Der Papstkäufer
abscheulichste Spelunke Roms.«
Sie hatte nicht den besten Ruf, war aber immer voll. Legendär war der Schmutz, man konnte nicht sagen, was klebriger war: Die Wände oder die kleinen Holztische, auf denen der gepanschte Wein serviert wurde. Finster und laut, war es dennoch für viele Römer wie eingesessene Nichtrömer ein Lieblingsort, für Außenstehende unmöglich zu erklären.
Zink witterte eine Möglichkeit.
»Du kannst nicht raus aus deiner Haut«, grinste er sie an. »Darf ich mich beteiligen?«
Vanozza schüttelte den Kopf und lachte.
»Was willst du mit einer Taverne? Du Kaufmann und Mann der Kurie!«
»Geld verdienen. Mit dir zusammen. Ich glaube an dich.«
»Das stünde deinem Ruf schlecht an.«
»Dann machen wir es geheim, wie ich umgekehrt mit meinen Kunden verfahre.«
Und so beteiligte Zink sich mit einem Drittel an Vanozzas Unternehmungen, die aber offiziell nur ihr gehörten. Und sie hatten Erfolg. Innerhalb weniger Monate war die Taverna della Vacca Treffpunkt aller Prostituierten, hatte sich somit in eine Art Bordell verwandelt. Das Geld floss nur so herein. Vanozzas Abzüge von ihrem Konto bei Zink waren bald nicht nur kompensiert, sondern es füllte sich weiter auf.
Zinks Abwesenheit nötigte den Papst derweil, neue Geldquellen zu erschließen. Ein Hofstaat von siebenhundert Menschen wollte schließlich unterhalten sein. Zudem warteten zwei teure Baustellen auf Geld: Der Petersdom und die Sixtinische Kapelle. Papst Leo hatte es sich durch seinen Regierungsstil mit einigen Kardinälen gründlich verscherzt. Die sannen auf Rache. Als er sich dann am Hintern eine bösartige Fistel behandeln lassen musste, da ahnte er nicht, dass einer seiner eigenen Leibärzte an einer Verschwörung teilnahm und eine vergiftete Salbe verwendete. Der junge Kardinal Alfonso Petrucci hatte eine Gruppe älterer Kardinäle aufgewiegelt zu diesem Putsch gegen den Medici-Papst. Die Verschwörung war recht bald aufgeflogen, weil ein weiterer Leibarzt die Vergiftung entdeckt hatte.
Petrucci wurde hingerichtet, die anderen Mittäter kamen mit jeweils fünfundzwanzigtausend Dukaten Strafe davon.
»Was habe ich da für Nattern an meiner Brust genährt.« Leo war außer sich.
Damit das in Zukunft nicht mehr geschehen konnte, brauchte Leo sichere Mehrheiten im Kardinalskollegium. Also ernannte er kurzerhand einige neue Kardinäle. Einunddreißig an der Zahl. Loyale hoffentlich, denn die meisten waren irgendwie mit ihm verwandt.
Diese Ernennungen hatten noch einen weiteren Vorteil: Die neuen Hüte brachten Geld. Viele Kaufmannsfamilien im Dunstkreis des umfangreichen Medici-Clans sahen dies als eine gute Gelegenheit, ihre Familienmitglieder zu Kardinälen zu erheben. Das Problem dabei war nur, dass viele Kandidaten nicht bar zahlten, sondern in Form von Schuldscheinen. Leo jedoch brauchte klingende Münze. Die dreihunderttausend Dukaten der neuen Kardinäle hielten nicht lange vor. Es dauerte also nicht lange, dann vermisste der Vatikan die Fuggerschen Geldspritzen. Leo X. wurde nervös. Er wusste genau, dass die Fugger, finanziell gesehen, am längeren Hebel saßen. Sie waren die Einzigen, die ihm seine Schuldscheine einlösen konnten.
So ließ er Zink wieder zu sich rufen, nachdem die Fistel verheilt war.
Diesmal gab er sich gleich versöhnlicher. In blendender Laune bot er ihm einen Platz an seiner Tafel an, die sich vor köstlichen Speisen nur so bog.
»Zink, greift zu, bevor es ans Geschäftliche geht.«
Der ließ sich nicht lange bitten. Nicht nur satt, eher vollgefressen, lagen beide später auf ihren Liegen. Wie im alten Rom, eineinhalb Jahrtausende zuvor.
Nur kurz ließ Leo dabei das missglückte Attentat Revue passieren.
»Ich bin viel zu gutmütig«, scherzte Leo. »Ein Borgia wäre weit weniger milde mit solchen Verschwörern umgegangen. Da säße jetzt das halbe Kollegium im Verlies in der Engelsburg.«
Der launige Teil des Treffens war vorbei.
Jetzt musste Tacheles geredet werden.
»Mein lieber Zink«, begann der Papst danach, dennoch erheblich umgänglicher als bei der Kündigung. »Wir sollten über die Ablässe reden.«
»Die alten oder etwa neue Ablässe?«
Der Fuggerfaktor war auf alles vorbereitet.
»Ich denke, beides.«
Zink grinste.
»Benötigt Ihr mehr Geld?«
Papst Leo grinste zurück.
»Natürlich, was glaubt Ihr denn? Denkt Ihr, ich würde Geld meiner Familie hier hineinpumpen? Und, wie ich Euch einschätze, habt Ihr schon Ideen dazu.«
»Natürlich, Euer
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