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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Gesicht, von den Vermutungen, wo er sie wohl kennengelernt habe, wie weit die Bedeutung des Wortes
Gattin
wohl ging – die Geschichte zog von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag weitere Kreise, die Leute tuschelten über sie – die soviel von sich erwartet und so wenig Kraft übrig hatte; und der es an der vierzigjährigen Erfahrung mangelte, mit der sie sich hätte wappnen können.
    »Ich weiß«, flüsterte er ihr ins Ohr und schlang seine Arme um sie. »Ruh dich aus. Zum Teufel mit ihnen. Sie sind verrückt.«
    »Sie werden uns töten«, sagte sie, der erste Einwand, den sie erhob.
    Sie. Diese Leute. Und
uns
.
    Niemand erreicht Vollkommenheit,
hatte Meister Yenan gesagt – wie oft?
    Auf dem Berg hatten sie jedoch daran gerührt. Auf dem Berg war alles besser gewesen als dies hier. Dort würde es immer besser sein. Doch der Berg schien in eine immer weitere Ferne zu rücken.
    »Geh nach Choedri«, sagte er. »Warte, bis es vorbei ist. Das ist nicht deine Art zu kämpfen. Das habe ich dich nicht gelehrt.«
    »Nein«, murmelte sie, rückte näher und vergrub ihren Kopf an seiner Schulter, und er zog die Decke über sie, um ihr die Dunkelheit zu verschaffen, nach der sie suchte. »Nicht nach Choedri.«
    Sie war dem Einschlafen nahe. Er auch. Sie hatten diese Unterhaltung schon so oft geführt. Er kannte die Argumente, jedes einzelne. »Wohin dann?«
    »Schlaft.« Geduldig, müde, mit einem Seufzer, einem Druck ihrer Arme.
    Die Pferde halten nicht mehr lange durch,
dachte er.
Zuwenig Ausrüstung. Zuwenig Männer. Hätte Reidi und seine Leute über den Fluß nach Hoisan zurück-
    bringen sollen. Ich hätte alles von dort aus machen sollen...
    Wenn ich die Kraft hätte – wenn die Pferde durchhalten würden...
    Sie weiß Bescheid. Dazu hat sie zuviel von mir gelernt...
    Seit wir uns mit Reidi zusammengetan haben, hat sie kein Wort mehr gesagt. Seit ich sie gebeten habe, bei mir zu bleiben...
    Du Närrin, sag es! Verdammte Närrin!
    Ich hab's gewußt – ich hab's gewußt. Zu viele Wohlmeinende, zu viele Tapfere, ohne Sinn und Verstand...
    Zu spät, um das Ruder herumzuwerfen. Es stecken schon zu viele zu tief drin...
    Gute Absichten nützen gar nichts...
    ...hätte es wissen müssen, verdammt noch mal, hätte es wissen müssen, nach zehn Jahren ist das Land nicht mehr dasselbe, das Land hat zu lange geblutet, die Kämpfer sind tot.
Es
wird zu einer Katastrophe kommen.
    Solange wir nach Hunderten zählen und wir so nahe an Cheng'di sind, ist es aussichtslos...
    Er schlief ein, während er eine Lösung zu finden versuchte... schlief ein, wie man von einem Steilhang rollt, er hatte gerade noch genug Zeit, sich darüber klarzuwerden, daß er fiel, ein Plumps, und schon war er weg, bis er Essensdüfte roch und bei Feuerschein erwachte, mit der gepanzerten Taizu an seiner Seite, und Reidis Hauptmann dicht in ihrer Nähe sagen hörte: »Fürst Saukendar, bitte, das Essen ist bereitet. Mein Herr meint, Ihr möchtet jetzt vielleicht aufwachen.«
    Ein weiterer Moment Dunkelheit. »Fürst Saukendar?« sagte die hartnäckige Stimme.
    Saukendar wäre schon beim ersten Mal wach gewesen. Saukendar hätte sich nicht in so tiefem Schlaf überraschen lassen. Shoka zog seine müden Glieder in eine sitzende Position hoch, strich sich das Haar aus den Augen und rieb sich die vom Feuerschein und Rauchgestank brennenden Augen.
    Er hustete; das kam vom kalten Boden; und blinzelte wieder, als er feststellte, daß Taizu auch nicht schneller war – und daß der Boden unter ihm wankte, bis er sich wieder gefangen hatte.
    Eigentlich hätte er Angst haben sollen, dachte er. Er hatte sich beim Einschlafen Sorgen über ihre Lage gemacht, und eigentlich sollte er jetzt Angst haben, doch er konnte sich an die Einzelheiten nicht mehr erinnern und befand sich in einem Zustand von Benommenheit, in dem alles von gleicher Wichtigkeit war – Ghita, ihre zahlenmäßige Stärke, die Verfassung der Pferde, die Jahreszeit, seine Erinnerung an den vor ihnen liegenden Weg, der nach Lungan und zur großen Brücke führte...
    Er wunderte sich über seine Ruhe. Er saß da, wartete, daß sich seine Sicht klärte, und vermochte hinsichtlich ihrer Erfolgsaussichten noch immer nichts zu empfinden. Noch nichts war geklärt. Nichts ergab einen Sinn. Nichts war dringlich, es war, als wäre die Zeit um zehn Jahre zurückgedreht worden und als hätte er den Aufruhr in der Hauptstadt noch gar nicht bemerkt...
    Anders als Meiya – denn Meiya war in dieser Beziehung stets

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