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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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niemand gewusst hatte, staunten sie nicht schlecht, als sie erfuhren, dass Nepomuk ein leibhaftiger Hohenzollernableger war.
    »Sowie es die Wetterlage zulässt, werde ich nach Konstanz reisen, um meine Halbschwester Maria Renata zu besuchen«, bemerkte Johannes Nepomuk, nahm einen kräftigen Schluck und schenkte sich noch einmal rasch ein, bevor der Propst wieder auf den Gedanken kam, das eingravierte Wappen auf dem Zinnkrug begutachten zu wollen. Dabei lächelte er, denn ihm waren die vorangegangenen ›Getränkebeschaffungsaktionen‹ des Propstes nicht verborgen geblieben. Aber auch der Propst lächelte zufrieden.
     
    *
     
    Die Atmosphäre war weihnachtlicher, wie sie nicht weihnachtlicher hätte sein können. Außerdem wurde viel geschwatzt, gelacht … und getrunken, was zur Folge hatte, dass Lodewig zu später Stunde doch noch ein heikles Thema aufgriff. Schlagartig wandelte sich die gute Stimmung in ein betretenes Schweigen. Aber Lodewig gab keine Ruhe, er wollte jetzt den Ausgang der Geschichte, über die sein Vater bisher nur mit seiner Mutter und mit Nepomuk gesprochen hatte, hören. »Vater, erzähl uns ausführlich von deiner Verfolgung des Totengräbers«, bat er.
    »Dies passt jetzt wirklich nicht. Es ist spät, – lasst uns lieber den Abend beschließen«, versuchte der Kastellan, sich zu drücken.
    Als er aber merkte, dass alle Augen erwartungsvoll auf ihn gerichtet waren, überlegte er ein Weilchen, bevor er seinen Sohn fragte, ob er gefestigt genug wäre, um gerade heute etwas über seinen Peiniger zu hören. »Es könnte dir nicht gefallen!«
    »Ich lebe«, rief Lodewig, der seine Lebensgeister jetzt allesamt auf den Plan gerufen zu haben schien, dabei aber dennoch heftig husten musste. Nachdem er sich ausgehustet hatte und aufmunternd nickte, suchte der Kastellan Sarahs Blick und den seiner Frau.
    Seine Schwiegertochter nickte ebenfalls, bevor sie sich noch mehr an Lodewig drückte und dessen Worte wiederholte: »Er lebt!«
    Konstanze hingegen bejahte die stumme Frage nicht. Im Gegenteil: Sie blickte erschrocken drein und schloss ihre Hände so vor dem Mund zur Faust, als wenn sie einen Schrei unterdrücken wollte. Sie schüttelte den Kopf und bat um Verständnis, nichts mehr von alledem hören zu wollen und sich stattdessen zurückziehen zu dürfen, was ihr natürlich niemand verwehren konnte … und wollte.
    Selbstverständlich war auch für sie das Wichtigste, dass Lodewig lebte und auf dem Weg der Besserung war. Nur das zählte für sie, … auch wenn sie es nicht so überschwänglich auszudrücken vermochte wie ihr über alles geliebter Sohn und ihre geliebte Schwiegertochter. »Der Tag war anstrengend und es war ein wunderschöner Abend, den ich so in Erinnerung behalten möchte. Ich bin völlig erschöpft. Lasst euch den Rest des Abends nicht verderben. Ich freue mich jetzt auf mein Lager. Seid mir bitte nicht gram. Gute Nacht. Ich liebe euch!«
    Nachdem sie demonstrativ gegähnt hatte, gab sie ihren Lieben der Reihe nach einen Kuss, drückte Lodewigs Retter dankbar an ihr Herz und verabschiedete sich von den anderen per Handschlag, bevor sie mit einem liebevollen Blick auf die Ihren den Raum verließ.
     
    Nach einem weiteren Moment des Schweigens ruhten wieder alle Blicke auf dem Kastellan, der es sich nicht nehmen ließ, sich vor Beginn seiner Erzählung in aller Ruhe ein Pfeifchen zu stopfen. Und er ließ sich viel Zeit damit – zu viel!
    »Nun fang schon an«, wurde er von Nepomuk, der sich ihm gegenüber einiges erlauben konnte, gedrängt.
    Nachdem er mit seiner Geschichte bis zu dem Punkt, an dem er das Haus des Ravensburger Kinderhändlers verlassen hatte, gekommen war, fragte er mit ernster Miene, ob er weiterberichten solle oder ob es nicht doch zu uninteressant sei. Dadurch sorgte er für allgemeine Unruhe.
    Diejenigen, die den ersten Teil seiner Frage beantworteten, nickten hastig, und diejenigen, die es vorzogen, auf den zweiten Teil seiner Frage einzugehen, schüttelten ebenso hastig ihre Köpfe, bevor alle wild durcheinander ihre Meinungen kundtaten.
    »Nein! Es ist spannend«, wollte Lodewig, den der Ausgang dieser Geschichte verständlicherweise ganz genau interessierte, ein frühzeitiges Ende verhindern.
    »Ja, natürlich! Erzähl weiter«, rief Nepomuk, um seinen Freund anzufeuern.
    »Selbstverständlich«, kam es vom Weißacher Bauern, der über seinen Befehlston selbst erschrak, dies aber dem reichlichen Weingenuss zuschob.
    »Warum denn?«, nuschelte daraufhin der

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