Der Pilot
vernichten. Oder jemanden.
Doch niemand belästigte ihn. Vielleicht verbreitete er eine Art Aura um sich, oder seine Körpersprache warnte jeden, die Finger von ihm zu lassen.
Sein Verstand spielte weiter Tauziehen mit seinem Herzen. Er ging alles, was Bria jemals gesagt oder getan hatte, noch einmal durch. Hatte er etwas falsch gemacht? War sie ein reizendes, unglückliches und anständiges Mädchen, das eine tödliche Sucht bekämpfte? Oder war sie eine verwöhnte, gefühllose Göre, die ein gemeines Spiel mit ihm getrieben hatte? Hatte sie ihn jemals wirklich geliebt?
Irgendwann fand sich Han an einer Straßenecke zwischen zwei hoch aufragenden steinernen Geröllhalden. Er hielt Brias Schreibfolie in der Hand und versuchte sie im flackernden Licht eines Reklameschildes, das für ein Bordell warb, zu entziffern. Han blinzelte. Es scheint zu regnen… Sein Gesicht fühlte sich naß an.
Er hob den Blick zum Himmel, aber selbstverständlich sah er keinen Himmel, sondern lediglich ein weit entferntes Dach. Mit der Innenfläche nach oben streckte er prüfend eine Hand aus. Kein Regen.
Han faltete den Brief zusammen und steckte ihn behutsam weg. Er widerstand dem vorübergehenden Drang, ihn zu zerreißen oder mit dem Blaster zu Schlacke zu verbrennen. Etwas sagte ihm, daß er es später bedauern würde.
Was auch immer sie war, sie ist FORT, dachte er entschlossen und straffte die Schultern. Sie kommt nicht zurück, und ich muß mich zusammenreißen. Als erstes werde ich morgen in der Glühenden Spinne nach Nici dem Spezialisten Ausschau halten.
Han bemerkte, daß es Nacht geworden war. Er wanderte bereits seit zwölf oder fünfzehn Stunden in den Straßen herum. Zum Glück gab es in diesem Bezirk Lokale, die niemals geschlossen hatten. Der Corellianer stellte fest, daß er etwas zu essen und einen Schlafplatz benötigte – er fühlte sich so leer und müde, daß sein Kopf sich zu drehen schien.
Er machte sich langsam auf den Rückweg und bemerkte, daß jeder Schritt sich anfühlte, als laufe er über glühenden Sand. Seine Fußsohlen brannten, er hatte Blasen und humpelte.
Aber die schmerzenden Füße waren eine wohltuende Ablenkung.
Von jetzt an geht es nur noch um mich, Han Solo, dachte er, hielt inne und spähte in den Nachthimmel, der am Ende eines Luftschachts so gerade noch auszumachen war. In der Schwärze blinkte ein Stern – oder war es eine Raumstation? Hans gedankliche Absichtserklärung war so ernst gemeint wie ein feierlicher Schwur. Niemand sonst. Alle anderen sind mir gleichgültig. Von jetzt an lasse ich niemanden mehr an mich ran. Ganz egal, wie hübsch sie ist, wie clever oder wie bezaubernd. Keine Freunde, keine Liebschaften… niemand ist diese Quälerei wert. Von jetzt an geht es nur noch um mich… Solo. Einem Teil von ihm fiel die finstere Ironie seines unbeabsichtigten Wortspiels auf, und er lachte hohl. Von jetzt an würde er seinem Namen alle Ehre machen. Sein Name stand nunmehr für das, was er war, was in ihm steckte.
Solo. Von jetzt an nur noch ich. Die Galaxis kann mit ihren sämtlichen Bewohnern zum Teufel gehen. Ich bin Solo für den Rest meines Lebens.
Der letzte Rest jugendlicher Weichheit war aus Hans Zügen verschwunden, statt dessen lag eine neue Kälte, eine neue Härte in seinen Augen. Er ging weiter durch die Nacht, die Absätze seiner Stiefel klangen hart auf dem Permabeton – so hart und unerbittlich wie die Schale, die fortan sein Herz umhüllen sollte.
Eine Woche später durchquerte Han Solo die »Halle der Neuzugänge« der imperialen Raumfahrtakademie, ein riesiges Gebäude auf der obersten Stadtebene, wuchtig und still und gediegen vornehm ausgestattet. Das Licht der kleinen weißen Sonne Coruscants ließ ihn blinzeln. Es war lange her, seit er zum letzten Mal Sonnenlicht gesehen hatte, und seine Augen reagierten noch immer empfindlich und leicht reizbar darauf.
Es war durchaus möglich, die Netzhautmuster eines Menschen zu ändern, was Han unlängst unter Beweis gestellt hatte, doch es war keine angenehme Erfahrung gewesen. Er hatte den laserchirurgischen Eingriff und die Neuordnung der Zellen über sich ergehen lassen und zur Genesung einen Tag im Bactatank verbracht. Drei weitere Tage mußte er einen Bactaschirm über den Augen tragen, während er in einem kleinen Hinterzimmer von Nicis »Klinik« lag.
Er machte das Beste aus der erzwungenen Untätigkeit und brachte Stunde um Stunde damit zu, historischen Lektionen und Literaturaufnahmen zu lauschen, um
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