Der Partner
Ihnen brauchen wir Tränen«, sagte sie zu Trudy. »Echte Tränen.«
Sie unterhielten sich eine Stunde lang über all die grauenhaften Dinge, die Patrick ihnen angetan hatte. Trudy weinte, als sie sich an die Beisetzung erinnerte. Sie hatte ein Foto von dem Schuh, der in der Nähe des ausgebrannten Wagens gefunden worden war. Sie durchlitt die Monate und Jahre nach seinem Tod noch einmal. Nein, sie hatte nicht wieder geheiratet. Nein, sie hatte nichts von ihrem Mann gehört, seit er zurückgekehrt war. Wusste nicht, ob sie es überhaupt wollte. Nein, er hatte keinen Versuch unternommen, ihre Tochter zu sehen, und sie brach wieder zusammen.
Der Gedanke an Scheidung sei ihr zutiefst zuwider, aber was solle sie denn sonst tun? Und der Prozess, wie grauenhaft! Diese abscheulichen Versicherungen, die ihr zusetzten, als hätte sie sich das Geld widerrechtlich angeeignet.
Patrick sei so ein gemeiner Kerl. Wenn sie das Geld fänden, rechnete sie dann damit, etwas davon zu bekommen? Natürlich nicht! Sie war schockiert von der Idee.
Es wurde auf zwanzig Minuten zusammengeschnitten, und Patrick sah es sich in seinem abgedunkelten Krankenzimmer an. Er musste unwillkürlich lächeln.
NEUNZEHN
Sandys Sekretärin schnitt gerade Patricks Foto und den Bericht über den kurzen Auftritt vor Gericht am Vortag aus der Zeitung von New Orleans aus, als der Anruf kam Sie machte Sandy sofort ausfindig, holte ihn aus einer Zeugenvernehmung heraus und stellte die Verbindung her.
Leah Pires war zurück. Sie sagte Hallo und fragte sofort ob er sein Büro auf Wanzen hatte überprüfen lassen. Sandy sagte ja, erst gestern. Sie war in einem Hotelzimmer an der Canal Street, nur ein paar Blocks entfernt, und schlug vor, dass sie sich dort treffen sollten. Ein Vorschlag von ihr wog mehr als die Direktive eines Bundesrichters. Was immer sie wollte. Er war schon fasziniert, wenn er nur ihre Stimme hörte.
Sie hatte es nicht eilig, also schlenderte Sandy gemächlich die Poydras, die Magazine und dann die Canal Street hinunter. Er dachte nicht daran, nach Verfolgern Ausschau zu halten. Patricks Paranoia war verständlich - der arme Kerl hatte auf der Flucht gelebt, bis die Schatten ihn schließlich erwischt hatten. Aber niemand konnte Sandy einreden, dass dieselben Leute auch ihn beschatten würden. Er war Anwalt in einem Fall, der viel Aufsehen erregte. Die bösen Buben wären verrückt, wenn sie seine Telefone anzapfen und ihm nachschleichen würden. Ein falscher Schritt, und dem Verfahren gegen Patrick konnte schwerer Schaden zugefügt werden.
Aber er hatte sich mit einer Sicherheitsfirma in Verbindung gesetzt und einen Termin für das Sweeping seines Büros vereinbart. Es war der Wunsch seines Mandanten, nicht sein eigener.
Leah begrüßte ihn mit einem festen Händedruck und einem flüchtigen Lächeln, aber er sah sofort, dass sie sich Sorgend machte. Sie war barfuss, in Jeans und einem weißen Baumwoll-T-Shirt, sehr zwanglos, wie vermutlich die meisten Brasilianerinnen, dachte er. Er war noch nie in Brasilien gewesen. Die Schranktür stand offen; es hingen nicht viele Kleidungsstücke darin. Sie schien nicht lange an einem Ort zu bleiben, lebte aus dem Koffer, vermutlich war sie genauso auf der Flucht, wie Patrick das bis zur vorigen Woche gewesen war. Sie goss Kaffee für beide ein und forderte ihn dann auf, am Tisch Platz zu nehmen.
»Wie geht es ihm?« fragte sie.
»Schon besser. Der Arzt sagt, es kommt alles wieder in Ordnung.«
»Wie schlimm war es?« fragte sie leise. Er liebte ihren Akzent, so wenig wahrnehmbar er auch war.
»Ziemlich schlimm.« Er griff in seinen Aktenkoffer, holte eine Mappe heraus und schob sie ihr zu.
»Hier.«
Ihr Gesicht verfinsterte sich beim Anblick des ersten Fotos, dann murmelte sie etwas auf portugiesisch. Tränen traten ihr in die Augen, als sie das zweite betrachtete. »Armer Patrick«, sagte sie leise zu sich selbst. »Mein armer kleiner Liebling.«
Sie betrachtete die Fotos eingehend und wischte sich von Zeit zu Zeit mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht, bis Sandy endlich auf die Idee kam, ihr ein Kleenex zu holen. Sie schämte sich ihrer Tränen angesichts der Fotos nicht. Als sie sie durchgesehen hatte, schob sie sie fein säuberlich zu einem Stapel zusammen und legte sie wieder in die Mappe zurück.
»Tut mir leid«, sagte Sandy. Etwas anderes fiel ihm nicht ein. »Hier ist ein Brief von Patrick«, sagte er schließlich.
Sie hörte auf zu weinen und schenkte Kaffee nach.
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