Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
flachen Wasser dicht unter der Mauer. Die dunklen Umrisse nahmen Gestalt an: Es waren Männer, Krieger, die an Land wateten! Gajan war nicht der Einzige, der das erkannte. Auf der Mole brach das Chaos los. Der dichte Knäuel von Menschen versuchte, sich aufzulösen, zu fliehen, machte es aber nur noch schlimmer. Menschen stürzten, ohne dass sich irgendjemand darum kümmerte, nein, man trampelte über die Gestürzten hinweg. Gajan sah einen Mann auf dem Boden liegen. Ein schwaches Feuer glomm auf dem Pfeil, der seine Brust durchbohrt hatte. Er widerstand seinem Instinkt, der ihn fliehen lassen wollte, warf sich zu Boden und presste sich gegen die Mauer.
Endlich wurde vom Spiegelturm Alarm geschlagen, helle Hörner erklangen, und auf den Schiffen im Hafen riefen Offiziere ihre Männer zu den Waffen.
Die Flotte! dachte Gajan. Dem Himmel sei Dank, dass unsere Flotte noch im Hafen liegt.
Die Granamar war das größte Schiff des Seebundes, und sie hatte sogar Bombarden an Bord. Wer immer diese Angreifer waren, sie würden sich eine blutige Nase holen. Ganz in der Nähe brüllten Männer ihre Schlachtrufe. Gajan hielt den Kopf unten und stellte sich tot, als sie über die Mauer sprangen. Er sah sie, Dutzende Krieger in Kettenhemden, mit Äxten und Schwertern bewaffnet. Auch von der Hafeneinfahrt kam das Gebrüll angreifender Krieger. Dann zuckten schwache Blitze durch den Nebel, und kurz darauf rollte Donner über das Wasser. Die Geschütze der kleinen Festung an der Einfahrt hatten das Feuer eröffnet. Westgarther, tatsächlich Westgarther, dachte Gajan ungläubig, aber welcher Wahnsinn treibt sie zu einem Angriff auf Felisan?
Hadogan!, durchzuckte es ihn. Er konnte hier nicht bleiben, er musste zurück und seinen Jungen schützen. Er wartete ungeduldig, bis die erste Welle der Krieger über ihn hinweggestürmt war, dann sprang er auf und stolperte den eindringenden Kriegern hinterher. Von irgendwoher sirrten Pfeile durch die Nacht. Männer wurden getroffen und stürzten. Die anderen stürmten laut brüllend voran, und es klang, als seien sie froh, dass sich ihnen endlich ein Feind entgegenstellte. Gajan folgte ihnen, nahm einem der Gefallenen Helm und Schild ab und rannte weiter. Dabei brüllte er, als sei er ein Westgarther, gekommen, um Felisan zu erstürmen.
Der ganze Hafen war voll von Geschrei, dem Klirren der Schwerter und dem Sirren der Bogen und Armbrüste. Brandpfeile hatten Schiffe und Dächer entzündet, es roch nach Rauch und Blut. Männer brüllten Kommandos, aber Gajan bezweifelte, dass irgendjemand auf sie hörte. Er lief durch den Hafen, geriet in eine andere Gruppe Krieger, griff brüllend mit ihnen einen Feind an, der zum Glück Reißaus nahm, und floh selbst, bevor die Westgarther merkten, dass er keiner der Ihren war. Bombarden donnerten, und fahle Blitze durchzuckten den Nebel. Er hörte Stein zersplittern, Verwundete schreien und rannte weiter. Schild und Helm hatte er verloren, vielleicht auch weggeworfen. Er rannte an einem brennenden Haus vorbei in eine schmale Gasse. Er musste zum Palast des Protektors, er musste seinen Sohn retten vor diesen Barbaren, die in Felisan einfielen. Es mussten Dutzende Schiffe und Hunderte Männer sein, die dort unten am Hafen wüteten. Und während er rannte, fragte er sich, wie das möglich war. Kein König in Westgarth herrschte über so viele Männer, und ihre kleinen Reiche waren einander doch spinnefeind.
Gajan verlor die Orientierung. Er gelangte in eine seltsam ruhige Nebenstraße, in der Menschen beieinanderstanden und auf den Lärm lauschten, als ginge er sie nichts an.
»D er Feind«, rief ihnen Gajan ganz außer Atem zu, um sie zu warnen. »D er Feind ist in der Stadt!«
Einige wollten ihm erst nicht glauben, andere fragten ihn, den edlen Herrn, was sie nun tun sollten.
»V erschanzt euch, wehrt euch!«, rief Gajan und stolperte weiter. Er geriet in einen Zug von Menschen, die zum Palast strömten.
»J emand sagte, wir sollten uns am Magazin Waffen holen, das liegt aber am Hafen, und da sind schon die Westgarther!«, rief ein Soldat, der neben Gajan herlief.
»D er Protektor wird Waffen haben!«, stieß ein anderer keuchend hervor.
Gajan schloss sich den Männern an, denn er wollte doch selbst zum Palast, wo sein Sohn sicher schon voller Sorge auf ihn wartete.
Am Markt herrschte jedoch Chaos, und die Soldaten des Protektors schienen vollauf damit beschäftigt, die wütende Menge, die nach Waffen brüllte, vom Palast fernzuhalten. Gajan
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