Der Partner
der Rückseite des Hauses: ein Schlafzimmer, ein Bad, ein Wohnzimmer mit einem Fernseher. Essen war reichlich vorhanden. Ihm würde nichts passieren, wurde ihm erklärt, es sei denn, er mache den Fehler, hier einen Fluchtversuch zu unternehmen. Er würde ungefähr eine Woche lang festgehalten und dann freigelassen werden, wenn er sich gut führte.
Paulo schloss die Tür des Wohnzimmers hinter sich und spähte aus dem Fenster. Zwei Männer saßen unter einem Baum, lachten und tranken, die Maschinenpistolen in Griffweite.
Paulos Sohn in Rio, der Verwalter von Evas Apartment, ihre frühere Kanzlei und einer ihrer Freunde, der in einem Reisebüro arbeitete, erhielten anonyme Anrufe. Die Botschaft war immer die gleiche: Paulo Miranda sei entführt worden. Die Polizei ermittelte.
Eva war in New York, wohnte für ein paar Tage in einer Suite im Hotel Pierre, machte Einkäufe auf der Fifth Avenue, verbrachte Zeit in Museen. Ihre Instruktionen lauteten, dass sie ständig in Bewegung bleiben und gelegentlich kurz in New Orleans aufkreuzen sollte. Sie hatte drei Briefe von Patrick erhalten und ihm ihrerseits zweimal geschrieben; die gesamte Korrespondenz ging über Sandy. Was auch immer Patrick an körperlichen Misshandlungen erlitten haben mochte, diese hatten eindeutig nicht seinen Blick für das Wesentliche getrübt. Seine Briefe waren präzise - Pläne, Checklisten und Instruktionen für etwaige Notfälle.
Sie rief ihren Vater an, aber er meldete sich nicht. Sie rief ihren Bruder an, und für sie brach eine Welt zusammen. Dieser bestand darauf, dass sie sofort zurückkehrte. Ihr Bruder war ein empfindsamer Typ, nicht an Druck und widrige Umstände gewöhnt. Er brach leicht zusammen. Schwierige Familienentscheidungen waren in der Vergangenheit immer Evas Sache gewesen.
Sie hielt ihn eine halbe Stunde am Telefon hin und versuchte, sich und ihn zu beruhigen. Nein, Lösegeld sei nicht gefordert worden. Bis jetzt kein Wort von den Entführern Entgegen seiner ausdrücklichen Anweisung rief sie Patrick an. Nervös in einer Telefonzelle auf dem Flughafen La Guardia stehend und durch eine dunkle Sonnenbrille immer wieder über ihre Schulter spähend, wählte sie die Nummer seines Zimmers und sprach portugiesisch. Sollten sie mithören, würden sie zumindest erst einmal einen Übersetzer ausfindig machen müssen.
»Patrick, hier ist Leah«, sagte sie mit möglichst ausdrucksloser Stimme.
»Was ist passiert?« fragte er, ihr auf portugiesisch antwortend. Er hatte ihre wundervolle Stimme längere Zeit nicht gehört und war trotzdem nicht erfreut, sie gerade jetzt hören zu müssen.
»Können wir reden?«
»Ja. Was ist los?« Patrick überprüfte das Telefon in seinem Zimmer alle drei bis vier Stunden auf Wanzen. Es ödete ihn an. Außerdem kontrollierte er jedes potentielle Versteck mit dem Wanzen-Detektor, den Sandy ihm besorgt hatte. Da er rund um die Uhr bewacht wurde, hatte Patrick es geschafft, sich ein wenig zu entspannen. Aber Anrufe von außerhalb beunruhigten ihn grundsätzlich noch immer.
»Mein Vater«, sagte sie, dann sprudelte die Geschichte von Paulos Verschwinden aus ihr hervor. »Ich muss nach Hause.«
»Nein, Leah«, sagte er ruhig. »Es ist eine Falle. Dein Vater ist kein reicher Mann. Sie verlangen kein Geld. Sie wollen dich.«
»Ich kann meinen Vater nicht im Stich lassen.«
»Außerdem, wie willst du ihn finden?«
»Das ist alles meine Schuld.«
»Nein. Die Schuld liegt bei mir. Aber mache nicht alles noch schlimmer, indem du in ihre Falle rennst.«
Sie zupfte an ihren Haaren und beobachtete die vorbeieilenden Menschen. »Also, was soll ich tun?«
»Fliege nach New Orleans. Rufe Sandy an, wenn du dort bist. Lass mich nachdenken.«
Sie kaufte ein Ticket, dann ging sie zum Flugsteig und fand dort einen Sitz in der Ecke nahe der Wand, wo sie, scheinbar in eine Zeitung vertieft, den Blicken der übrigen Reisenden entzogen war.
Sie dachte an ihren Vater und die grauenhaften Dinge, die sie ihm möglicherweise in diesem Augenblick gerade antaten. Die einzigen beiden Menschen, die sie liebte, waren von denselben Leuten entführt worden, und Patrick lag immer noch seiner Wunden wegen in einem Militärkrankenhaus. Ihr Vater war älter und nicht so stark wie Patrick. Sie taten ihm ihretwegen weh.
Und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte.
Einen Tag später sah ein Polizist aus Biloxi Lances Wagen, wie er um 22.20 Uhr das Grand Casino verließ. Lance wurde gestoppt und ohne Angabe von Gründen
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