Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
Menher? «
» Wir Schatten verstehen uns darauf, eine Wunde zu schließen, verbluten werde ich also nicht. Ich danke Euch, Freund, dass Ihr einem Fremden geholfen habt. « Er betrachtete Vil mit unverhohlenem Interesse, plötzlich fragte er: » Sagt, junger Freund – wie ist Euer Name? «
Vil zögerte. Irgendetwas an diesem Mann schien ihm seltsam vertraut. Aber im letzten Augenblick schreckte er doch davor zurück, ihm seinen richtigen Namen zu sagen: » Vil Aris, aus der Scherengasse, falls Ihr meine Hilfe noch einmal braucht. Und Euer Name, Menher Schatten? «
Der Fremde zögerte kurz. » Kaim Reser nennt man mich « , sagte er dann, » aber besser, Ihr vergesst das gleich wieder, denn es wäre sehr gefährlich für Euch, mich zu kennen. Ich wünsche Euch Glück, Vil Aris! «
» Euch desgleichen, Menher Reser. «
Ein Armbrustbolzen bohrte sich in die Wand und beendete die Verabschiedung abrupt. » Da ist er! « , schrie eine Stimme.
Vil sah drei Scholaren und einige Soldaten, die die Gasse entlangstürmten und die lange Treppe hinuntergekommen sein mussten.
» Verschwindet « , flüsterte der Schatten und verschwand selbst vor Vils Augen.
Verblüfft wich er zurück.
» Dort! « , schrie der Scholar wieder. » Die Feuerbomben, schnell doch! «
Wo war Reser? Irgendetwas wirbelte die kopflose Menge, die sich in der engen Gasse gestaut hatte, durcheinander.
» Dort! « , schrie der Scholar.
» Aber die Leute « , brachte einer der Soldaten hervor, der eine Art Tonkugel in der Hand hielt.
Ein anderer Scholar riss sie ihm aus der Hand und schleuderte sie in die Menge.
Ein dutzendfacher Schrei erscholl, als die Kugel auf dem Boden in einer Feuerwolke explodierte. Entsetzt stob die Menge auseinander.
Vil wurde über den Haufen gerannt, und Leute stolperten über ihn hinweg. Er kämpfte sich wieder auf die Beine, schlug einen Mann nieder, der blind vor Angst auf ihn zugerannt kam, und suchte nach dem Schatten.
Dort inmitten des Feuers war er, ein dunkler Umriss in den Flammen. Vil krallte sich an der Hauswand fest, um nicht von der Menge mitgerissen zu werden.
» So schießt, schießt doch! « , schrie einer der Scholaren. Der Schatten tauchte aus den Flammen auf, und jetzt sah Vil, dass sein Gewand doch brannte. Reser rannte auf seine Feinde zu, ein flackernder Schemen. Dann sangen die Armbrustsehnen, und der dunkle Umriss geriet ins Stocken. Etwas löste sich aus der in Flammen gehüllten Dunkelheit – ein Messer, das einen der Soldaten in die Stirn traf. Sein Nachbar ließ sein Schwert fallen und wich entsetzt zurück. Wieder schossen die Scholaren, und dann wurde Reser sichtbar. Er stand inmitten der Gasse, erst jetzt schien das Feuer ihn anzugreifen. Er machte einen Schritt, noch einen – und brach dann zusammen.
Für eine Sekunde blieb es gespenstisch still.
» Der Mann dort – er hat ihm geholfen « , rief einer der Soldaten und zeigte auf Vil, der wie erstarrt zugesehen hatte, wie Kaim Reser starb. » Fasst ihn! «
Vils Erstarrung löste sich, und er rannte davon.
» Ihr seht unglücklich aus, Gremm « , stellte eine wohlbekannte Stimme fest.
Gremm zuckte zusammen. Eigentlich rechnete er schon seit Mersons Angriff damit, dass endlich die Wachen kämen, um ihn festzunehmen. Aber sie kamen nicht. Dass ihn nun ausgerechnet der Archont ansprach, war ihm allerdings auch nicht geheuer. Er hatte Memnon nicht einmal in den Saal kommen sehen. Vielleicht hat er hier wieder irgendwo eine geheime Tür, dachte er und sagte dann: » Oh, es ist, weil wir hier doch alle nur knapp mit dem Leben davongekommen sind, Exzellenz. « Gleichzeitig dachte er, dass Memnon nicht in dieser Gefahr gewesen war, denn er hatte bei den Beratungen gefehlt, was seltsam war.
» Ihr glaubt doch nicht, dass wir alle in Gefahr waren, Gremm? Der Angreifer hatte ein klares Ziel, eines, nicht viele. «
Gremm blickte auf den Oramarer, der sich vor seinen Prinzen geworfen hatte und nun, mit einem Umhang zugedeckt, tot auf dem Saalboden lag. Man konnte zwei Erhebungen unter dem Umhang erkennen, die Messer, die in seiner Brust steckten.
» Das ist wohl wahr, Exzellenz « , sagte Gremm vorsichtig.
» Habt Ihr ihn erkannt? «
» Den Angreifer? Nein, Exzellenz, er war doch nur kurz zu sehen. Ein Schatten eben. Und als ich hinsah, war er schon wieder verschwunden. «
» Dann habt Ihr nicht erkannt, dass es Euer Freund Kaim Reser war? «
» Reser? Der Gesandte? Aber das ist unmöglich, Exzellenz! « , rief Gremm und geriet in
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