Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
zuerst bei den Verwandten nachforschen.
» Bist du denn nicht irgendwo in der Lehre, Junge? «
» Herr? «
» Na, du bist doch wohl alt genug, um eine Lehre begonnen zu haben. «
» Meine Eltern wollten keinen Lehrherrn bezahlen, Herr. «
» Verstehe. Dein Vater, was war der von Beruf? «
» Vieles, Herr, hat gehandelt, war in den Minen, war viel unterwegs. «
» Klingt nicht gerade solide. Und deine Mutter? «
» Durfte nicht arbeiten, Herr, Vater hat es nicht erlaubt. «
» Bei den Himmlischen! Da steht diesen Leuten das Wasser bis zum Hals, und dann sind sie zu stolz, ihre Frauen arbeiten zu lassen. Fürchterlich! «
Der Mann war aufgesprungen und marschierte nun in der Schmiedewerkstatt auf und ab. Er redete leise mit sich selbst, warf Vil immer wieder Seitenblicke zu und schüttelte den Kopf.
Vil hatte seinen Teller inzwischen geleert und stippte die letzten Reste Suppe mit der letzten Kante Brot heraus.
» Aber du hast Manieren. Verstehst, mit dem Löffel umzugehen « , sagte sein Gastgeber plötzlich.
Vil verschluckte sich. Er war aus der Rolle gefallen. » Das war meiner Mutter wichtig, Herr. Sie ist früher in vornehmen Häusern gewesen. «
» Eine Dienstmagd, also? «
» Das weiß ich nicht, Herr. «
» Hm, nun, seltsam, kein Dach über dem Kopf, weiß aber, sich zu benehmen. Es ist nicht schlecht, wenn man es versteht, sich den Leuten angenehm zu machen. Das solltest du pflegen. «
» Ja, Herr. «
» Sag, du kannst nicht zufällig lesen und schreiben, oder? «
Vil zuckte mit den Achseln, weil er den Sinn der Frage nicht gleich verstand, aber dann nickte er.
» Wirklich? Soll ich das glauben? Augenblick! «
Der Mann verschwand in einem Nebenraum und gab damit einen Fluchtweg frei. Vil konnte den Ausgang sehen. Aber er blieb sitzen.
» Hier « , sagte der Mann, als er zurückkehrte, und hielt ihm ein Buch unter die Nase. Es war eine Art Kassenbuch.
» Herr? «
» Ich denke, du kannst lesen, oder hast du mir da etwas vorgeflunkert? «
Vil nahm das Buch. Er hatte am Fechtunterricht viel mehr Spaß gehabt als an den trockenen Stunden seines Hauslehrers, aber er hatte doch etwas gelernt. Er versuchte, es nicht zu gut zu machen. Stockend las er: » Eine Last Kohlen zu einhundertunddreißig Kronen, erhalten am Siebenten von Mh. Kalos. Drei Lasten gutes Erz zu vierhundertundfünf Kronen je Last, erhalten am Siebenten von Mh. Fernor. Acht Kronen Liefergeld gezahlt an je … «
» Du kannst also wirklich lesen, und zwar besser als die meisten meiner Gesellen. Hast du auch verstanden, was du gelesen hast? «
» Es geht um Kohlen und Erz, Herr? «
» Und um die Preise, die Goll, meine rechte Hand, dafür gezahlt hat. Vierhundertundfünf Kronen! Es wird immer schlimmer. «
» Ist das viel, Herr? «
» Vor einem Jahr kostete das Erz knapp die Hälfte, aber Eisen ist teuer geworden, seitdem dieser Hexer aus Cifat unsere Minen zerstört hat. Was ist? «
Vil hatte die Fäuste geballt, aber jetzt schluckte er die Wut hinunter. » Nichts, Herr. «
» Hast du etwa auch jemanden bei dieser Katastrophe verloren? «
» Meinen Vater. «
» Ja, du sagtest ja, dass er gelegentlich in den Minen war. Das tut mir leid, mein Junge, sehr leid. Pass auf, ich mache dir einen Vorschlag. Dort hinten neben der Esse ist ein warmer Platz. Ich bringe dir eine Decke, und du bleibst über Nacht hier. Und morgen stecken wir dich in eine Wanne, und dann sehen wir weiter. Ist das nichts? «
Der Mann strahlte ihn an.
Vil wurde misstrauisch. Warum war dieser Mann so nett zu ihm? Seiner Erfahrung nach bedeutete das, dass er ihm für diese Freundlichkeit irgendwann eine dicke Rechnung unter die Nase halten würde. Aber er war in der Werkstatt, dort, wo irgendwo die zugemauerte Pforte sein musste. Außerdem – wo sollte er sonst hin?
Am nächsten Morgen bot ihm Meister Turro, Eigentümer der Schmiede, an zu bleiben. » Kost und Logis frei, wenn du bei mir in die Lehre gehst, und ich verlange kein Lehrgeld, ja, ich werde dir sogar ein wenig Taschengeld geben, wenn du dich bewährt hast. «
Vil hatte keinesfalls vor, Schmied zu werden, und er konnte sich gut vorstellen, was seine Mutter von der Vorstellung gehalten hätte, dass ein Gremm ein so niederes Handwerk erlernen solle. Außerdem war er misstrauisch, denn er verstand einfach nicht, warum Meister Turro ihm dieses Angebot unterbreitete.
Der verstand sein Zögern falsch. » Ich kann verstehen, dass du überwältigt bist, mein Junge. Komm, schlag ein. Wir statten
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