Der Preis der Ewigkeit
Geschichte und ich war auf Gedeih und Verderb einem Titanen ausgeliefert.
„Du hast recht“, flüsterte ich. „Dass ich gelogen habe, tut mir nicht leid. Aber ich bedauere zutiefst, dass all diese Menschen sterben werden. Und wenn du es nicht so weit getrieben hättest, täte es mir auch leid, dass ich dich verletzt habe.“
Kronos berührte meine Wange, fast so, als würde er Zuneigung für mich empfinden. Wenn er überhaupt je etwas anderes für mich gefühlt hatte als Lust und Macht. „Ich habe geglaubt, du wärst anders, Kate Winters. Dachte, du würdest mich verstehen.“
„Das tue ich. Mehr als du mich je verstanden hast.“ Ich schluckte, doch es kamen keine Tränen. Flehen und Winseln würden mir jetzt auch nichts mehr bringen, aber es musste doch einen Weg geben, das irgendwie in Ordnung zu bringen. Es ihm verständlich zu machen. „Du hast diese Qualen nicht verdient, aber ich genauso wenig. Ebenso der Rat. Geschweige denn die Milliarden Leben, die du auslöschen wirst. Der einzige Unterschied zwischen uns und den Menschen ist der Tod. Und jetzt, wo du auf der Erde bist, gibt es nicht einmal mehr den. Kannst du dir das vorstellen? Ein Ende? Einen Augenblick, in dem du aufhörst zu existieren? Und die, die dich lieben – was sie durchmachen würden …“
„Genug.“ Kronos’ Gesicht war eine unbewegliche Maske und vergeblich suchte ich nach einem Funken von Emotionen. Da war gar nichts. „Ich habe meine Entscheidung gefällt. Es gibt nichts, was du noch tun kannst, und ich werde dir keine Gnade erweisen, nachdem du sie mir ebenfalls verweigert hast. Meine Entscheidung ist endgültig. Der Krieg wird weitergehen und ich werde mich weder ergeben noch einem Waffenstillstand zustimmen. Ich habe versucht, den Ratsmitgliedern die Hand zum Frieden zu reichen, und sie haben mir ins Gesicht gespuckt. Ich habe mich der einen Frau anvertraut, von der ich glaubte, sie würde mich verstehen, und du hast dich als die größte Lügnerin von allen entpuppt. Zwischen uns gibt es nichts mehr zu sagen.“
Bevor ich noch etwas erwidern konnte, blinzelte Kronos und ich griff ins Leere. Er war fort, zusammen mit jeglicher Hoffnung, ich könnte meine Familie noch retten.
Mit leerem Blick starrte ich auf den Fleck, wo Kronos gerade noch gestanden hatte. Laut pochte mein Herz, alles drehte sich um mich. Wenn Kronos zur Wintersonnenwende ausbrach, wäre das hier nicht länger ein Krieg. Es wäre ein Blutbad.
Es musste doch etwas geben, was ich übersah. Etwas, womit ich ihn dazu bringen könnte, seine Meinung zu ändern. Aber was konnte ich ihm bieten, jetzt, da er mir nicht mehr vertraute? Was, um alles in der Welt, könnte ich sagen, um das wieder in Ordnung zu bringen?
Ein leises Gurgeln ertönte, und ich drehte mich genau rechtzeitig um, um Henry ins Kinderzimmer schlendern zu sehen, Milo auf dem Arm. Da hatte er sich ja ordentlich Zeit für den Weg nach oben gelassen. Hatte er einen Umweg gemacht? Das musste es sein. Ich schauderte und sandte ein stummes Gebet gen Himmel, dass es kein Ausflug zu Calliope gewesen war.
„So, mein Kleiner“, sagte Henry ungewohnt sanft. „Hier bist du in Sicherheit.“
Er schritt so langsam an mir vorbei, als schwämme er durch Honig. Kein Wunder, dass er so lange gebraucht hatte. Bei dem Tempo hätte ihn eine Schildkröte überholen können. Als Milo mich entdeckte, ruderte er mit den Ärmchen und ich brachte ein tränennasses Lächeln zustande.
„Hi, Süßer“, flüsterte ich. „Hast du Spaß mit deinem Daddy?“
Wieder gurgelte er und Henry lächelte. „Ich wünschte, ich könnte auch hierbleiben. Ich bin zurück, so schnell ich kann, versprochen. In der Zwischenzeit wird sicher gleich deine Tante Ava hier sein, um dir Gesellschaft zu leisten.“
Tante Ava. Bei diesem Titel drehte sich mir der Magen um, doch so verhasst mir der Gedanke auch war, sie gehörte zur Familie. Milo brauchte jetzt jeden Funken familiäre Liebe und Wärme, den er kriegen konnte.
Ich trat neben Henry, und meine Schulter glitt durch ihn hindurch, als er Milo in die Wiege legte. „So ist es gut. Ich bin zurück, bevor der Mond vor deinem Fenster verschwunden ist.“
Auf eine winzige Geste seiner Hand hin verschob sich die Wiege um ein paar Zentimeter, vermutlich an eine Stelle, von der aus Milo den Mond sehen konnte. Mühsam schluckte ich ein Schluchzen hinunter.
Für einen langen Moment drückte Henry seine Lippen auf die Stirn des Babys, bevor er sich wieder aufrichtete. „Sei brav“,
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