Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Prinz und der Soeldner

Der Prinz und der Soeldner

Titel: Der Prinz und der Soeldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
gesehen hatte. Sollten sie nicht irgendwo draußen auf Patrouille sein? Er wünschte sich, er wäre wieder zwischen den Wänden, wie eine Ratte in der Wandverkleidung. Aber wenn die meisten der Söldner hier eine Gefahr für ihn waren, so gab es doch jemanden – echte Dendarii, nicht Oserer –, der ihm helfen konnte. Falls er Kontakt herstellen konnte. Falls er es wagte, Kontakt herzustellen. Elena … er könnte Elena ausfindig machen … Seine Phantasie eilte ihm davon.
    Miles hatte Elena vor vier Jahren als Ehefrau von Baz Jesek zurückgelassen, als Tungs militärische Schülerin, unter soviel Schutz, wie er ihr zu jener Zeit besorgen konnte. Aber er hatte keine Nachrichten mehr von Baz bekommen, seit Oser mit seinem Coup das Kommando an sich gebracht hatte – fing vielleicht Oser ihre Botschaften ab?
    Baz war nun degradiert, Tung anscheinend in Ungnade gefallen – welche Stellung hatte Elena jetzt in der Söldnerflotte inne? Welche Stellung in seinem Herzen? Er hielt in schwerem Zweifel an. Er hatte sie einmal leidenschaftlich geliebt. Einmal hatte sie ihn besser gekannt als jeder andere Mensch. Aber ihr Bann über sein Gemüt war vergangen, wie seine Trauer über ihren toten Vater, Sergeant Bothari. Vergangen in den Aufregungen seines neuen Lebens. Außer einem gelegentlichen Schmerz, wie bei einem alten Knochenbruch. Er wollte – wollte nicht – sie wiedersehen. Wieder mit ihr sprechen. Sie wieder berühren …
    Aber mehr ans Praktische gedacht: sie würde Gregor erkennen, sie waren in ihrer Kindheit alle Spielkameraden gewesen. Eine zweite Verteidigungslinie für den Kaiser? Wieder Kontakt mit Elena aufzunehmen mochte emotional unangenehm sein – nun ja, emotional verheerend. Aber es war besser als dieses erfolglose und gefährliche Herumwandern. Nachdem er nun die Lage ausgekundschaftet hatte, musste er irgendwie seine Ressourcen in Position bringen. Wieviel menschliche Glaubwürdigkeit besaß Admiral Naismith noch? Eine interessante Frage.
    Er musste einen Platz finden, von dem aus er beobachten konnte, ohne gesehen zu werden. Es gab alle möglichen Methoden, in voller Sicht unsichtbar zu sein, wie sein blauer Kittel im Augenblick bewies. Aber seine ungewöhnliche Körpergröße – nun ja, Körperkürze – ließ ihn zögern, sich nur auf Kleider zu verlassen. Er brauchte – ha! – Werkzeuge, wie zum Beispiel den Kasten, den ein Mann in gelbbraunem Overall gerade im Korridor abgesetzt hatte, bevor er in einen Waschraum schlüpfte. Im Nu hatte Miles den Kasten in der Hand und war um die Ecke.
    Ein paar Ebenen entfernt fand er einen Korridor, der zu einer Cafeteria führte. Hm. Jeder musste essen, deshalb musste jeder irgendwann einmal hier vorbeikommen. Die Gerüche der Speisen erregten seinen Magen, der mit Knurren gegen die halben Rationen (oder noch weniger) der letzten drei Tage protestierte.
    Miles ignorierte das Knurren. Er zog ein Paneel von der Wand, legte eine Schutzbrille aus dem Werkzeugkasten als bescheidene Gesichtsverkleidung an, kletterte in die Wand hinein, um seine Körpergröße zur Hälfte zu verbergen und begann mit einer vorgeblichen Arbeit an einem Steuerkasten und einigen Rohren, wobei er dekorativ diagnostische Scanner angeordnet hatte. Er hatte den Korridor entlang eine ausgezeichnete Sicht.
    Aus den herangewehten Düften schloss Miles, dass man in der Cafeteria ein ungewöhnlich gutes künstliches Rindfleisch servierte, obwohl man da dem Gemüse etwas Böses antat. Er bemühte sich, keinen Speichel in den Strahl des kleinen Laserlötgeräts tropfen zu lassen, mit dem er hantierte, während er die Vorübergehenden studierte.
    Sehr wenige trugen Zivilkleidung, Rothas Outfit wäre viel auffälliger gewesen als der blaue Kittel. Eine Menge von verschiedenfarbigen Overalls, blaue Kittel, ein paar ähnliche Kittel in Grün, nicht wenige Aslunder in blauen Uniformen, meistens niedere Ränge. Aßen die Dendarii – die Oserer – die Söldner –, die auf der Station waren, woanders? Er überlegte, ob er seinen Vorposten aufgeben sollte – er hatte die Steuerkästen inzwischen fast zu Tode repariert –, als ein Duo in Grau und Weiß vorüberging. Da es keine Gesichter waren, die er kannte, ließ er sie vorbeigehen, ohne sie anzurufen.
    Er erwog zögernd die Chancen. Von all den paar tausend Söldnern, die sich jetzt rund um den Wurmlochsprungpunkt der Aslunder aufhielten, mochte er vielleicht ein paar hundert vom Sehen kennen, noch weniger dem Namen nach. Nur einige der Schiffe

Weitere Kostenlose Bücher