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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
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Mutter schon geraten, ihn doch einfach zu adoptieren, dann wäre das Thema endlich vom Tisch.«
    Anna wollte etwas erwidern, aber Michelle hielt sie mit einem strengen Blick davon ab. »Jedenfalls habe ich ihnen erklärt, dass ich ehrenamtlich in einem Seniorenheim arbeite. Diese Vorlesestunden, die du dort veranstaltest.«
    Anna fiel die Kinnlade herunter. Michelle ahmte ihre Reaktion nach und sah mit den comicmäßig aufgerissenen Augen in ihrem herzförmigen Gesicht so lustig aus, dass Anna zum ersten Mal an diesem Tag in Gelächter ausbrach. Die Vorstellung, wie Michelle in dem düsteren und nach Kohl stinkenden Aufenthaltsraum des Butterfield-Altenheims saß und obendrein noch ein Buch vorlas – das schlug dem Fass den Boden aus.
    »Zur Strafe musst du beim nächsten Mal mitkommen. Oh!«, rief sie dann, als ihr wieder etwas einfiel. »Eines wollte ich dir noch erzählen. Als wir heute Morgen dort Evelyn abgeholt haben – was meinst du, wen wir in Butterfield im Park gesehen haben?«
    »Prinzessin Anne? Elton John?«
    »Cyril Quentin. Du weißt schon, den Besitzer der Buchhandlung. Das erklärt auch, warum der Laden in den letzten Wochen geschlossen war.« Anna zog sich ihren Dufflecoat über und schlang sich den Schal um den Hals.
    »Unter normalen Umständen fällt es einem schon schwer zu sagen, ob der Laden geöffnet oder geschlossen ist.« Michelle schürzte die Lippen.
    »Sag so etwas nicht!« Annas Gesicht verzog sich schuldbewusst. »Ich habe wirklich versucht, die Hälfte der Bücher für die Mädchen in dieser Buchhandlung zu kaufen, aber …«
    »Stattdessen hast du sie im Internet gekauft. So ist das Leben. Buchläden haben es heutzutage schwer. Insbesondere, wenn die Schaufensterauslage noch alle Erinnerungsstücke der königlichen Hochzeit zu bieten hat – von Fergies großem Tag, meine ich.«
    Anna wusste, dass Michelle recht hatte, dennoch stimmte sie diese Tatsache traurig. »Als Agnes Quentin noch gelebt hat, bin ich früher gerne zum Stöbern hingegangen. Sie muss sich immer um das Sortiment gekümmert haben. Bei meinem letzten Besuch allerdings musste ich mich durch Stapel von Kriegsliteratur kämpfen, um überhaupt irgendetwas zu finden. Außerdem roch es dort ganz seltsam, nach …«
    Anna bekam eine SMS-Nachricht, was sie mitten im Satz innehalten ließ. »Phil«, seufzte sie. »Seine Mutter ist wach geworden, und die Mädchen streiten sich um die Wii. Er will Pongo haben, damit er einen Spaziergang mit ihm machen kann.«
    Bei der Erwähnung seines Namens kam Pongo in seinem grünen Strampler unter dem Tisch hervorgekrochen. »Für dich ist heute richtig Weihnachten, alter Freund, nicht wahr?«, stellte Michelle fest. »Doppelt so lange draußen herumstromern wie sonst.«
    »Komm, Pongo. Auf geht’s in den Kampf«, rief Anna.
    »Behalte ruhig den Hundestrampler«, sagte Michelle und kraulte Pongo zärtlich die Ohren. »Betrachte es einfach als sein Weihnachtsgeschenk. Und lass ihn bitte da drin, bis ihr draußen seid.«
    »Danke.« Spontan fiel Anna Michelle um den Hals und spürte, wie sie den kleinen, aber kräftigen Körper an ihre schlaksige Figur presste. »Und du bist sicher, dass du nicht zu uns mitkommen möchtest? Zum Weihnachtsessen? Ich finde es schrecklich, dich hier allein zurückzulassen.«
    »Alles in Ordnung. Heute gibt es bei mir ein ziemlich teures Fertiggericht. Und jetzt lass mich bitte los, du verschmierst mein ganzes Make-up.« Michelles Stimme klang durch den Dufflecoat ganz gedämpft. Als Anna sich von ihr löste, sah sie, dass Michelles Eyeliner so perfekt saß wie zuvor. Nur ihre Augen glänzten feucht.
    »Es wird ein gutes Jahr«, beharrte Anna.
    »Ich weiß«, entgegnete Michelle. »Du solltest aufhören, immer perfekt sein zu wollen. Lass einfach auch mal fünf gerade sein.«
    Anna fand, dass das genau von der Richtigen kam, ließ es aber, wie befohlen, einfach so stehen.

2

    »Ich habe die Chroniken von Narnia im Kleiderschrank meiner Eltern gelesen und immer gehofft, dass sich die Eichenwände in schneebedeckte Zweige verwandeln würden.«
    Francine Toon
    R ein vom Körperlichen her war Michelle keine typische Joggerin. Sie war schmal gebaut, und ihre Beine waren ein Stück kürzer, als sie es sich gewünscht hätte. Doch sie besaß eine Entschlossenheit, die jede Runde um die Stadt zu einem Wettrennen gegen sich selbst werden ließ.
    Nur, weil heute der zweite Weihnachtstag war – oder vielleicht auch gerade deswegen –, bedeutete dies nicht, dass sie

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