Der Prinz mit den sanften Haenden
einzuwenden gehabt hatte. Bestimmt hätte sie nicht gezögert, ihm gleich mitzuteilen, dass er in seiner arroganten Dummheit so etwas verschuldet hatte.
Es sei denn ...
Er dachte an den Lebensweg seiner Mutter. War vielleicht doch etwas passiert, und sie hatte es ihm aus Angst um Zaras Zukunft verschwiegen?
Aber wenn das der Fall sein sollte, hätte Rafi den Mann dann nicht längst umgebracht? Außerdem hätte Rafi dann nicht zugelassen, dass er von Omar und Karim ins Vertrauen gezogen wurde.
Sollte wirklich etwas vorgefallen sein, so hatte Zara Rafi jedenfalls nichts davon gesagt. Aber konnte es sein, dass sie sich ihrer Schwester anvertraut hatte?
Noch schlimmer, wenn es in der Dunkelheit geschehen war, so dass Zara den Mann nicht hatte erkennen können, hatte sie ihn, Jalal, für den Angreifer gehalten?
Womöglich steckte mehr hinter Clios plötzlicher Ablehnung als ein Trauma der Vergangenheit. Und er durfte nicht aufgeben, ehe er nicht die eigentliche Ursache herausgefunden hatte.
„Werden Sie beobachtet?"
„Natürlich werde ich beobachtet! Zweifellos auch in diesem Augenblick", antwortete Jalal ungeduldig.
„Können Sie nicht wenigstens versuchen, sich an die übliche Kleidung hier anzupassen?"
Die Männer sahen verwundert an ihren tadellosen Anzügen herunter. „Ist das nicht...?" begann der eine.
„Sie sind nicht in der Stadt! Hier tragen die Leute solche Sachen, wie ich sie anhabe."
Sie musterten seine weiten, bunten Shorts, sein Baumwollhemd,, das er offen über einem T-Shirt trug, und nickten. „Wir haben verstanden, Exzellenz."
„Sie sollten auch versuchen, so auszusehen, als wollten Sie hier angeln."
„Selbstverständlich", erwiderten sie und schauten sich unsicher an. Beinahe hätte Jalal laut aufgelacht.
„Hier ist ein Wurm. Hängen Sie den Köder an den Haken."
Der Wurm wand sich, und der dunkelhäutige Mann zog seine Hand zurück. „Der Wurm lebt ja noch."
Jalal warf dem Mann einen eisigen Blick zu. „Sie schmieden Pläne, die den Tod von Tausenden zur Folge haben können, und Sie schrecken vor einem Wurm zurück? Natürlich lebt der Wurm", erklärte er. „Deshalb beißen die Fische ja an."
„Clio, ich muss dich bitten, mir eine Frage zu beantworten", be gann Jalal ohne Umschweife und nutzte die erste Gelegenheit, die sich seit Tagen ergab, dass er mit Clio allein war.
Draußen goss es in Strömen. Clios Eltern waren mit den Kin dern in einem bekannten Zirkus, der zur Zeit in einer Nachbarstadt gastierte, und hatten Clio und ihm die Leitung überlassen. Gegen Mittag hatte er die Aushilfe in dem fast leeren Bootsverleih gebeten, alleine weiterzuarbeiten, und sich auf den Weg zum Haus gemacht.
„Selbst wenn Zara dich gebeten hat zu schweigen, musst du mir die Wahrheit sagen", fuhr er fort.
„Wer von meinen Männer hat deiner Schwester etwas angetan, als ich sie ..."
„Gefangen hielt?" ergänzte Clio sofort. Sie machte sich gerade ein Sandwich und kehrte ihm den Rücken zu. Ihre Sehnsucht nach Jalal war nicht geringer geworden. Es war schon schlimm genug, wenn sie mit ihm in einem Raum allein war. Sobald er seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, wurden ihr die Knie weich.
„Ja", erwiderte er leise, „als ich sie gefangen hielt. Hat sie mehr gelitten, als ich weiß?"
Sie wandte sich um und nutzte ihren alten Zorn, der wieder hochstieg, um andere leidenschaftliche Gefühle zu ersticken. „Es ist erstaunlich", bemerkte sie aufgebracht. „Du sprichst von Zara, als ob sie die Einzige wäre, die deinetwegen gelitten hat. Hast du eine Ahnung, Jalal, durch welche Hölle wir hier gegangen sind, nachdem wir erfahren haben, dass Tausende von Kilometern weit weg ein fanatischer Rebell Zara gefangen genommen hat? Kannst du dir auch nur im Entferntesten vorstellen, was meine Mutter und mein Vater durchgemacht haben?"
„Ja, natürlich, ich ..."
„Nein", widersprach sie ihm tonlos. „Denn sonst wärst du nicht hierher gekommen." Oh, wie sehr sie sich wünschte, er wäre nicht hier! „Du hättest niemals von meinen Eltern erwartet, dass sie dich gastfreundlich aufnehmen. Du glaubst wohl, nur weil Zara mehr oder weniger unversehrt davongekommen ist und du freundlicherweise keinen deiner Männer an sie herangelassen hast, wie wir tagelang befürchtet hatten, wäre jetzt alles vorbei und vergessen."
Sie sah Jalal fest an. „Lass mich dir sagen, mein Vater wurde bleich wie die Wand, als wir die Nachricht von Zaras Entführung bekamen, und daran hat sich nicht eher etwas
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