Der Pilot
»Ganar Tos hat mich um deine Hand gebeten, und ich habe seiner Bitte mit Freuden entsprochen. Tretet vor mich, und ich werde die Worte sprechen, die dich zu seiner Gattin machen.«
Bria schnappte nach Luft und überlegte, ob sie einfach in Ohnmacht sinken sollte. Sie hatte das deutliche Gefühl, daß ihr das problemlos gelingen würde. Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, und die Ohren klingelten. Dann spürte sie, wie eine Woge des Entzückens über sie hinwegging, eines so köstlichen Entzückens, daß sie darüber beinahe das Bewußtsein verlor. Die Freude war so intensiv, so warm und lieblich, daß sie mit fast allem einverstanden gewesen wäre, wenn sie nur nicht nachließ.
Doch als sie gerade wie ein gefügiger Zombie nicken wollte, trat schemenhaft Vykks Gesicht vor ihr inneres Auge. Bria drückte den Rücken durch und reckte das Kinn. Sie durfte nicht in Ohnmacht fallen, denn wählte sie diesen Weg, so würde sie wahrscheinlich als Ganar Tos’ Frau aufwachen. Allein der Gedanke ließ sie würgen, und die höchst angenehmen Schwingungen des Priesters verloren ihre Wirkung. Bria sah kurz, aber sehr lebensnah vor sich, wie sie das Bett mit Ganar Tos teilte, und eine schreckliche Sekunde lang befürchtete sie, sich übergeben zu müssen.
Reiß dich zusammen! befahl sie sich selbst. Denke nach!
»Aber, Erhabener«, hauchte sie schüchtern, während sie sich dazu zwang, bescheiden die Augen niederzuschlagen, »ich habe doch Enthaltsamkeit geschworen. Ich darf niemanden heiraten.«
»Deine Frömmigkeit spricht für dich, Pilgerin«, dröhnte Teroenza, »doch der All-Eine segnet fruchtbare Verbindungen ebenso, wie er den Zölibat segnet. Ich gewähre dir Dispens, damit du Ganar Tos heiraten und deine Kinder zu gläubigen Anhängern des All-Einen erziehen kannst.«
Cleveres altes Ungeheuer, dachte Bria. Sie haßte Teroenza in diesem Moment, wie sie noch nie im Leben jemanden gehaßt hatte. Ich komme nicht gegen ihn an, ohne mich der Blasphemie schuldig zu machen.
Sie atmete tief durch, um sich Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. »Sehr gut, Erhabener«, sagte sie dann lammfromm. »Wenn Sie sagen, daß dies der Wille des All-Einen ist, werde ich mich dem beugen. Ich werde Ganar Tos eine gute Frau sein.« Sie biß innerlich die Zähne zusammen und zwang sich, eine Hand auf Tos’ schartigen, grünhäutigen Arm zu legen.
»Gut, Pilgerin«, nickte Teroenza und hob die Arme, um mit der Zeremonie zu beginnen.
»Aber, Erhabener«, hob Bria die Stimme ein wenig, »bevor ich mich als rechtmäßig verheiratete Frau betrachten kann, muß ich den Sitten meines eigenen Volkes Genüge tun.« Sie beeilte sich fortzufahren, ehe der Priester sie stoppen konnte. »Sie sind einfach und leicht zu befolgen, Erhabener. Ich bitte nur um einen Tag, um mich zu reinigen und über den heiligen Stand der Ehe zu meditieren. Auf Corellia ist es außerdem Tradition, daß eine Frau an ihrem Hochzeitstag ein grünes Gewand trägt. Ich kann den Schneiderdroiden leicht bitten, mir bis morgen abend eines zu nähen.«
Bria hielt den Atem an, während Teroenza offensichtlich zögerte. Schließlich schien der Hohepriester zu dem Schluß zu gelangen, daß sie nicht zuviel verlangte. »Na schön, Pilgerin 921«, polterte er. Ganar Tos’ Gesichtszüge entgleisten. »Morgen abend, noch vor der Versammlung der Pilger, werden du und Ganar Tos einander verbunden. Möge der Segen des All-Einen euch begleiten.«
Teroenza malte nachlässig ein Zeichen in die Luft, dann drehte er sich um und stapfte davon.
Ganar Tos trat wild entschlossen auf Bria zu. »Ich bringe dich zurück ins Dormitorium«, sagte er.
»Sehr gut«, nickte sie, doch als er versuchte, einen Arm um sie zu legen, entwand sie sich ihm. »Es ist dem Bräutigam nicht gestattet, die Braut am letzten Tag vor der Vermählung anzufassen«, gurrte sie eine dreiste Lüge. »Eine weitere corellianische Tradition. Du kannst bestimmt noch einen kurzen Tag warten, mein zukünftiger Gatte.«
Er nickte knapp. »Natürlich, meine zukünftige Gattin. Ich schwöre, ich werde dir ein guter Ehemann sein, und es ist mein größter Wunsch, daß wir mit einer großen Kinderschar gesegnet sein werden.«
»Das ist auch mein größter Wunsch«, erwiderte Bria süß. Unter den weiten Ärmeln ihrer Kutte strafte sie ihre Worte mit gekreuzten Fingern Lügen.
Bitte, Vykk, dachte sie voller Verzweiflung, komm schnell zurück! Bitte!
10. Kapitel
Abschied vom Paradies?
Han und Nebl schafften den
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