Der Partner
Neldene Prewitt, wie sie damals hieß, erst am 13.
Februar in seinem Büro angerufen und ihren Sohn als vermisst gemeldet. Sie hatte sämtliche Sheriffbüros der Umgebung angerufen und außerdem das FBI und den CIA. Sie war sehr besorgt und zeitweise sogar fast hysterisch.
Der Name ihres Sohnes war Pepper Scarboro - Scarboro war der Name ihres ersten Ehemannes gewesen, Peppers vermeintlichem Vater, obwohl sie nie ganz sicher war, wer der Vater war. Was seinen Vornamen anging, so konnte sich niemand erinnern, wie er dazu gekommen war. Im Krankenhaus hatte sie ihn LaVelle genannt, ein Name, den er immer gehasst hatte. Pepper hatte er sich bereits in jungen Jahren zugelegt und immer darauf bestanden, dass dies sein richtiger Name sei.
Alles, nur nicht LaVelle.
Zur Zeit seines Verschwindens war Pepper Scarboro siebzehn Jahre alt. Nachdem er, nach drei Anläufen, die fünfte Klasse abgeschlossen hatte, verließ er die Schule und arbeitete als Tankwart in Lucedale. Pepper, ein etwas seltsamer Kerl, der heftig stotterte, entdeckte früh die Freiheit der Wälder und liebte nichts mehr, als tagelang zu kampieren und zu jagen, gewöhnlich allein.
Pepper hatte nur wenige Freunde, und seine Mutter hackte ständig wegen irgendwelcher Kleinigkeiten auf ihm herum. Er hatte noch zwei jüngere Geschwister, die zusammen mit der Mutter in einem schmutzigen Wohnwagen ohne Klimaanlage lebten. Pepper zog es vor, in einem kleinen Zelt tief im Wald zu schlafen. Er sparte Geld und kaufte sich eine Schrotflinte und eine Camping-Ausrüstung. Er verbrachte praktisch jede freie Minute im De Soto Nationalpark, zwanzig Minuten und doch irgendwie tausend Meilen von seiner Mutter entfernt.
Es gab keine eindeutigen Beweise dafür, dass Pepper und Patrick sich je getroffen hatten. Patricks Hütte war zufällig nicht weit von dem Waldgebiet entfernt, in dem Pepper zu jagen pflegte. Patrick und Pepper waren beide weiße Männer, ungefähr gleich groß, nur dass Patrick viel fülliger war. Von wesentlich größerer Brisanz war die Tatsache, dass Peppers Gewehr sowie sein Zelt und sein Schlafsack Ende Februar 1992 in Patricks Hütte gefunden worden waren.
Die beiden verschwanden ungefähr zur gleichen Zeit und aus ungefähr derselben Gegend. In den Monaten nach ihrer beider Verschwinden hatten Sweeney und Cutter ermittelt, dass keine andere Person im Staat Mississippi um den 9. Februar herum verschwunden und mehr als zehn Wochen lang vermisst worden war. Mehrere Personen, zumeist unglückliche Teenager, waren im Februar 1992 als vermisst gemeldet worden; aber sie waren bis zum späten Frühjahr wieder aufgetaucht. Im März war eine Hausfrau aus Corinth offensichtlich vor ihrem gewalttätigen Ehemann geflüchtet und seither nicht wieder gesehen worden.
Mit Hilfe der FBI-Computer in Washington hatte Cutter festgestellt, dass die räumlich nächste Person, die kurz vor Patricks Feuer als vermisst gemeldet worden war, ein arbeitsscheuer Lastwagenfahrer aus Dotham, Alabama, war, sieben Stunden vom Tatort entfernt. Dieser war am Samstag, den 8. Februar, einfach verschwunden und hatte eine miserable Ehe und haufenweise unbezahlte Rechnungen zurückgelassen. Nachdem er diesen Fall drei Monate lang untersucht hatte, war Cutter sicher, dass es zwischen d Lastwagenfahrer und Patrick keinerlei Verbindung gab.
Statistisch gesehen sprach vieles dafür, dass das Verschwinden von Patrick und Pepper irgendwie zusammen hing. Falls Patrick durch irgendeinen Zufall nicht in seinem Blazer umgekommen war, dann - dessen waren sich Cutter und Sweeney inzwischen fast sicher - lag es nahe davon auszugehen, dass dort Pepper verbrannt war. Diese Annahme war natürlich viel zu spekulativ, um vor einem Gericht Bestand zu haben. Es war ebenso möglich, dass Patrick einen Anhalter aus Australien, einen Penner, einen Herumtreiber an irgendeiner Bushaltestelle aufgelesen hatte.
Sie hatten eine Liste mit acht weiteren Namen, die von einem älteren Herrn aus Mobile, der zuletzt gesehen worden war, als er Schlangenlinien fahrend die Stadt in Richtung Mississippi verließ, bis zu einer jungen Prostituierten in Houston reichte, die Freunden gesagt hatte, sie wolle nach Atlanta und dort ein neues Leben beginnen. Alle acht waren schon Monate und sogar Jahre vor dem Februar 1992
als vermisst gemeldet worden. Cutter und der Sheriff hatten die Liste schon vor langer Zeit als ohne Bedeutung für ihren Fall eingestuft.
Pepper war ihr aussichtsreichster Kandidat; sie konnten es eben nur
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