Der Preis des Schweigens
beiden haben ganz schön gründlich gearbeitet für zwei Polizisten, die seit zwei Uhr nachmittags des Vortags im Dienst sind , dachte ich. Über Bodies jungenhafter Art und seinen ständigen Witzen vergaß man leicht, dass er nicht umsonst bereits im Alter von achtundzwanzig Jahren zum stellvertretenden Sergeant ernannt worden war. An Achtsamkeit oder Motivation fehlte es ihm nicht.
»Bisschen komisch, unter falschem Namen dort herumzuschnüffeln, findest du nicht?«, grübelte Bodie. »Vielleicht ist alles ganz harmlos, aber es könnte auch sein, dass jemand das Terrain sondiert hat und wissen wollte, wann auch die letzten Parzellenbesitzer aufgeben.«
Ich sah mir die ausgedruckte Beschreibung an, die Bodie mir reichte. Natürlich wusste ich schon jetzt, was darauf stehen würde, aber ich tat so, als würde ich sie sorgfältig durchlesen. Die Verdächtige war hellhäutig, etwa ein Meter siebzig groß, Ende zwanzig und schlank. Sie hatte Jeans und eine schwarze Fleecejacke getragen und die hellen Haare unter einer blauen Baseballkappe versteckt, auf die ein rotes »B« gestickt war. Einheimischer Akzent. Ja, das traf es ziemlich genau.
»Mrs Nash arbeitet auch gerade an einem Phantombild«, fuhr Bodie fort. »Wie schon gesagt: Die hat nicht mehr alle Tassen im Schrank, aber wir wissen beide, dass diese neugierigen alten Damen ganz nützlich sein können, wenn man sie dazu bringt, sich auf das Wichtigste zu konzentrieren. Ich habe sie übrigens auch gefragt, ob wir sie in unserem Presseaufruf zitieren dürfen, damit wir eine ›menschliche Komponente‹ hineinbringen können, wie du es immer nennst.«
Er wirkte sehr zufrieden mit sich. Offenbar hatte er sich gemerkt, dass ich immer nach persönlichen Kommentaren fragte, wenn wir gemeinsam einen Aufruf an die Bevölkerung entwarfen, und jetzt war er meinen Bitten zuvorgekommen, um mir zu zeigen, dass er aufmerksam zuhörte und bereit war dazuzulernen.
»Wäre vielleicht ganz gut, sie auf unserer Seite zu haben. Allerdings sollten wir ihr gleichzeitig sanft zu verstehen geben, dass sie besser ihre Klappe hält und nicht wieder auf eigene Faust mit Reportern spricht und Einzelheiten ausplaudert.«
Wieder erkannte ich meine eigenen Tipps und Ratschläge in Bodies Worten. Er war wirklich ein eifriger und dankbarer Schüler.
»Kannst du sie bitte anrufen, Jen? Hier ist ihre Nummer. Ich konnte nicht länger vor Ort bleiben, um die Sache mit ihr zu klären, aber ich habe angekündigt, dass du anrufst und mit ihr alles durchsprichst.«
»Was, ich soll sie direkt anrufen?«, stammelte ich überrascht. »Ich spreche normalerweise nicht direkt mit Zeugen, Marc, das weißt du genau. Ich bekomme ihre Aussagen über euch Beamte vor Ort.«
»Ich weiß, aber der Detective Inspector lässt fragen, ob du uns bitte, bitte ausnahmsweise helfen könntest, weil wir zusätzlich noch diesen versuchten bewaffneten Raubüberfall in Roath zu bearbeiten haben. Der Boss rauft sich schon die Haare, weil er wütende Anrufe von den dortigen Stadträten kriegt, die er vom Golfspielen kennt, wenn ich richtig informiert bin. Und der Gemeinderat von Aberthin lässt ihm auch keine Ruhe wegen dieser Wohnwagengeschichte. Öffentliche Sicherheit und so. Alles nur Wahlkampfpose, aber du kennst ja den alten Cavendish. Er will die Wogen sicher persönlich glätten und zeigen, dass er alles unter Kontrolle hat.«
Es war also bereits so weit, die Vorgesetzten hatten sich eingeschaltet. Es brachte nichts, sich mit einem Detective Inspector zu streiten, wenn er Rückendeckung vom Oberboss hatte.
»Also gut, aber nur dieses eine Mal«, sagte ich zu Bodie. »Halt mich über die Entwicklungen auf dem Laufenden.«
Ich kehrte ins Pressebüro zurück und bereitete mich innerlich darauf vor, Gwen anzurufen, beziehungsweise Mrs Nash, wie ich sie jetzt offiziell zu nennen hatte.
Das mit dem Brand konnte doch nicht wirklich ein Zufall sein, oder? Nicht zu diesem Zeitpunkt. Offenbar gab es tatsächlich eine Baufirma, die scharf auf das Grundstück war, aber das Timing war, gelinde gesagt, verdächtig. Der Wohnwagen der Mathrys sollte also ganz zufällig mit abgebrannt sein? Natürlich blieb mir nichts anderes übrig, als wie immer meine Arbeit zu tun und die üblichen Schritte abzuarbeiten. Am besten verdrängte ich den äußerst eigenartigen und unerwarteten Umstand, dass ich einen Zeugenaufruf und eine Beschreibung von mir selbst veröffentlichen musste.
Warum hatte ich Gwen nur gesagt, dass ich Anne Nolan
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