Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
ehrbaren Bürgern, bis zu Dux Federico vor. Und womit wurde gedroht, meine Freunde? Was plante der Jude?»
Kunstpause. Roberto schlürfte, so laut er konnte, sein Glas Wasser leer, und Franco, der scheinbar von alledem nichts mitbekam, summte ein monotones, deprimierendes Lied vor sich hin, während er sich einen mit Schokocreme gefüllten Windbeutel von der Theke fischte.
«Rabbi Sabbatuccio di Alleuzzo machte sich daran, einen Golem zu erschaffen, der den Fürsten meucheln sollte! Und der Fürst? Er handelte wie ein Soldat und schnitt sich die Kerbe ins Nasenbein.»
«Völlig logisch, Brozzi. Würde jeder so machen.»
«Er hatte beim Kampf im Felde das rechte Auge verloren. Mit der Kerbe verringerte er den toten Winkel und verbesserte den Rundumblick. Das ist die Wahrheit hinter dem Ganzen.»
«Und wenn man Angst vor einem islamischen Terroristen hat, dann schnippelt man sich das rechte Ohrläppchen ab, richtig?»
Brozzi stieg auf den nächstbesten Stuhl, reckte seine Arme in die Höhe, bevor er mit beiden Händen auf Roberto zeigte. «Soll ich ihm die Augen öffnen, meine Freunde?»
Zustimmendes Gemurmel, seine Anhänger rückten näher an ihn heran.
«Heute schicken sie uns wieder einen Auftragskiller, einen Golem. Einen aus unserer Mitte hat er schon getötet. Und nicht nur das. Zwei weitere haben Donna Domenica Galeotti angefallen, eine von uns allen geschätzte Mitbürgerin.»
«Wer hat dir denn den Blödsinn erzählt, Brozzi?»
«Ein sehr glaubwürdiger Augenzeuge.»
«Und wer soll das gewesen sein? Die arme Donna Domenica, die kaum etwas mitbekommen hat, weil sie vor Angst fast in ihre Nylonstrümpfe gepinkelt hat?»
«Es war Gilberto Sabatini, der Rahmenmacher. Er hat ein wenig aus dem Fenster gesehen, weil er nicht schlafen konnte, und so ist er Zeuge des Angriffs geworden.»
Jetzt verstand Roberto wenigstens, warum alle Welt von dem Überfall wusste. «Ich sage dir eins, Brozzi: Wenn ich die beiden angeblichen Golems zu fassen gekriegt und ihnen ihre dämlichen Kapuzen von den Köpfen gerupft hätte, dann wären garantiert zwei ganz normale menschliche Gesichter zum Vorschein gekommen. Wer weiß, vielleicht sogar solche blöden wie deins und das von deinem compagno Cecchetti.»
«Liebe Freunde, hier geht es um mehr, als dieser brave Poliziotto glaubt. Gerade wenn man wie wir Weitblick hat, darf man seine Augen nicht verschließen.» Attilio Brozzi massierte sich dramatisch beide Schläfen.
«Hör mir mal genau zu, Brozzi. Du und deine Spinner, ihr habt euren Spaß gehabt. Aber jetzt reicht’s, hast du mich verstanden?»
«Noch lange nicht, Poliziotto, noch lange nicht. Und wenn du es noch nicht gemerkt hast, hier geht es nicht um irgendeinen beknackten Aberglauben», er lachte mitleidig und stieg von seinem Stuhl herunter, «hier geht es um etwas Politisches. Wahrscheinlich ist sogar der Mossad mit im Spiel.»
« Porca madosca , was soll denn der israelische Geheimdienst von Ruggero Grilli gewollt haben?»
Attilio ließ sich mit der Antwort Zeit. «Ruggero war einer von uns. Er war ein Wissender.»
Roberto atmete schwer und fand plötzlich alle Überlegungen, das Rentenalter auf siebenundsechzig anzuheben, viel zu zaghaft. Achtzig wäre viel besser, dann waren Typen wie Attilio Brozzi wenigstens möglichst lange mit sinnvolleren Dingen beschäftigt. Er wandte sich dem barista zu.
« Ascolta , Remo. Vorgestern Nacht, war da der wissende Ruggero Grilli zufällig hier in der Bar?» Roberto konnte sehen, wie in Remos Gehirn fieberhafte Aktivitäten losgingen. Er war ein Typ, der versuchte, sich aus allem herauszuhalten, und der Scherereien jedweder Art vermied wie ein Vampir eine Knoblauchzwiebel. «Was ist?»
«Er war hier», gab Remo zögernd zu.
«Von wann bis wann?»
« Ascolta , ich kontrolliere nicht, wann meine Gäste –»
«Von wann bis wann?»
«Gekommen ist er irgendwann nach Mitternacht. Gegangen um zwei Uhr und vier Minuten.»
«Wieso bist du so sicher?»
Remo deutete auf die riesige, zugestaubte Uhr über der Theke. «Er verließ die Bar genau in dem Moment, als die einen Kurzschluss hatte und stehenblieb.»
«Hört, hört!», brüllte Attilio Brozzi. «Ruggero ging, und die Uhr hatte einen Kurzschluss. Und kurz darauf wird er von einem Golem ermordet. Das stinkt doch zum Himmel!»
«War er alleine?», fragte Roberto.
Remo nickte.
«Und worüber hat er so geredet?»
« Ascolta , ich heiße nicht Toto Scaglioni und notiere, was meine Gäste –»
«Worüber,
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