Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
Vom Netzwerk:
sogar gefunden haben. Außerdem warten Konstanze und die Bombergs auf mich«, drängte Ulrich Dreyling von Wagrain den ebenfalls unruhig gewordenen Mönch zur Eile.
    »Einen Moment noch: Ich muss mal … unter meine Kutte blicken, ob dort noch alles in Ordnung ist.«
    »Für einen Diener Gottes, der zudem ein belesener Mann sein möchte, bedienst du dich einer recht pöbelhaften Ausdrucksweise«, zeigte sich der Kastellan, dem weiß Gott nicht nach Lachen zumute war, etwas brüskiert.
    »Gott vergibt mir … , auch wenn er dieses Problem nicht mit mir zu teilen vermag«, war sich Nepomuk, den es schon ein ganzes Weilchen drückte, sicher.
    Während er zur anderen Seite des Stadels ging, um dort diskret seine Notdurft zu verrichten, sah der Totengräber durch die Ritzen und Astlöcher dessen Schatten. Hastig begab er sich zur Tür, um sie an dem daran befestigten Eisenring zuzuhalten. Als er direkt vor sich das Plätschern hörte, traute er sich nicht einmal mehr zu schnaufen. Zu groß war die Gefahr, entdeckt zu werden. Nachdem Nepomuk fertig war und seine Kutte wieder zurechtgezupft hatte, entsann er sich plötzlich des vorher gehörten Geräusches und versuchte, durch die Ritzen einen Blick ins Stadelinnere zu erhaschen. Der Totengräber hing wie angeschweißt am Eisenring und blickte sich ängstlich um. Mit Entsetzen musste er feststellen, dass durch einen breiten Spalt neben der Tür helles Tageslicht direkt auf seinen Gefangenen schien.
    Wenn der Riese dies sieht, ist alles aus. Sollte er aber die Tür zu öffnen versuchen und es mir gelingen, dagegenzuhalten, könnte der Kelch an mir vorübergehen, hoffte der mittlerweile in Schweiß gebadete Totengräber, der unruhig hin und her überlegte, was er zuerst tun sollte. Da er sah, wie der Schatten langsam in Richtung des Spaltes zog, musste er den Eisenring wohl oder übel loslassen und Lodewig vom Lichtschein weg in einen dunkleren Teil des Raumes ziehen.
    Den Bruchteil eines Moments, nachdem er sein wehrloses Opfer beiseite gezogen hatte, glaubte er, durch einen Schlitz das Auge des Mönchs, das ihm wie ›das Auge der Vorsehung‹ erschien, zu sehen. Um selbst nicht bemerkt zu werden, drückte er sich an Lodewig. Dadurch weckte er versehentlich die Lebensgeister seines Opfers, das sich etwas bewegte und sogar ein leises Stöhnen von sich gab. Aber der Totengräber konnte sich jetzt nicht darum kümmern. Er musste schleunigst wieder zur Tür, und dies, ohne das allergeringste Geräusch zu verursachen.
    Hoffentlich erwacht er nicht ausgerechnet jetzt vollkommen aus seiner Besinnungslosigkeit, wünschte sich Ruland Berging in diesem Moment nichts sehnlicher.
    Mit viel Glück schaffte er es gerade noch, den Ring zu greifen und mit aller Kraft daran zu ziehen. Er hatte auch noch das Glück, dass der muskelbepackte Riese nur leicht an der Tür rüttelte. Da der Mönch im Gegensatz zum Totengräber zwischen ›Dein und Mein‹ unterscheiden konnte, versuchte er erst gar nicht, gewaltsam in den Stadel einzudringen, gestattete sich aber noch einen Blick durch die Ritzen.
    »Nepomuk! Nun komm endlich! Du läufst sonst noch aus«, wollte der Kastellan seinen Freund vom Stadel weglocken, um endlich den Heimweg antreten zu können.
    Während dem Totengräber ein Seufzer der Erleichterung entwich und er sich die Schweißperlen von der Stirn strich, versuchte Lodewig aufzustehen, wobei er Geräusche verursachte, die bis nach draußen drangen.
    »Hast du das jetzt gehört?«, fragte der Mönch seinen Freund. Der aber schüttelte wieder den Kopf und sah ihn an, als wenn er es mit einem geistig Zurückgebliebenen zu tun hatte. »Nicht schon wieder … «
    »Ich bin doch nicht verrückt«, zweifelte Nepomuk an sich selbst, während er seinem Freund Ulrich in Richtung Staufen folgte. Dabei drehte er sich nicht mehr um, weil er dachte, dass es wohl doch nur ein Tier gewesen sein musste, das die Geräusche verursacht hatte.
     
    *
     
    Der Totengräber wartete so lange, bis die beiden nur noch schemenhaft zu erkennen und mit dem aufsteigenden Nebel des zu Ende gehenden Tages verschmolzen waren, bevor seine ganze Wut über das soeben Erlittene herausbrach.
    Er traktierte sein im Aufwachen begriffenes Opfer so brutal mit den Füßen, dass Lodewig nichts anderes tun konnte, als sich zusammenzurollen.
    Aber dies half nicht viel. Die Füße seines Peinigers trafen trotzdem ihr Ziel. Er packte das Bündel Elend und zerrte es aus dem Schuppen. Draußen spuckte er es an und verpasste ihm

Weitere Kostenlose Bücher