Der Paladin
es, bis die Angst aufhört...
Narr. Das Mädchen hat dich gewarnt. Jetzt ist sie...
...ein verdammtes Flittchen.
Sie ist...
...ein Kind. Ein verängstigtes Kind, das darauf vertraut, daß ich es anständig behandle.
...Meister Shoka...
Er litt. Das war es. Er war vernünftiger als sie. Er sah, wohin sie gingen, und er sah voraus, daß sie irgendwann tot auf der Straße liegen würde, sah voraus, daß er Rechenschaft vor sich würde ablegen müssen über das Wespennest, in das sie stechen würden. Anschließend würde er selbst auf der Straße liegen. Und die Bauern aus der Gegend würden sagen:
Da liegt ein Narr.
Und die Adligen in Chiyaden würden seufzen und sagen:
Mit einem Bauernmädchen. Was hat er sich bloß dabei gedacht?
Und andere würden sagen:
Vielleicht hat ihn das einsame Leben auf dem Berg ein bißchen verrückt gemacht.
Gekochter Reis zum Abendessen, ein anständiges Feuer, ein gutes Mahl. Anschließend schlief Taizu ein – nickte einfach im Sitzen ein, mit dem Rücken am Fels, die leere Reisschale im Schoß.
Es wäre sowieso nichts geworden, dachte Shoka; sie war so weit marschiert und so viel gerannt; und die Art, wie sie da saß, wirkte sie so verdammt unschuldig...
Er rollte die Matten aus, sagte »Taizu«, und weckte sie auf, ehe er sie in die Arme nahm – ganz behutsam. »Leg dich hin, sonst bekommst du einen steifen Rücken«, sagte er und schlang die Arme um sie. Sie umarmte ihn, murmelte etwas und nickte an seiner Schulter ein.
Verdammt noch mal!
»Mm«, machte sie später, regte sich und drehte sich um. Er schlief nicht, jedenfalls nicht ganz. An diesem Ort hatte er sich nicht getraut.
»Ich bin mit Schlafen dran«, meinte er benommen. »Kannst du eine Weile wach bleiben?«
Sie fuhr mit den Fingern durch sein Haar.
»Damit machst du mich nur munter«, sagte er.
»Tut mir leid«, fauchte sie und schubste ihn weg. »Dann schlaft.«
Er blinzelte, stützte sich auf einen Arm und rieb sich die Augen. »Mitten in der Nacht darfst du von einem Mann keine tiefschürfenden Ausführungen erwarten. Was machen wir jetzt?«
Vielleicht hatte er sie verlegen gemacht. Lange Zeit herrschte Schweigen.
Verdammt, sie hatte gemeint, sie wäre verführerisch.
Er tastete an ihrem Arm hinunter und fand ihre Hand. »Es tut mir leid.« Sie ließ ihn gewähren, darum legte er ihr die Hand aufs Hemd, auf den Bauch, ganz freundschaftlich.
Sie nahm seine Hand und schob sie hoch, zu ihrem Herzen.
Was eine Zeitlang völlig reichte. Dann verschwand das Hemd; und seines ebenfalls; und auch die Hosen.
Er ließ sich Zeit. Und als er neben ihrem Ohr zusammensackte, sagte er mit der perfekten Zeitabstimmung einer Kurtisane: »Werd meine Frau.«
»Himmel...«, keuchte sie. Und dann, knapp und bündig: »Nein.«
Er murmelte einen soldatischen Fluch und ließ sich zur Seite fallen, enttäuscht, entmutigt, jedoch nicht geschlagen.
Nach ein paar Atemzügen: »Ihr habt
gesagt,
ich wäre Eure Frau. Ich schlafe mit Euch. Was wollt Dir mehr?«
Er kannte die Antwort. Für ihn war sie so klar wie Tag und Nacht. Sie einer feindselig gestimmten Frau zu sagen, fiel ihm jedoch schwer. Darum sagte er gar nichts.
»Vermutlich das, was du jetzt auch tust. Ich habe es nicht geschafft, dich davon abzubringen.«
»Warum wollt Ihr dann, daß ich Euch heirate?«
»Weil man dir«, entgegnete er, »für das Tragen dieses Schwerts deine verdammte Hand abschneiden kann, wenn du es nicht tust!«
»Ihr lügt bereits jetzt! Ich wüßte nicht, warum Ihr nicht auch den Magistrat anlügen könntet!«
Er fühlte sich ertappt und sagte: »Vermutlich könnte ich das.«
»Dann müßt Ihr mich also nicht heiraten.«
»Ich
muß
dich nicht heiraten.«
»Warum also? Was würde sich dadurch ändern? Daß Ihr mir dann sagen könntet, was ich zu tun habe?«
Das fragte er sich selbst, und nicht zum erstenmal. »Ich würde dich nicht aufhalten.«
»
Warum
dann also?«
Er spürte einer an ihrer Schulter abwärts führenden Linie nach. Und fand es auch nicht leichter, als auf seine letzten Ausreden zurückgreifen zu müssen. »Weil es mir Freude machen würde. Weil...«
Weil ich nach zwei Kaisern und der Frau eines anderen gern jemanden hätte, der so zu
mir
hält wie ich zu ihm.
Verärgert sagte sie: »Das ist Blödsinn! Ihr seid verrückt geworden!«
Auch sie hatte ihre wunden Punkte. Das gestand er ihr zu. Seine eigenen schmerzten in diesem Moment, so empfindlich wie die alte Wunde, wenn sie weh tat, und er hatte nicht vor, sich
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