Der Prinz und der Soeldner
Graf Vorkosigan mit derselben sanften, überredenden Stimme fort. »Wir können das Gerücht verbreiten, dass es sich um eine inoffizielle interne Verbannung handelt, um unehrenhafte Degradierung. Das wird meine politischen Feinde befriedigen, die sonst versuchen würden, Profit aus dem Schlamassel zu ziehen. Es wird den Eindruck mildern, dass wir eine Meuterei durchgehen lassen, was sich kein Militär leisten kann.«
»Echte Verbannung also«, sagte Miles, »wenn auch inoffiziell und intern.«
»O ja«, stimmte Graf Vorkosigan sanft zu. »Aber … tja – keine echte Ungnade.«
»Kann man sich auf ihn verlassen?«, sagte Illyan zweifelnd.
»Anscheinend.« Das Lächeln des Grafen war wie das Aufblitzen einer Messerklinge. »Der Sicherheitsdienst kann seine Talente nutzen. Mehr als alle anderen Bereiche braucht der Sicherheitsdienst seine Talente.«
»Um zu sehen, was offensichtlich ist?«
»Und was weniger offensichtlich ist. Vielen Offizieren kann man das Leben des Kaisers anvertrauen. Ziemlich wenigen seine Ehre.«
Illyan machte widerstrebend eine vage Geste der Einwilligung.
Graf Vorkosigan bemühte sich – vielleicht klugerweise – zu diesem Zeitpunkt nicht, mehr Begeisterung in seinem Sicherheitschef zu wecken, sondern wandte sich an Miles und sagte: »Du siehst aus, als müsstest du auf die Krankenstation.«
»Ich brauche ein Bett.«
»Was hältst du von einem Bett auf einer Krankenstation?«
Miles hustete und blinzelte mit trüben Augen. »Ja, geht in Ordnung.«
»Los, suchen wir eins.«
Miles stand auf und wankte an seines Vaters Arm hinaus, wobei seine Füße in ihren Plastikumhüllungen patschten.
»Von alldem abgesehen, wie war es auf Kyril, Fähnrich Vorkosigan?«, forschte der Graf. »Du hast nicht viele Vidbotschaften nach Hause geschickt, wie deine Mutter feststellte.«
»Ich war beschäftigt. Lass mal sehen. Das Klima war hart, der Boden war lebensgefährlich, ein Drittel der Mannschaft, mein unmittelbarer Vorgesetzter eingeschlossen, war die meiste Zeit besoffen. Der durchschnittliche Intelligenzquotient entsprach der mittleren Temperatur in Grad Celsius, es gab keine Frau im Umkreis von fünfhundert Kilometern, und der Kommandant der Basis war ein mörderischer Psychopath. Von alldem abgesehen war es – nett.«
»Hört sich nicht an, als hätte es sich seit fünfundzwanzig Jahren auch nur im geringsten verändert.«
»Bist du schon einmal dort gewesen?« Miles schielte zu seinem Vater. »Und doch hast du mich dorthin schicken lassen?«
»Ich war einmal fünf Monate lang Kommandant von Basis Lazkowski, als ich darauf wartete, Kapitän des Raumkreuzers General Vorkraft zu werden. Während jener Zeit war meine Karriere politisch sozusagen im Niedergang begriffen.«
Sozusagen. »Wie hat es dir gefallen?«
»Ich kann mich nicht mehr an viel erinnern. Ich war die meiste Zeit betrunken. Jeder findet seine eigene Methode, um mit Camp Permafrost fertigzuwerden. Ich möchte meinen, dir ist es besser gelungen als mir.«
»Dass du im Anschluss daran überlebt hast, finde ich ermutigend, Sir.«
»Das dachte ich mir schon. Deshalb habe ich es auch erwähnt. Ansonsten ist es keine Erfahrung, die ich als Beispiel hinstellen möchte.«
Miles schaute zu seinem Vater auf. »Habe … ich das Richtige getan, Sir? Gestern Abend?«
»Ja«, sagte der Graf einfach. »Ein Richtiges. Vielleicht nicht das beste aller möglichen Richtigen. In drei Tagen denkst du vielleicht an eine klügere Taktik, aber du warst zu dem Zeitpunkt eben der Mann vor Ort. Ich versuche, meine Feldkommandanten nicht im nachhinein zu kritisieren.«
Zum ersten Mal, seit er Kyril verlassen hatte, hob sich Miles’ Herz in seiner schmerzenden Brust.
Miles dachte, sein Vater brächte ihn vielleicht in den großen und vertrauten Komplex des Kaiserlichen Militärkrankenhauses, ein paar Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Stadt, aber sie fanden eine Krankenstation, die näher war, drei Stockwerke tiefer im Hauptquartier des Sicherheitsdienstes.
Diese Einrichtung war klein, aber komplett, mit einigen Untersuchungsräumen, Privatzimmern, Zellen für die Behandlung von Gefangenen und von bewachten Zeugen, einem Operationssaal und einer geschlossenen Tür mit einer Aufschrift, die frösteln machte: Labor für Vernehmungschemie.
Illyan musste schon vorher hier angerufen haben, denn ein Sanitäter wartete, um sie in Empfang zu nehmen. Ein Sanitätsoffizier des Sicherheitsdienstes traf kurz darauf ein, etwas atemlos noch. Er
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