Der Pakt
das Richtige tat.
Es würde also keine Ruhepause geben. Eigentlich hatte sie es auch nicht anders erwartet.
Ihr gegenüber saà ein Junge und betrachtete sie mit einer Mischung aus Hoffnung und Spekulation. Sin zeigte ihm die Zähne.
»Wag es ja nicht!«, drohte sie, schloss die Augen und spürte das Rattern des Zuges unter sich, der sie unaufhaltsam ihrem nächsten Ziel näherbrachte.
Als Sin die Tür zu Nicks und Alans Wohnung aufstieÃ, hörte sie die Stimme einer Fremden. Sie versuchte, die Tür leise zu öffnen, aber die Tür zum Wohnzimmer stand offen und Nick, Mae und die Botin starrten sie an, als sie in den Flur trat.
Die Frau war allerdings keine völlige Fremde. Sin erkannte sie, sie war ein paar Mal auf dem Markt gewesen und hatte teure Schmuckstücke gekauft.
Doch die einzigen Schmuckstücke, die sie jetzt trug, waren ihre Ohrringe, Silbermesser in Silberkreisen, das Zeichen der Boten.
»Sin Davies«, murmelte die Frau, als hätte sie ihr gegenüber einen Vorteil.
Sin zog die Brauen hoch.
»Jessica, nicht wahr?«
Sie schenkte ihr ein strahlendes, beiläufiges Lächeln, das die Frau erwiderte. Jessica hatte dunkles Haar und trug einen teuren Anzug. Sie wirkte wie eine Geschäftsfrau, die sich in ihrer Freizeit wohltätigen Aufgaben widmet. Falls sie noch Freizeit hatte, wenn sie mit ihren Botengängen für die Magier fertig war.
Mae saà im Lehnstuhl, den sie so weit wie möglich von den beiden Sofas weggeschoben hatte, ohne das Zimmer ganz zu verlassen. Sie betrachtete die Botin distanziert wie eine Königin.
Nick saà auf dem anderen Sofa und blickte die Botin stirnrunzelnd an. Anzu war nicht zu sehen.
»Du kommst gerade richtig«, erklärte Nick.
»Wozu?«
»Um zu hören, wie ich den Rest meiner Botschaft überbringe«, antwortete Jessica. »Nick scheint das sehr unterhaltsam zu finden.«
»Das liegt nur an der Art, wie du es sagst«, versicherte Nick ihr.
»Offensichtlich möchte sich Gerald mit mir treffen«, erzählte Mae tonlos. »Er sagt, er möchte einen Handel mit mir abschlieÃen.«
»Wir würden natürlich alles für Gerald tun, nicht wahr?«, warf Nick ein. »Was kann ich für ihn tun? Möchte er sich eine Tasse Zucker borgen? Ich fürchte, Brüder sind mir ausgegangen. Er hat meinen letzten bekommen.«
Nicks Stimme war immer härter und kälter geworden, sodass jedes Wort wie ein geworfener Stein wirkte.
»Von dir will er gar nichts«, erklärte Jessica und lächelte ihn an. »Wenn er etwas wollte, würde er dir einfach befehlen, es ihm zu geben. Und du müsstest es tun, nicht wahr?«
Nick sah sie finster an, doch Jessica sah zu Mae und schien es nicht einmal zu bemerken.
»Er will Celestes Perle«, sagte Jessica zu Mae. »Er kann dir etwas dafür anbieten, etwas, an dem du sehr interessiert sein wirst. Er will dich heute Abend treffen.«
Gerald glaubte also, dass Mae die Perle hatte. Da Sin zunächst zu der gleichen Annahme gelangt war, konnte sie es ihm nicht verdenken.
Aber mit was konnte er handeln, und warum wollte er überhaupt handeln, wenn er doch einfach versuchen konnte, sich zu nehmen, was er wollte? Wollte er mit Mae, die er offenbar für die neue Anführerin des Jahrmarkts der Kobolde hielt, einen Handel abschlieÃen, so wie er es bei Merris versucht hatte? Wollte er, dass die Marktleute versprachen, die Magier in Ruhe töten zu lassen und keinem Touristen mehr zu helfen?
Sins Lippen kräuselten sich, während sie Jessica beobachtete. Darauf würde sich Mae nie einlassen.
»Etwas, an dem ich interessiert bin?«, wiederholte Mae fragend.
»Wie interessant!«, verkündete Nick wütend. »Hast du irgendwelche nützlichen Hinweise, oder versuchst du, mich zu bezirzen, indem du einen auf geheimnisvoll machst? Mae wird sich auf keinen Fall irgendwo mit Gerald treffen.«
»Mae braucht niemanden, der für sie spricht«, erklärte Mae scharf. »Mae kann verdammt noch mal für sich selbst sprechen. Was tut Gerald, wenn ich nicht komme?«
Jessica zuckte mit den Achseln. »Ich denke, dann wird er dich suchen kommen.«
Und dann würde er entweder zu Maes Tante oder zum Markt kommen. Sin sah förmlich, wie sich die Rädchen in Maes Kopf drehten.
Sie sah, dass sie neugierig war.
Nick sah es ebenfalls.
Er stand auf und sagte mit einer Stimme,
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