Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
einen Handel? «
Gremm nickte, erfüllt von der dunklen Vorahnung, dass er noch nicht das letzte Mal im Roten Löwen gewesen sein würde.
Vil arbeitete härter als je zuvor, denn er konnte nicht riskieren, dass Meister Turro ihn vor die Tür setzte. Die Gesellen mieden ihn, eigentlich behandelten sie ihn wie einen Aussätzigen. Das einzig Gute war, dass Crum, der andere Lehrling, jetzt Angst vor ihm hatte und versuchte, sein Wohlwollen mit frischem Brot zu erkaufen.
Goll kam erst nach einer Woche wieder. Er sah übel aus. Die Nase war eingedrückt, eine geschwollene Masse in einem grün und blau verfärbten Gesicht.
Unter dem strengen Blick des Meisters ging Vil zu ihm und bat ihn um Entschuldigung. Goll nahm die dargebotene Hand an, sagte aber nichts. Später, als Turro andernorts beschäftigt war, kam er jedoch zu Vil herüber. Fleris, der zweite Geselle, war bei ihm. » Glaube nicht, dass es damit vorbei ist, Vil « , stieß Goll hervor.
Vil verstand ihn kaum, so schwer fiel ihm das Sprechen. » Ich habe keine Angst vor dir « , gab er zurück.
» Du solltest mir trotzdem nicht den Rücken zukehren, und wenn du nachts schläfst, hältst du besser ein Auge offen. «
Vil antwortete mit einem verächtlichen Lächeln. Der Geselle hatte Angst vor ihm, das konnte er förmlich riechen, er wagte es ja nicht einmal, ihn zu einem ehrlichen, offenen Kampf herauszufordern, dabei war er viel stärker als Vil. Aber natürlich konnte er seine Drohung wahrmachen, ihn nachts zu überfallen, wenn er schlief.
Am Nachmittag, als er wieder Kohle zur Schmelze schleppte, war Meister Turro gerade dort. Er sah besorgt aus und schien Crum einen Vortrag zu halten. Vil legte keuchend seine Last ab.
» Nicht zu hoch heizen, Crum, nicht zu hoch heizen. Hörst du denn nicht, dass der Mantel schon ächzt? «
Vil lauschte, aber er hörte da nichts ächzen oder stöhnen, nur das gleichmäßige Fauchen des Feuers. Auch Crum schien ratlos zu sein, aber das war er eigentlich immer.
» So sieh doch hin! Der Ofen hat sich gesetzt, weil der Untergrund nachgegeben hat. Und jetzt ächzen die Fugen und Nähte. Eigentlich müssten wir ihn abreißen und neu bauen, aber dafür haben wir weder Zeit noch Geld. Das Auftragsbuch ist voll, und da Goll ausgefallen war, sind wir schon im Verzug. «
Vil war sich nicht sicher, ob diese Worte an ihn, an Crum oder an keinen von ihnen beiden gerichtet waren, aber sein Blick wanderte zum Boden.
Dieser bestand zum größten Teil aus gestampftem Lehm, steinhart von den vielen Füßen, die über ihn hinweggetrampelt waren, trocken von der ewigen Hitze des Schmelzers, aber da, genau unter dem großen Ofen, entdeckte er jetzt, schwarz vom Ruß und kaum vom übrigen Boden zu unterscheiden, die feinen Linien einiger Backsteine. Dort war gemauert worden.
Vil erbleichte, es war ein Schock: Er hatte die Pforte gefunden, aber sie lag genau unter dem großen Schmelzofen der Schmiede. Ebenso gut hätte sie auf dem Grund des Meeres liegen können.
Vil war verzweifelt, das Versprechen, das er seiner Schwester gegeben hatte, schien gerade unerfüllbar geworden zu sein. Er hatte die Pforte gefunden, aber sie war versperrt, und er hatte nicht das Geld, das er brauchen würde, seine Schwester freizukaufen – er hatte nicht die geringste Vorstellung, was ihn das kosten würde. Es würde aber ohne Zweifel mehr sein, als ein Schmiedelehrling verdienen konnte.
Eines Abends – es war ein Tempeltag, an dem die Arbeit ruhte – ging Vil hinüber zur Stube des Meisters und klopfte vorsichtig an die Tür. Er hörte etwas, was nach der Aufforderung zum Eintreten klang, und öffnete die Tür. Der Schmied saß auf einem Hocker. Er war in sich zusammengesunken, und Vil sah gleich, dass der Meister betrunken war.
» Ah, Vil, mein Kummer und meine Freude, komm rein und trinke mit mir. Nein? Nun, du bist auch noch zu jung, viel zu jung. Was führt dich zu mir, mein Junge, an diesem besonderen Tag? «
» Ein besonderer Tag, Herr? «
» Es ist der erste Tempeltag nach Mittwinter, wahrlich ein besonderer Tag, denn das ist der Tag, an dem ich Frau und Kind verlor. «
» Das tut mir leid, Meister « , sagte Vil unbeholfen. Glitzerten da Tränen in den Augen des Mannes?
» Es ist lange her, Vil, lange her, doch auch heute, nach über zwanzig Jahren, tut es weh. Sie ist bei der Geburt gestorben, Vil, und das Kind auch. Weder die Scholaren noch die Gesegneten konnten sie retten. Schmied hätte er werden sollen so wie ich, Schmied wie mein
Weitere Kostenlose Bücher