoule endlich restlos aus den Gängen entfernt waren, versiegelte man die Zugänge zu ihrem Labyrinth, und die Sache war Geschichte.«
»Es verschwanden keine Toten mehr?«
»Nie wieder, bis heute. Sie können die betreffenden Unterlagen einsehen, wenn Sie wollen.«
Hippolit winkte ab. »Eine Seuche also. Interessant. Weiß man etwas Näheres über diese Krankheit?«
»Unter Lemkins Heilern war ein berühmter medizinisch-thaumaturgischer Heiler namens Hedon. Er untersuchte mehrere der geborgenen Ghoulkörper.«
Hippolit nickte wieder. »Ich kenne Meister Hedon. Er hat ein bekanntes Standardwerk über die Verbreitungsfaktoren von Epidemien verfasst und maßgeblich dazu beigetragen, ein Heilmittel gegen die Bengguela sowie verschiedene moderne Zivilisationskrankheiten zu entwickeln.«
»Möglicherweise stützte er sich dabei auf Kenntnisse, die er bei der Untersuchung der toten Ghoule gewann«, vermutete Meister Wylfgung. »Wie dem auch sei, wenn ich mich recht erinnere, kam er zu dem Schluss, dass es sich im Grunde um eine recht simple Infektionskrankheit gehandelt haben musste, vergleichbar etwa mit unserem Schnupfen.« Er verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. »Absurd, dass eine solche Bagatelle imstande gewesen sein soll, ein Volk von aasfressenden Monstern auszurotten, das gegen nahezu alle Keime und Gifte immun war, die man sich nur vorstellen kann.«
»Quintessenziell. Aber die Natur hält sich gerne ein Hintertürchen offen für den Fall, dass Bedarf nach etwas natürlicher Selektion aufkommt.« Hippolit verstummte und grübelte eine ganze Weile vor sich hin.
»Sie erwähnten vorhin, es habe einen Unfall mit Ihrem Assistenten gegeben?«, erkundigte sich Meister Wylfgung, als ihm die lange Gesprächspause unangenehm zu werden begann. »Was ist geschehen? Falls ich irgendwie helfen kann …«
Hippolit schüttelte abwesend den Kopf. »Ich habe mich bereits um alles gekümmert. Agent Jorge verfolgte eine verdächtige Person in einem Abschnitt des Tunnelsystems, der einst zum Hort der Ghoule gehört haben muss.«
»Aber alle Zugänge wurden vor über tausend Jahren versiegelt!«
»Dann hat sie offenbar irgendjemand kürzlich wieder geöffnet. Agent Jorge stieß in Ausübung seiner Pflicht auf eine gewaltige unterirdische Kaverne, die mit den Gebeinen Abertausender Toter angefüllt war.«
Meister Wylfgung schluckte hörbar. »Die Überbleibsel der geraubten Leichen«, stöhnte er. »Sie wurden 2299, bei der Schließung der Stollen, der Einfachheit halber dort unten gelassen. Alles andere hätte die Gefahr öffentlicher Entlarvung mit sich gebracht.«
»Der Unbekannte stellte Jorge eine Falle, worauf etliche Tonnen Menschenknochen auf ihn herabstürzten. Glücklicherweise kam ich gerade noch rechtzeitig, um ihn mit einem sogenannten Rettungskokon zu umgeben, bevor die Knochen ihn zu Brei zerquetschen konnten.«
Meister Wylfgung sah ihn verwirrt an.
»Eine thaumaturgische Technik, die ihren Ursprung im Hochgebirge von Gengostok hat, wo häufig Menschen von Lawinen verschüttet werden«, erläuterte Hippolit. »Sie erzeugt eine Art energetische Blase rund um die Zielperson, die von keinem materiellen Objekt durchdrungen werden kann. Jorge erlitt zwar diverse Prellungen und Abschürfungen, bevor ich den Schutzschild stabilisieren konnte, und verlor bedauerlicherweise das Bewusstsein. Letztendlich konnte ich ihn jedoch ohne große Mühen mitsamt dem Kokon aus dem Knochenberg herausziehen.«
»Lorgon sei Dank! Wie geht es ihm?«
»Als ich ihn
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